Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
Ledersack.«
Mit einer Hand hielt Pfeiffer das Pergament fest, mit der anderen streckte er Jana den Beutel entgegen. Mit zitternden Händen nahm ihn Jana entgegen und öffnete ihn. Schwere Golddukaten funkelten ihr entgegen. Nie zuvor hatte sie so viel Geld auf einmal besessen. Unter den Goldmünzen lag ein kleines, in Leder gebundenes Buch. Jana zog es heraus.
Es sah genauso aus wie das Buch, das sie bereits besaßen. Aufgeregt schlug sie es auf. Die Handschrift war die gleiche wie in dem Buch ihres Vaters, sie war sicher, dass der Text von derselben Person stammte. Mit einem zufriedenen Lächeln zeigte sie es Pfeiffer, der einen kurzen Blick hineinwarf und dann nickte.
»Habt vielen Dank«, sagte er und deutete eine Verbeugung an. Mit einem zufriedenen Lächeln schob er dem Abt das Pergamentbündel entgegen. Der packte es gierig und schob es wortlos unter seine Kutte. Mit düsterem Gesicht drehte er sich auf dem Absatz um und verließ ohne ein weiteres Wort die Wirtsstube, gefolgt von dem Bibliothekar. Laut krachend flog die niedrige Holztür zu.
Dabei wehte ein schwacher Duft von Rosen herein. Jana hätte den Gestank von Schwefel passender gefunden.
»Ich glaube, er wünscht sich, wir würden in der Hölle braten«, sagte Pfeiffer, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
»Ich fürchte, er wird alles daransetzen, dass wir dort landen. Wir sollten die Stadt so rasch wie möglich verlassen«, meinte Jana besorgt.
»Dann lasst uns die Rechnung begleichen und aufbrechen. Alles, was ich brauche, sind eine Kerze und Zeit, um dieses Buch zu studieren.« Pfeiffer nahm Jana das Buch aus der Hand und streichelte fast liebevoll über den Ledereinband.
»Damit müsst Ihr Euch noch gedulden. Denn zuallererst sollten wir sehr lang und außerdem sehr schnell reiten.«
Wenig später ließen Jana, Doktor Pfeiffer und Bedrich die Stadtmauer von Dijon hinter sich. Sie ritten eilig, obwohl Bedrich mehr im Sattel hing als saß. Er hatte eindeutig zu viel von dem köstlichen Wein getrunken.
»Wir werden die Nacht durchreiten«, sagte Pfeiffer. »Morgen früh suchen wir uns einen geeigneten Platz zum Rasten. Proviant haben wir ja genug dabei.« Bei diesen Worten warf er einen Blick auf Bedrichs prall gefüllte Satteltaschen.
»Kein … Problem …«, lallte Bedrich und sackte mit dem Oberkörper gefährlich weit nach rechts. Sein gutmütiger alter Gaul trabte unbeirrt weiter. Es war ein Glück, dass dieses Pferd seinen Reiter stets sicher ans Ziel brachte, ganz egal, wie wenig dieser dazu beitrug. Solange Bedrich nicht aus dem Sattel kippte, würde das Tier einem der beiden anderen hinterherlaufen. Nun sackte Bedrich auf die andere Seite, und Jana überlegte kurz, ob es nicht besser wäre, ihn im Sattel festzubinden. Aber so als könnte er ihre Gedanken lesen, drehte sich Bedrich zu ihr um und grinste mit glasigen Augen und glänzendem Gesicht: »Ich … hab … alles … fest … im … Hicks! … im Griff!«
»Gut«, sagte sie leise. Aber sie überlegte dennoch, womit sie ihn notfalls sichern könnte.
11
Dijon
» H ABEN WIR EIGENTLICH EINE A HNUNG , wo wir mit der Suche nach Jana beginnen sollen?«, fragte Tomek. Er richtete sich in seinem Sattel auf und sah den Freund hilfesuchend an. Als Soldat war er es gewohnt, Befehle auszuführen. Selbst darüber nachzudenken, was er als Nächstes tun sollte, lag ihm fern.
Doch auch Jendrik war nicht geübt darin, Befehle zu erteilen, ganz im Gegenteil. Eigeninitiative und selbständiges Handeln waren auch im Kloster nicht gefragt. In den letzten Wochen war es zwischen den beiden aus diesem Grund immer wieder zu Missverständnissen gekommen. Jeder hatte vom anderen erwartet, dass dieser die Führung übernahm, mit dem Ergebnis, dass manchmal beide ratlos dastanden.
Doch jetzt hatte Jendrik einen konkreten Vorschlag: »Als Jesuit kann ich jederzeit Unterkunft im hiesigen Kloster erbitten. Dort werde ich dem Abt unsere finanzielle Situation erklären, vielleicht ist er bereit, unseren leeren Geldbeutel wieder zu füllen.« Jendrik hoffte, dass ihm das Schreiben des Prager Abtes nun hilfreich sein würde.
»Das ist eine vorzügliche Idee«, sagte Tomek zufrieden.
Das Wetter hatte endlich umgeschlagen, der Dauerregen war vorbei und der Himmel war strahlend blau und beinahe wolkenlos. Dijon präsentierte sich von seiner besten Seite. Die weißen Fachwerkhäuser sahen nach dem langen Regen sauber und frisch aus, Bäume und Sträucher leuchteten in üppigen Grüntönen. Der Unrat war
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