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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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denn?«
    Müller gab ihm einen kräftigen Schubs und rief noch einmal: »Aufmachen!«
    Der Mann öffnete die Plombe des ersten Trucks und machte die Tür auf. »Da sind nur Schweine drin«, sagte er mit unschuldiger Miene. »Wenn Sie mir verraten könnten, was …«
    Müller stieß ihn einfach zur Seite und stieg in den Kühlwagen, gefolgt von Hellmer. »Schweine. Dann wollen wir doch mal sehen, was für einen Marktwert Schweinefleisch zurzeit hat.« Er zog sichHandschuhe über, riss die Schnauze des ersten Schweins auf, holte ein Päckchen heraus und grinste Hellmer an. »Na, wer sagt’s denn. Dann wollen wir mal zum wesentlichen Teil kommen.«
    Sie sprangen wieder aus dem Kühlwagen. Müller hielt dem Mann das Päckchen vor die Nase und sagte: »Schön, was? Ihr Name?«
    »Hans Schneider. Ich weiß gar nicht, was Sie wollen. Was ist das?«, fragte er mit Unschuldsmiene.
    »Das wissen Sie ganz genau. Und jetzt sagen Sie uns, wo die Kinder sind, aber dalli!«
    Schneider wurde mit einem Mal kreidebleich, was Hellmer trotz der Dunkelheit nicht entging.
    »Was für Kinder?«
    »Hören Sie gut zu, wir beide können jetzt in aller Ruhe in eine stille Ecke gehen, und ich bin ganz sicher, dass ich innerhalb weniger Minuten weiß, wo die Kinder sind. Ich habe keine Lust, hier groß rumzusuchen. Also noch mal, wo sind die Kinder?«
    Schneider atmete hastig. Er schaute Müller mit weit aufgerissenen Augen an, ging zum vorderen Teil des Hängers und entriegelte eine Tür des Anhängers, die sich direkt hinter der Fahrerkabine befand und erst beim zweiten Hinschauen als Tür zu erkennen war. Julia Durant hatte sich zu ihnen gestellt und wartete, bis Schneider wieder herunterkam. Er trat etwa zwei Meter zurück, als er den funkelnden Blick von Müller sah.
    »Lassen Sie mich hochgehen«, bat Durant.
    Müller zögerte einen Moment, dann sagte er: »Von mir aus«, und half ihr hoch.
    Durant hielt die Taschenlampe in der Hand und leuchtete in die kleine Kabine, in der sich zirka dreißig Kinder drängten. Der bestialische Gestank von Urin und Kot schlug ihr entgegen. Ein paar wenige schliefen noch, die meisten waren bereits wach, aber zum größten Teil sehr benommen. Die wachen Kinder hielten sich, geblendet vom Strahl der Taschenlampe, die Hände vors Gesicht. Julia Durant leuchtete an die Decke. Es war, als würde ihr etwas die Kehle zuschnüren. Sie schluckte schwer und sagte nur mit belegter Stimme:»Fordert ein paar Krankenwagen an, und die sollen sich beeilen. Und kommt mal her und helft mir, die Kinder runterzuholen.«
    Sie trat näher heran, die Kabine war kaum größer als vier Quadratmeter. Dreißig Kinder auf diesem engen Raum, dachte sie und ballte die Fäuste. Die Kinder saßen dicht an dicht, einige hatten ihren Kopf auf der Schulter eines anderen liegen, manche hatten sich bei den Händen gefasst. Es war totenstill in der Kabine, dem Verschlag, dem Käfig. Die Kleinen hatten seit mindestens vierundzwanzig Stunden weder zu essen noch zu trinken bekommen. Die Enge und vor allem die stickige, sauerstoffarme Luft machte das Atmen zu einer Qual. Noch ein paar Stunden länger, dachte Durant, und keines dieser Kinder wäre lebend dieser Hölle entronnen.
    »Kommt raus«, sagte sie mit sanfter Stimme, nachdem sie sich einigermaßen gefangen hatte, und machte eine winkende Handbewegung. Als die Kinder zögerten, leuchtete sie sich mit der Taschenlampe selbst an, um ihnen die Angst zu nehmen, um ihnen zu zeigen, dass sie es gut mit ihnen meinte. »Ihr braucht keine Angst zu haben«, sagte sie weiter und wusste doch, dass die Kinder sie nicht verstanden. Sie kamen ja aus Polen oder Russland, wie Laskin berichtet hatte.
    Als Erstes fasste ein blondes, sehr zierliches Mädchen, nicht älter als sechs oder sieben Jahre, Mut. Sie rang nach Luft, ihr Atem ging ziehend. Sie reichte der Kommissarin die kalte Hand, Hellmer nahm sie in Empfang. Das älteste Kind war Durants Schätzung nach höchstens zehn, das jüngste vielleicht drei.
    Nach fünf Minuten waren alle Kinder draußen bis auf zwei. Sie lehnten mit geschlossenen Augen an der Wand und rührten sich nicht. Julia Durant ging hinein, ihr verschlug es fast den Atem. Es waren zwei Mädchen. Sie schüttelte sie leicht an den Schultern, sprach auf sie ein, doch statt die Augen aufzumachen, fielen sie bei der Berührung zur Seite und schlugen mit dem Kopf auf den kalten Boden. Sie griff mit zittrigen Fingern nach den Handgelenken, um den Puls zu fühlen. Die Haut war kalt, kein

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