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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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keine Chance gegen ihn. Das ist das reinste Massaker, das hier veranstaltet wurde. Die haben ferngesehen, als er reinkam.«
    »Meinst du, es war nur einer?«, fragte Durant mit zittriger Stimme, als sie sich im Zimmer umblickte. Andrejews Frau saß im Sessel, der Kopf war zur Seite abgeknickt, die älteste Tochter saß ebenfalls in einem Sessel, der Sohn lag auf dem Schlafsofa, die jüngste Tochter hockte in unnatürlicher Haltung an das Bücherregal gelehnt, der Kopf hing leblos zur Seite herunter, aber sie war sitzen geblieben, als wäre sie zu stolz gewesen, selbst im Augenblick des Todes umzufallen. Und überall geronnenes Blut. Blutspritzer an der Wand, an der Decke, an den Möbeln, auf dem Boden, auf der Mattscheibe des Fernsehapparats. Aufgerissene Augen. Erst jetzt bemerkten die Kommissare den seltsam süßlichen Geruch, der sich in dem Zimmer ausgebreitet hatte. Der Geruch von Blut und den Ausscheidungen, die im Moment des Todes den Körper verlassen hatten. Der Geruch des Todes.
    Allmählich fingen sich Hellmer und Durant wieder und sahen sich die Toten genauer an. Und nach einer Weile des Schweigens sagte die Kommissarin mit unwirklicher Stimme: »Ja, ich glaube, es war nur einer. Bei der Kleinen hat er viermal abgedrückt, beim Sohn dreimal. Bei der Kleinen hat er von vorne und beim Sohn seitlich und von vorne abgedrückt. Sie haben alle vor dem Fernseher gesessen. Vermutlich hat er wie bei Wiesner und Puschkin einen Schalldämpfer benutzt, so dass die ersten Schüsse gar nicht gehört wurden. Wahrscheinlich hat er erst die getötet, die mit dem Rücken zu ihm saßen. Er hat durch die Sessellehnen geschossen. Es ist so verdammt schnell gegangen, dass sie kaum Zeit hatten zu reagieren. Die Schüsse im Wohnzimmer haben sie nicht mitbekommen, weil sie hier oben waren.«
    »Bei seiner Frau und seiner ältesten Tochter je zwei Einschüsse. Er muss sie überrascht haben, als sie am wenigsten damit gerechnet hatten. Also hat er wahrscheinlich tatsächlich zuerst die Mutter und die ältere Tochter von hinten erschossen, dann haben die andern beiden Kinder das bemerkt, ihn angesehen, und da hat er einfach noch ein paarmal abgedrückt.« Hellmer hielt inne, holte mit fahrigen Fingern eine Zigarette aus der Hemdtasche und zündete sie an. »Diesegottverdammte Drecksau! Was ist das für ein Mensch, der so was tut? Der macht sogar vor einem elf- oder zwölfjährigen Mädchen nicht Halt. Der würde vermutlich auch ein Baby umbringen. Einfach so, zack, zack, und dein Lebenslicht ist ausgeblasen. Schau sie dir bloß an, die Kleine«, sagte Hellmer mit feuchten Augen und bebenden Mundwinkeln, »wie sie dasitzt. So unschuldig und doch irgendwie stolz.«
    »Das ist kein Mensch mehr«, sagte Julia Durant mit ebenfalls feuchten Augen und ballte die Fäuste, »das ist eine Bestie! Das ist jemand, der sich dafür bezahlen lässt, andere umzubringen, und wahrscheinlich auch noch Spaß daran findet.« Und nach einer kurzen Pause, nachdem sie den Blick noch einmal durch den Raum schweifen ließ: »Wir können hier nichts machen, Frank. Ich halte es auch nicht aus, länger in diesem Zimmer zu bleiben. Ich muss sofort Berger informieren.«
    Sie begaben sich wieder nach unten. Kuhn saß noch immer auf dem Stuhl, bemerkte die ernsten Mienen der Kommissare und sagte zögernd: »Und?«
    Julia Durant antwortete nicht. Sie rief Berger an, informierte ihn kurz und bat ihn, umgehend das Nötige zu veranlassen. Dann fügte sie noch hinzu, dass wegen der Nachbarschaft keine Streifenwagen vorfahren und alle Beamten in Zivil kommen sollten. Die Männer und Frauen der Spurensicherung könnten ihre Anzüge im Haus anziehen. Außerdem sollten die Autos, wenn möglich, an unterschiedlichen Stellen geparkt werden und die Männer vom Bestattungsinstitut in einem unauffälligen Lieferwagen kommen und mit dem Heck an die Garage heranfahren. Keine Särge, sondern Plastiksäcke. Und oberste Geheimhaltungsstufe, keine Presse, kein Rundfunk, kein Fernsehen. Nachdem sie geendet hatte, wandte sie sich Kuhn zu: »Du hast es ja gehört, sie sind alle tot. Die Frau, die Kinder, alle. Und jetzt sag ich dir was, und das ist mein voller Ernst – ein Wort davon zu irgendjemandem, und ich habe dich nie gekannt. Hast du mich verstanden? Und außerdem würde ich nicht davor zurückschrecken, dir eine Anzeige wegen Behinderung der polizeilichenErmittlungen anzuhängen. Du weißt schon, du hast wichtiges Beweismaterial zurückgehalten.«
    »Aber …«
    »Verdammt,

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