Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Herstellung von Möbeln und Gebrauchsgegenständen.«
»Ich weiß, Eibe wird hoch geschätzt für die Herstellung von Betten und anderen Liegemöbeln und spielt bei der Ausgestaltung in den Häusern der Adligen eine große Rolle«, erwiderte Eadulf.
Und Fidelma fügte hinzu: »Das alte Gesetz sieht einen besonderen Schutz für aus Eibe gefertigte Gegenstände vor. Es sind eigens Strafen festgelegt für den Fall, dass ein Besucher kostbare Stücke dieser Art in irgendwelchen Räumlichkeiten beschädigt. Ist man also bei jemand zu Besuch und beschädigt ein aus Eibe hergestelltes Möbelstück, kann es einem teuer zu stehen kommen.«
Der Weg führte sie ein kurzes Stück in den Wald hinein. Schon bald erreichten sie eine kleine Lichtung, auf der eine Hütte stand, so niedrig, dass ein Mensch von durchschnittlicher Größe gerade aufrecht darin stehen konnte. Efeu überwucherte die Wände, so dass schwer zu sagen war, woraus die Hütte gebaut war.
Eadulf wollte gerade die Tür öffnen, als er drinnen ein Rascheln vernahm. Er blieb stehen und lauschte, um sich zu vergewissern, ob es vielleicht nur der Wind gewesen war, der durch die Efeublätter fuhr.
Da spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Gormán, der unmittelbar hinter ihm stand, legte den Zeigefinger an die Lippen. Er hatte das Rascheln also auch gehört. Der junge Krieger zog das Schwert und gebot Eadulf und Fidelma, hinter ihm zu bleiben. Er wartete einen kurzen Moment und stieß dann heftig mit dem Fuß gegen die Tür, dass sie krachend zerbarst. Ein Angstschrei ertönte. Gormán stürzte mitgezogenem Schwert in die Hütte und beförderte eine kleine Gestalt ans Tageslicht, die sich heftig wehrte und aus Leibeskräften schrie. Er warf sie auf den mit Blättern bedeckten Boden der Lichtung.
Mit gespreizten Beinen stand er über dem Wesen, das Schwert in Bereitschaft. »Sag, wer du bist, Bursche!«, herrschte er das jammernde Etwas an.
Die Gestalt rollte sich herum und sah böse zu ihm auf.
»Mir scheint, du hast dich im Geschlecht geirrt, Gormán«, stellte Fidelma amüsiert fest. »Es ist eindeutig ein Mädchen.«
Kapitel 3
Verblüfft betrachtete Gormán das vor ihm kauernde Mädchen. Das blauschwarze, ungewaschene und zerzauste Haar war entgegen der üblichen Art kurz geschnitten, trockenes Blattwerk und Strohhalme hatten sich darin verfitzt. Auch das Gesicht war schmutzig, wenngleich hübsch geformt und mit den dunkel funkelnden Augen durchaus schön zu nennen, die Wangen waren mit Sommersprossen übersät, und den vollen Lippen musste man nicht mit Beerensaft nachhelfen, um sie zur Geltung zu bringen. Im Augenblick waren sie breitgezogen und ließen eine ebenmäßige weiße Zahnreihe erkennen. Die Sachen, die das Mädchen anhatte, waren armselig, verschlissen und schmuddelig, die Füße nackt und bloß.
»Brauchst gar nicht so zu glotzen, dämlicher Kerl«, giftete sie den verdutzten jungen Krieger an.
So angefahren zu werden, war Gormán nicht gewohnt, und er schrak zusammen. Dennoch steckte er langsam sein Schwert zurück in die Scheide und streckte eine Hand aus, um dem Mädchen aufzuhelfen.
Sie strafte sein Angebot mit Nichtachtung, rollte sich rasch zur Seite und rappelte sich hoch. Als sie vor ihnen stand, sahen sie, dass sie höchstens zwanzig war.
»Wer bist du?«, fragte Fidelma freundlich.
»Das geht dich gar nichts an«, gab das Mädchen widerspenstig zur Antwort.
»Du hast Fidelma von Cashel und eine dálaigh vor dir«, erklärte Gormán entrüstet. »Wenn eine Anwältin beim Gericht der Brehons nach deinem Namen fragt, ist es deine Pflicht zu antworten.«
Das Mädchen stützte die Hände in die Hüften und starrte ihn trotzig an.
»Meinen Namen behalte ich für mich.«
»Nimm deine Zunge in Acht«, warnte sie Gormán aufgebracht. »Du sprichst mit der Schwester des Königs.«
Für einen Moment zuckten die Augenlider, das war aber auch die einzige Reaktion auf seine Auskunft. Das Mädchen ließ sich nicht einschüchtern, im Gegenteil.
»Na und, was macht das schon? Meinen Namen sag ich deshalb noch lange nicht!«
»Vielleicht genügt es dir nicht, dass ich die Schwester eines Königs bin«, sagte Fidelma. Ihre Stimme klang bedrohlich kalt. »Möglicherweise sagst du deinen Namen, weil ich ein Mitglied der Gerichtsversammlung der Brehons bin, und außerdem habe ich den Grad eines … Doch damit kannst du offenbar sowieso nichts anfangen. Wenigstens so viel: Das Amt, das ich innehabe, gibt mir das Recht, dich zu befragen, und
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