Das Syndikat der Spinne
versiegelten sie die Tür wieder und gingen.
»Verdammte Scheiße, nichts, aber auch rein gar nichts! Kein Notizbuch, kein privates Telefonbuch, nicht mal ein Zettel. Wie bei der Puschkin. Wobei ich mich immer noch frage, warum der Täter auch bei der Puschkin alles hat mitgehen lassen. Irgendwo muss etwasdrinstehen, was den Täter oder irgendwelche anderen Leute belasten könnte. Vielleicht war er sogar ein Kunde von ihr, einer, von dem sie auch nicht geglaubt hätte, dass er ein Killer ist«, sagte Durant.
»Warten wir’s ab. Zu Wiesner?«, fragte Hellmer.
»Ja, was sonst.«
Während der Fahrt rauchte Durant eine Zigarette, die zweite an diesem Tag. Sie würde es schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören, das hatte sie sich fest vorgenommen. Aber wenn der Fall weiter so undurchsichtig blieb …
Donnerstag, 10.35 Uhr
Claudia Schulze hatte ihre Tochter angezogen und war schon an der Tür, um mit ihr spazieren zu gehen, als das Telefon klingelte. Es war Dominik Kuhn.
»Hi, Claudia. Ist Peter noch da?«
»Nein, Peter ist schon vor über einer Stunde in die Redaktion gefahren. Er wollte mit dem Chef sprechen und wahrscheinlich auch noch mit dir.«
»Vor über einer Stunde? Der ist doch sonst immer so pünktlich. Wollte er vorher noch irgendwo anders hin?«
»Mir hat er nichts gesagt«, antwortete Claudia Schulze. »Aber bei ihm weiß man ja nie. Hast du’s schon auf seinem Handy probiert?«
»Gerade eben, aber ich krieg keine Verbindung.«
Claudia Schulze schluckte schwer, sie spürte, wie ihr Herz zu rasen begann.
»Claudia?«
»Ja, ja, ich bin noch da. Wenn er um elf noch nicht aufgetaucht sein sollte, rufst du mich dann bitte noch mal an?«
»Natürlich. Sag mal, du hörst dich nicht gut an. Ist was passiert?«
»Ich bin nur durcheinander. Ich wollte eigentlich mit der Kleinen ein bisschen spazieren gehen, aber jetzt bleib ich doch lieber zuHause. Warte mal, es hat gerade geklingelt, ich geh schnell an die Tür.«
Sie legte den Hörer auf den Tisch und öffnete die Tür. Draußen standen zwei Streifenbeamte, ein etwa vierzigjähriger Mann und eine vielleicht fünfundzwanzigjährige Frau. Ihre Blicke drückten mehr aus als tausend Worte.
»Frau Schulze?«, fragte der Mann mit gedämpfter Stimme.
»Ja«, antwortete sie mechanisch und spürte, wie sich alles in ihr zusammenzog und eine eisige Kälte sie durchströmte.
»Dürfen wir bitte kurz reinkommen?«
»Was ist los? Etwas mit meinem Mann?« Sie brachte die Worte kaum hervor, ihr wurde schwindlig, ihre Hände zitterten. Die letzte Frage klang schon fast wie eine Feststellung.
Die Beamten traten ein und machten die Tür hinter sich zu.
»Frau Schulze, wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Mann einen schweren Autounfall hatte …«
»Bitte was?« Sie wurde noch bleicher. »Wo ist Peter jetzt?«
»Er wurde mit dem Rettungshubschrauber in die Unfallklinik nach Preungesheim gebracht. Er ist sehr schwer verletzt.«
»O mein Gott, nein!«, schrie sie. »Peter! Was sagen Sie, wo er ist? In der Unfallklinik in Preungesheim?«
»Wir bringen Sie hin, wenn Sie möchten.«
»Wie schwer ist er verletzt?« Sie wagte die Frage kaum auszusprechen, aber sie wollte Gewissheit haben.
»Das können wir Ihnen leider nicht sagen. Wir wissen nur, dass er gelebt hat, als er abtransportiert wurde.«
»Sie brauchen mich nicht hinzufahren, ich habe selbst einen Wagen. Außerdem muss ich mich ja auch um meine Tochter kümmern. Ich mache mich gleich auf den Weg.«
»Wir fahren aber vor Ihnen her, das ist im Augenblick vielleicht besser und auch sicherer.«
»Ja, danke. Ich will sofort zu meinem Mann. Sofort. Ich wusste, dass dieser Traum etwas zu bedeuten hatte. Ich wusste es«, sagte sie wie in Trance.
»Bitte?«, fragte der Beamte und sah Claudia Schulze verwundert an.
»Nichts weiter. Gehen wir.«
»Ihr Telefon.« Die junge Beamtin deutete auf den Hörer, der neben dem Apparat lag.
»Ja, Moment.« Claudia Schulze nahm den Hörer in die Hand. »Dominik, bist du noch dran?«
»Ja, und ich hab so ’n bisschen mitgekriegt.«
»Es ist was Schreckliches passiert. Peter hatte einen Unfall. Er liegt in der Unfallklinik in Preungesheim. Sie haben ihn mit dem Rettungshubschrauber hingebracht. Ich fahr gleich hin.«
»Claudia, wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann …«
»Ja, du kannst mir helfen. Geh zu deinem verfluchten Chef und sag ihm, die Serie ist gestorben. Peter wollte in die Redaktion fahren, um ihm das mitzuteilen. Er hat gestern Abend wieder
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