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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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Körper.
    Sie brauchte Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Das ging ihr alles zu schnell, aber gleichzeitig wollte sie Bedrich nicht verletzten.
    »Ich kann nicht einfach so mitkommen und dich heiraten. Meine Familie würde mich verstoßen. Ich muss zumindest meinen Vater in Heidelberg um Erlaubnis fragen.«
    Niedergeschlagen senkte Bedrich den breiten Kopf, sein dunkles Haar fiel ihm in die Stirn. Er war kein attraktiver Mann, seine Gesichtszüge waren eine Spur zu weich. Aber er hatte etwas Liebenswertes an sich. Leider reichte das in Janas Augen nicht für eine Ehe. Sie hatte als Kind die tiefe Liebe zwischen ihrem Vater und ihrer Mutter erlebt und fand, eine Ehe musste sich genau so anfühlen. Im Moment konnte sie Bedrichs Gesichtsausdruck nicht sehen, der Mond hatte sich hinter eine Wolke geschoben, aber sie war sicher, dass seine Augen feucht waren.
    »Ich habe es befürchtet«, sagte er leise.
    »Aber ich danke dir von ganzem Herzen für dein Angebot.« Janas Worte waren ernst gemeint. Sie wollte ihn trösten und legte ihm die Hand auf den Oberarm, doch er schien es nicht zu bemerken.
    »Falls du es dir doch noch anders überlegst, weißt du, wo du mich finden kannst.«
    München – der Name klang in Janas Ohren so fremd, als befände sich die Stadt am anderen Ende der Welt.
    Bedrich senkte den Kopf und sagte: »Leb wohl, Jana!«
    Hastig ergriff er ihre Hand, drückte ihr einen sanften Kuss in die Handfläche und lief ohne ein weiteres Wort davon. Seine schweren Schritte hallten auf dem Pflaster, und Jana starrte ihm fassungslos nach. Noch hätte sie ihm nachlaufen können, aber ihre Beine waren wie gelähmt. Unfähig, auch nur einen einzigen Schritt zu machen, sah sie Bedrich so lange nach, bis seine breite Gestalt in einer Seitengasse verschwand. Erst dann drehte Jana sich wieder zur Apotheke um und ging langsam zurück. Als sie die Haustür erreicht hatte, hörte sie, wie sich ein Fensterladen schloss. Ihr nächtliches Treffen war beobachtet und wohl auch belauscht worden. Jana fröstelte.
    Schon zwei Tage später verbreitete sich die Nachricht in der Stadt, dass der Wirt des ›Goldenen Ebers‹ und seine Söhne nach München gezogen waren. Jedes Mal, wenn sich die Tür zur Apotheke öffnete und die helle Glocke erklang, ertappte sich Jana bei der Erwartung, Bedrichs breite Gestalt im Türrahmen zu sehen. Aber der dunkelhaarige Wirt mit den traurigen Augen kam nicht mehr. Er war tatsächlich aufgebrochen, ohne sich ein letztes Mal von ihr zu verabschieden.
    Jana ging ihrer Arbeit nach. Sie mischte Salben zusammen und füllte Teemischungen in kleine Säckchen, erledigte die Einkäufe und half Radomila beim Kochen. Alles schien wie immer zu sein, und doch hatte sich etwas grundlegend verändert. Ihr jahrelanger Freund und Vertrauter war nicht mehr da. Auch wenn Jana nie vorgehabt hatte, Bedrich zu heiraten, so war er doch ihr einziger Verbündeter gewesen. Bei ihm hatte sie sich ausgejammert, wenn Radomila ihr zu viele Aufgaben aufgehalst oder Tomek sich wieder einmal aufgespielt hatte. Jetzt war Bedrich auf dem Weg nach München, und er fehlte Jana mehr, als sie sich selbst eingestehen wollte.
    Während sie mit ihrer Entscheidung, in Prag zu bleiben, haderte, wuchsen Angst und Unruhe bei den Bewohnern der Stadt. Das Gerücht, ein Aufstand stehe unmittelbar bevor, sorgte allgemein für Verunsicherung. Ein Gespenst, das noch nicht greifbar und doch allgegenwärtig war. Täglich wurde die Stimmung aggressiver. Auf der Straße beschimpften sich Menschen, die vor kurzem noch Freunde gewesen waren, und warfen einander feindselige Blicke zu. Sogar in den Kirchen der Protestanten wurde offen darüber diskutiert, man solle die Habsburger aus dem Land jagen. Allein der Zeitpunkt des geplanten Putsches war noch nicht allen bekannt. Das Datum, das Bedrich genannt hatte, schien tatsächlich aus zuverlässiger Quelle gekommen zu sein, hatte doch Tomek im Gespräch mit Radomila von einem ähnlichen Zeitpunkt gesprochen. Und der musste es wissen. Er verbrachte seine Tage und oft auch seine Nächte mit Graf von Thurn und dessen Männern.
    Tomek genoss die Situation. Endlich war er in der Position, auf die er schon so lange gewartet hatte und die ihm, wie er fand, auch zustand. Eine tragende Rolle bei einem politischen Umsturz, das war es, wovon er seit Jahren träumte. Je lauter die Gerüchte rund um den Aufstand wurden, desto mehr hob sich seine Laune.
    Er ging pfeifend durchs Haus, warf Jana Kusshände zu, klopfte ihr

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