Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Gormán«, wies Fidelma ihn spitz zurecht. »Wir müssen uns den Tatsachen stellen. Über Entscheidungen anderer zu jammern, auch wenn sie nicht rechtens sind, hilft uns nicht weiter.«
»Und was machen wir nun?«, fragte Eadulf.
»Wir werden notgedrungen für die kommende Nacht einen sicheren Ort finden müssen und dann meine Base von den Eóghanacht Áine um Beistand ersuchen – bis zu ihr ist es aber mehr als ein Tagesritt nach Osten.«
Sie wollte gerade ihr Pferd besteigen, als von der anderen Seite des Hofes ein Ruf ertönte.
»Schwester! Schwester Fidelma!«
Ein junger Mönch kam über die Steinplatten gehastet und wedelte heftig mit dem Arm, ein Gebaren, das sich für seinen Stand nicht geziemte.
Überrascht drehte sich Fidelma zu dem jungen Mann um, ging ihm aber sogleich mit erleichtertem Lächeln entgegen.
»Bruder Cú-Mara«, begrüßte sie ihn mit ausgestreckten Händen.
Leicht außer Atem schüttelte ihr der fromme Bruder die Hände. Er konnte seine Freude kaum verbergen.
»Selbst aus der Entfernung glaubte ich dich zu erkennen. Aber was treibt dich hierher?« Dann schlug er Eadulf freundschaftlich auf die Schulter. »Und auch Bruder Eadulf! Euch ausgerechnet hier zu treffen hätte ich nie erwartet.«
»Es tut gut, dich zu sehen, Bruder Cú-Mara«, erwiderte Fidelma fröhlich. »Fast möchte ich dir die gleiche Frage stellen, denn die Abtei Ard Fhearta ist ein gut Stück Wegs von hier entfernt.«
Der junge Mönch lachte. »Wohl wahr. Ich bin nur kurz hier, überbringe eine Abschrift eines der Bücher aus unserer Bibliothek für die Abtei hier. Schon morgen mache ich mich wieder auf die Rückreise.«
Bruder Cú-Mara war Vorsteher des Skriptoriums der Abtei Ard Fhearta. Einst hatte er bei Fidelmas Vetter, Abt Laisran von Darú, die Kunst der Kalligraphie studiert. Fidelma und Eadulf hatten sich früher einmal längere Zeit in Ard Fhearta aufgehalten, um zu klären, wer unter dem Namen »Beherrscher der Seelen« sein Unwesen trieb.
»Hier auf dich zu stoßen, bevor du an die Küste zurückkehrst, erweist sich für uns als Glücksumstand«, bekannte Eadulf.
Bruder Cú-Mara sah ihn verblüfft an. »Wie das, Bruder Eadulf?«
Eadulf warf einen Blick nach hinten, wo er Bruder Cuineáin noch in der Tür stehend vermutete, und stellte zu seiner Überraschung fest, dass der Verwalter jetzt unmittelbar hinter ihnen war und verblüfft Bruder Cú-Mara anstarrte.
»Muss ich es so verstehen, dass du diese Leute kennst und über sie aussagen kannst?«, fragte er schleppend.
Jetzt war es der Buchmaler von Ard Fhearta, der Bruder Cuineáin verständnislos ansah.
»Ich kenne nicht den Krieger, der sie begleitet. Aber natürlich kenne ich die beiden anderen. Wer kennt Schwester Fidelma und ihren Mann Bruder Eadulf nicht! Selbst wer ihnen nicht persönlich begegnet ist, weiß doch um ihren Ruf, der in den fünf Königreichen verbreitet ist. Was mich angeht, so kenne ich sie persönlich, denn vor einigen Jahren weilten sie etliche Zeit in unserer Abtei und haben das Königreich vor einem Krieg bewahrt.«
Die Auskunft schreckte den Verwalter von Mungairit deutlich auf. Betroffenheit machte sich auf seinem Gesicht breit.
»Dann ist es an mir, mich zu entschuldigen«, wandte er sich an Fidelma. Der Satz kam nur stammelnd über seine Lippen. »Wenn ich euch den Zutritt zu unserer Abtei verweigert habe, so geschah das nur im Sinne unserer Vorschriften und in bester Absicht, sie vor den vielen Gefahren, die von außen lauern, zu bewahren. Nun aber seid unserer Gastfreundschaft gewiss.«
»Wir nehmen die Entschuldigung und auch das Angebot gern an«, erwiderte Fidelma huldvoll, »und das auch mit großem Dank, denn nach allem, was uns unterwegs widerfahren ist, sind wir reichlich erschöpft.«
Bruder Cú-Mara, der dem Gespräch zugehört hatte, wirkte etwas ratlos, weshalb Eadulf ihn aufklärte.
»Wir wurden auf dem Weg hierher von Räubern überfallen. Sie stahlen alles, was wir an Wertsachen bei uns hatten, und nahmen uns auch die Wahrzeichen und Symbole, die unsere Herkunft und Machtbefugnis auswiesen.«
»Das erklärt, warum euch der Verwalter, da er euch nichtkannte, abwies. Schließlich hat die Abtei erst vor kurzem böse Erfahrungen mit Eithne von An Dún und ihrem Gesindel gemacht. Wir haben bestimmt nachher noch beim Abendessen Gelegenheit, miteinander zu sprechen, jetzt muss ich erst einmal zum leabhair coimedach , dem Bibliothekar, und meinen Auftrag erledigen. Bis später also!« Er nickte ihnen
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