Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Der betrachtete es wohlgefällig, drehte es hin und her und meinte anerkennend: »Eine gute Klinge, Krieger. Bestimmt ist es schon von kräftiger Hand geschwungen worden. Wird mir gute Dienste leisten.«
Gormán knirschte mit den Zähnen. Auf das Schwert war er immer besonders stolz gewesen.
Der Anführer sah den Überbringer fragend an, doch der schüttelte den Kopf. »Mehr ist nicht zu holen«, sagte er, »aber für nur eines Tages Arbeit bringen die Schmuckstücke und die Goldreifen ganz schön was ein.«
»Das ist wahr.« Der Anführer wandte sich wieder an Fidelma. »Ihr habt Glück, dass ich heute in Geberlaune bin, ich schenk euch nämlich euer Leben. Vor zwei Tagen hatten wires mit einem jungen Kaufmann zu tun, der zeigte sich nicht so entgegenkommend wie ihr. Er war ausgesprochen aufsässig. Wir haben ihn aufgeknüpft.«
Er gab seinen Kumpanen einen Wink, und sie schwangen sich auf die Pferde. Die beiden Bogenschützen blieben in unveränderter Haltung, bis der Bärtige das Aufbruchsignal gab.
Noch ehe Fidelma und ihre Gefährten sich zu rühren wagten, stiebten die fünf Banditen davon und galoppierten durch die niedergebrannte Siedlung den Bergen im Westen entgegen.
Gormán tastete mit der Hand nach der leeren Schwertscheide und fluchte. Dann suchte er mit den Augen die Erde ab in der Hoffnung, den Dolch zu finden.
Fidelma gab einen Stoßseufzer von sich, ging zu einem Felsbrocken und setzte sich.
»Was machen wir nun?«, fragte Eadulf resigniert.
Gormán hatte seinen Dolch gefunden und gesellte sich zu ihnen.
»Sie haben unsere Pferde fortgejagt«, sagte er unnötigerweise.
»Und das war ihr Fehler«, entgegnete Fidelma zuversichtlich und war schon wieder auf den Beinen.
»Wieso Fehler?«, fragte der junge Krieger.
»Mit ein bisschen Verstand hätten sie die Pferde vor sich hergetrieben oder, besser sogar, mitgenommen. Aber sie haben sie einfach frei laufen lassen.«
Gormán und Eadulf sahen einigermaßen ratlos zu, wie Fidelma auf die Ruine der Kapelle zuging, geschickt auf eine der dicken Mauern kletterte und mit der Hand die Augen gegen die aufgehende Sonne abschirmte. In einiger Entfernung entdeckte sie tatsächlich ihr Pferd Aonbharr, das friedlich graste.Sie ließ eine Reihe hoher und langer Töne erschallen. Das Pferd hob den Kopf und richtete die Ohren auf, um im nächsten Moment mit heftig auf und ab nickendem Kopf und wild fliegender Mähne zu antworten – man hörte ein sich mehrfach wiederholendes Schnauben und Wiehern. Es stampfte mit einem Vorderhuf auf die Erde und kam zu ihnen zurückgetrottet.
Fidelma kletterte von ihrem Aussichtspunkt herab und ging dem Tier entgegen, tätschelte ihm Hals und Nüstern.
»Zum Glück hatten die Räuber keine Ahnung davon, welche Bande sich zwischen Mensch und Pferd entwickeln können. Aonbharr lässt sich nicht so ohne weiteres davonscheuchen.«
»Das ist ja schön und gut«, meinte Eadulf skeptisch, »aber dass die anderen Pferde ihren Reitern ähnlich verbunden sind, scheint mir fraglich.«
»Sieh doch mal genau hin. Aonbharr kommt nicht allein. Pferde haben einen Herdentrieb. Die beiden anderen folgen Aonbharr. Wir brauchen sie nur noch zu satteln. Doch am besten frühstücken wir erst mal und schauen nach, was die Räuber uns noch gelassen haben.«
Viel an Wert war ihnen tatsächlich nicht geblieben. Fidelma hatte allerdings immer ein paar Goldstücke für Notfälle bei sich, und die hatten die Diebe nicht gefunden. Aber der größte Verlust waren die symbolträchtigen Zeichen ihrer Zugehörigkeit zum Königshaus, der weiße Amtsstab und Fidelmas und Gormáns Goldener Halsreif, die sie mit einer gewissen Machtbefugnis versahen. Juwelen und Ringe ließen sich ersetzen, aber Symbole von Rang und Macht kaum.
»Wir sollten besser umkehren«, schlug Gormán schweren Herzens vor. »Wenn wir in das Gebiet der Uí Fidgente reiten, müssen wir beweisen können, dass wir befugt dazu sind.«
Fidelma war strikt dagegen. »Jetzt, wo es kein Tagesritt mehr bis zur Abtei von Mungairit ist, wäre eine Umkehr töricht.«
»Ich habe weder ein Schwert noch sonst etwas Ernstzunehmendes, um dich zu verteidigen«, gab Gormán zu bedenken.
»Ein Schwert wird doch wohl zu ersetzen sein, oder?«
»Du verstehst mich nicht, Lady. Das war ein ganz besonderes Schwert.«
»Ein Schwert ist immer so gut wie die Hand, die es führt«, erwiderte Fidelma bestimmt. Gormán schwieg; er wusste, wann es nichts brachte, auf seiner Meinung zu beharren.
Das, was
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