Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
’at, ’at nun keine Verwendung mehr dafür. Aber die Frauen in Limoges kaufen kein Kleid, das ihre war.«
»Was um alles in der Welt hat die Frau angestellt?«, wollte Jana wissen. Sie rechnete mit dem Schlimmsten. Vielleicht trug sie gerade das Kleid einer Mörderin?
»Sie ’at geweigert zu ’eiraten die Mann, die ihr Père für sie ’at ausgesucht. Darum sie musste in die Norden zu Verwandten gehen, wo niemand sie kennt.«
»Ach so«, sagte Jana erleichtert.
Die Schneiderin sah verwirrt aus, als Jana das Kleid bedenkenlos kaufte. Vielleicht glaubte sie, Sebastian hätte nicht ordnungsgemäß übersetzt.
Wenig später verließen Jana und Sebastian höchst zufrieden den kleinen Laden. Auf dem Rückweg gingen sie über den Markt, wo sie einen Korb mit riesigen Kirschen erstanden, die sie auf dem Weg in die Herberge alle aufaßen.
Als sie in die gemietete Kammer zurückkamen, ging bereits die Sonne unter. In dem winzigen Raum war es dämmrig, und Doktor Pfeiffer hockte mit den Büchern auf dem Boden direkt vor dem kleinen Fenster, um die letzten Sonnenstrahlen zu nutzen.
Als Jana und Sebastian eintraten, hob er den Kopf. Sein Haar hing ihm in die Stirn, und er schob es zurück hinter die Ohren.
»Jana, ich habe soeben einen weiteren Teil des Rätsels gelöst«, verkündete er.
Rasch stand er auf und hob zwei der unzähligen Blätter auf, die wild verstreut neben den beiden Reisetagebüchern auf dem groben Holzfußboden lagen.
»Die Lösung war so simpel, und dennoch wäre ich ohne Eure Hilfe niemals auf diese Idee gekommen.«
»Nun macht es nicht so spannend und sagt endlich, was Ihr herausgefunden habt«, sagte Jana ungeduldig.
»Setzt Euch.« Pfeiffer schob Jana und den Jungen auf das große Strohbett, in dem sie heute zu dritt schlafen sollten. Dann nahm er zwischen den beiden Platz, legte ein dünnes Papier auf sein rechtes Knie und begann zu erklären: »Das ist die Karte aus dem Buch Eures Vaters, ich habe sie mit Hilfe dieses dünnen Papiers übertragen.«
Jana nickte. Bis jetzt war Pfeiffers Vortrag leicht verständlich und nicht sonderlich spannend. Nun nahm er das zweite dünne Blatt Papier und legte es auf sein linkes Knie: »Das ist die Karte aus dem Buch aus Dijon. Beide Karten sehen unvollständig aus und ergeben kein zusammenhängendes Bild, auch dann nicht, wenn man sie nebeneinanderlegt. Ganz egal, an welcher Stelle man sie zusammenfügt, es bleibt immer eine unfertige Karte.«
Er machte eine dramatische Pause, ehe er fortfuhr: »Legt man die Blätter aber übereinander, so wie Ihr es vorhin mit den Stoffen gemacht habt, dann sieht das folgendermaßen aus.«
Vorsichtig schob Pfeiffer ein dünnes Blatt über das andere und hielt beide gegen das Fenster. Die schwarze Tinte des unteren Papiers war auch in dem darüber liegenden Blatt sichtbar. Eine detaillierte Landkarte, auf der Berge, Flüsse und Wälder eingezeichnet waren, kam zum Vorschein.
»Das ist großartig«, staunte Jana. Fasziniert starrte sie auf die neu entstandene Karte und rutschte noch ein Stück näher. Ihre Schulter berührte Pfeiffers Oberarm, und ihr Oberschenkel lag direkt neben seinem. Zu ihrer Überraschung wich er nicht zurück.
»Was ist die Loch in die Mitte?«, fragte Sebastian, der auf Pfeiffers rechter Seite saß. Auch Jana war aufgefallen, dass sich in der Mitte der Karte ein etwa pflaumengroßer leerer Kreis befand. Bis auf ein paar unmotiviert wirkende Striche war nichts zu sehen. Es sah aus, als hätte jemand ein Stück herausgerissen oder bewusst ausgelassen.
Pfeiffer seufzte: »Ich fürchte, dass dies der Teil ist, den wir in Bordeaux suchen müssen. Das dritte und letzte Stück des Rätsels.«
Jana beugte sich dicht über die Karte und zeigte mit dem Finger auf den Rand des leeren Kreises.
»Hier sind zwei Buchstaben«, sagte sie.
Pfeiffer nickte. »Ja, die sind mir auch aufgefallen, aber sie ergeben keinen Sinn. Es sind die Buchstaben E und L. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wofür sie stehen könnten. Vielleicht sind es die Anfangsbuchstaben des Verfassers der Schrift oder der Teil eines Wortes?«
»Elefont«, schlug Sebastian vor. »Oder Elefontental, Elefontenschlucht, Elefontenteich …«
Pfeiffer unterbrach ihn. »Im Grunde kann das alles bedeuten.«
»Habt Ihr eine Vorstellung, welches Land diese Karte darstellt?«, fragte Jana.
»Leider habe ich auch dazu keine Idee. Mir ist kein einziger Name eines Berges oder eines Flusses auf dieser Karte bekannt.«
Jana seufzte. »Also
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