Das Syndikat der Spinne
krepieren.«
Nadine machte ein betroffenes Gesicht und schob ihren Teller in die Mitte des Tisches. Hellmer zündete sich eine Zigarette an und sagte: »Komm, wir setzen uns ein bisschen raus. Ich brauch frische Luft. Kerle wie der widern mich einfach nur an.«
»Willst du auch ein Bier haben?«, fragte Nadine.
»Klar. Trinken wir ein schönes kühles Bier zum Sommeranfang.«
Sie kam mit zwei Flaschen und Gläsern und stellte alles auf den runden weißen Tisch.
»Weißt du, Nadine, manchmal frage ich mich wirklich, wie schlecht Menschen eigentlich sein können. Kannst du mir das sagen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es gibt wohl keine Grenze nach unten. Tut mir Leid, wenn ich dich genervt habe.«
»Womit?«, fragte er mit hochgezogenen Brauen.
»Na ja, als ich dich gelöchert habe.«
»Nadine, wir beide können doch über alles reden. Und daran wird sich nie etwas ändern. Du bist der einzige Mensch, bei dem ich all das loswerden kann. Wenn ich mir unter Millionen Frauen eine aussuchen dürfte, ich würde immer wieder dich nehmen.«
»Jetzt übertreibst du aber«, sagte Nadine lachend, kniete sich vor ihn und legte ihren Kopf auf seinen Oberschenkel. »Trotzdem, irgendwie hört es sich gut an. Aber pass auf dich auf. Ich hatte letzte Nacht einen furchtbaren Traum, und ich habe Angst um dich.«
»Schatz«, sagte Hellmer und streichelte über ihr Haar, »es gibt keinen Grund, Angst zu haben. Was soll denn schon passieren?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht. Es war ja auch nur ein Traum.«
Mittwoch, 21.00 Uhr
Natascha Olpitz hatte den ganzen Tag damit zugebracht, die Wohnung aufzuräumen; sie hatte Fenster geputzt, gesaugt und Staub gewischt, Wäsche gewaschen und auf den Balkon gehängt, gebügelt und zu guter Letzt das Bad geputzt. Jetzt sah die Wohnung so sauber aus wie schon lange nicht mehr, und dennoch fühlte sich Natascha elend. Wie oft hatte sie mit Irina abends zusammengesessen, hatten sie sich Geschichten aus der Kindheit und Jugend erzählt, gelacht und gemeinsam geweint. Immer war die eine für die andere da gewesen. Und jetzt war sie allein. Sie rauchte zwei Zigaretten kurz hintereinander und drückte gerade die zweite aus, als die Türglocke anschlug.
Endlich, dachte sie, ging zur Tür und drückte den Öffner. Sie hörte Schritte die Treppe hochkommen.
»Hi, Daniel«, sagte sie und ließ ihn an sich vorbeitreten. »Wie geht’s?«
»Das ist eine dumme Frage, Natascha, und das weißt du auch«, antwortete er und sah sie mit regungsloser Miene an.
»Entschuldigung, aber mir geht es auch nicht besonders, wie du dir denken kannst.«
»Schon gut«, sagte Laskin und stellte seine Reisetasche neben den Schrank. »Kann ich mir was zu trinken nehmen?«
»Natürlich, bedien dich.«
Laskin holte sich eine Flasche Orangensaft und ein Glas aus der Küche. Er setzte sich, sah sich um und fragte: »Hast du heute deinen Putzfimmel?«
»Ich musste mich ablenken. Aber ich habe Irinas Zimmer nicht angerührt, falls du das denken solltest. Es war ihr Zimmer, und jetzt ist es deines. Du kannst natürlich auch in deiner Wohnung übernachten.«
»Ich bleibe heute hier, wenn’s dir recht ist.«
»Ach ja, Kommissarin Durant hat mich vorhin angerufen. Sie würde gerne noch mal mit dir sprechen. Sie hat gemeint, du könntest sie auch anrufen. Sag mal, kennst du eine Frau Maric?«
Laskin zuckte mit den Schultern und sagte: »Wenn ich ein Foto von ihr sehen würde, vielleicht. Warum fragst du?«
»Sie war eine Bekannte von diesem Wiesner und wurde auch ermordet. Vielleicht will die Kommissarin darüber mit dir sprechen.«
Er blickte auf die Uhr. »Jetzt noch?«
»Sie hat gesagt, das habe Zeit bis morgen. Bist du müde?«
»Nein. Ich brauche nicht viel Schlaf. Hat sie noch etwas gesagt?«
Natascha schüttelte den Kopf und steckte sich eine Zigarette an.
»Was wirst du jetzt tun? Ich habe schon vorgestern gemerkt, dass etwas in deinem Kopf vorgeht. Du kannst es mir ruhig erzählen, ich halte meinen Mund.«
Laskin sah Natascha mit seltsamem Blick an, bevor er erklärte: »Was immer ich tun werde, ich tue es allein. Ich brauche keine Hilfe, von dir nicht und schon gar nicht von der Polizei. Ich bin es gewohnt, allein zu arbeiten.«
Natascha zuckte zusammen, unfähig, dem durchdringenden Blick von Laskin standzuhalten.
»Ich habe es nur gut gemeint«, versuchte sie sich zu rechtfertigen.
»Natürlich, Liebes«, entgegnete er jetzt ganz sanft, »aber das hier ist eine Sache zwischen Männern.
Weitere Kostenlose Bücher