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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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zusammen und schwieg. Wen und warum sie heiratete, war etwas, was diesen Mann nicht zu interessieren hatte.
    »Kommt es öfter vor, dass Ihr Probleme mit Ärzten habt?«
    »Bis jetzt nicht«, sagte Jana scharf, »aber es hat auch noch keiner in unserer Dachkammer gewohnt.«
    »Falls Ihr andeuten wollt, dass ich Euch Probleme machen könnte, so kann ich Euch beruhigen.« Er grinste schief: »Ich habe nichts dergleichen vor.«
    Sie hatten die Karlsbrücke erreicht, der Weg war nun wieder breiter und besser befestigt. Sie stiegen den Hang hinauf und gelangten wieder auf die Hauptstraße. Von hier aus konnten sie die mächtige steinerne Brücke über die Moldau betreten.
    »In den Städten des Südens ist es üblich, dass Apotheker selbständig nach neuen Arzneien forschen«, sagte Pfeiffer.
    »Bei uns auch.«
    »Seht Ihr Euch denn als Frau dazu imstande, neue Rezepturen auszuprobieren und deren Wirkung zu hinterfragen?«
    Unvermittelt blieb Jana stehen und stemmte beide Hände in die Hüften. »Ihr behauptet, Ihr hättet schon öfter Leichen aufgeschnitten.«
    »Ja, das habe ich.«
    »Waren das nur Männer?«
    »Nein, auch Frauen.«
    »Dann solltet Ihr wissen, dass das Gehirn einer Frau genauso aussieht wie das eines Mannes. Oder irre ich mich?«
    Der Arzt öffnete den Mund, aber bevor er antworten konnte, sagte Jana: »Wenn Ihr zum Clementinum wollt, müsst Ihr hier entlang.« Sie wies mit dem ausgestreckten Arm seitlich auf eine Gasse. »Ich wünsche Euch noch einen schönen Tag.«
    Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und lief eine andere schmale Gasse hinauf zum Bäcker. Jana war sicher, dass Doktor Pfeiffer ihr nachstarrte; sie spürte förmlich den Blick der blauen Augen im Rücken, bis die Gasse eine scharfe Biegung nach links machte und sie aus seinem Blickfeld verschwunden war.
    Seit einer geschlagenen Stunde saß Conrad Pfeiffer im winzigen Vorraum der Bibliothek des Jesuitenkollegs und wartete. Mittlerweile kannte er jede Blütenranke und jedes Ornament der weißen Stuckverzierung an der Decke. Anfangs hatte ihn der unverhohlen neugierige Blick des Studenten in Ordenstracht irritiert, der auf einem kleinen Hocker in der Ecke des Raumes saß und ihn beobachtete. Aber inzwischen hatte Pfeiffer sich an die runden, vorquellenden Augen gewöhnt, die ihn an einen Karpfen erinnerten. Als die Schlaguhr der kleinen Kapelle im Hof die vierte Stunde schlug, stand Pfeiffer auf und trat zum Fenster. Seine Ungeduld wuchs und paarte sich mit Verärgerung. Er hatte wahrlich wichtigere Dinge zu tun, als hier sinnlos zu warten. Wie konnte der Abt es wagen, ein Mitglied der Universität derart respektlos zu behandeln?
    Er sah hinaus über den grünen Innenhof. Von hier aus hatte man einen wundervollen Blick auf den Hradschin und die winzigen Häuser davor. Manches an Prag ließ ihn an seine Heimatstadt Wien denken, aber er schob diese Gedanken fort, denn er wollte weder an Wien noch an seine Vergangenheit erinnert werden.
    Während er noch den Hradschin betrachtete, öffnete sich die hohe weiß gestrichene Tür mit der goldenen Umrandung, und ein kleiner alter Mann in dunkler Kleidung mit modischem Spitzenkragen und einem schneidigen, nach oben gedrehten Schnurrbart trat ein. Er stützte sich beim Gehen auf einen kunstvoll verzierten Stock. Kaum war er da, schlüpfte der Bursche mit den unangenehmen Fischaugen aus dem Raum.
    Der alte Mann begrüßte Pfeiffer und stellte sich als Jakub Horcicky z Tepence vor.
    »Abt Benedikt lässt sich entschuldigen, aber er fühlt sich nicht wohl«, sagte der Mann. Sein ebenmäßig geschnittenes Gesicht ließ darauf schließen, dass er in seiner Jugend ein attraktiver Mann gewesen war. Etwas in der Stimme des Alten ließ Pfeiffer aufmerken. Einen Augenblick lang hatte er den Eindruck, dass der Mann ihm nicht die Wahrheit sagte.
    Doktor Pfeiffer lag eine böse Bemerkung auf der Zunge, warum man ihn so lange habe warten lassen, aber er hielt sich zurück. Er wusste, dass sein Gegenüber ein bedeutender Mediziner, Pharmazeut und Chemiker war und mit seinen Tinkturen Kaiser Rudolf II. von schlimmen Leiden befreit hatte, und wollte diese Kapazität nicht verärgern.
    »Ihr habt mich gebeten, nach Prag zu kommen«, sagte Pfeiffer. »Ich bin so schnell wie möglich angereist, gestern eingetroffen und heute schon bei Euch. Wie kann ich Euch helfen?«
    Der alte Mann nickte und sagte: »Es eilt Euch ein guter Ruf als Mediziner und Mann der Wissenschaft voraus. Ihr sollt Euch auch mit Schriften

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