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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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wie Lebewesen, die dieselbe
     ökologische Nische besetzen, sich gegenseitig verdrängen.«
    »Nun hör aber auf! Computerviren sind doch keine Lebewesen!«
    »Nein?« Ron sah die Skepsis auf dem Gesicht seines Chefs und wusste, dass er dabei war, seine Glaubwürdigkeit noch mehr zu
     untergraben. Aber er konnte sich nicht bremsen. »Was ist denn ein Lebewesen? Meiner Meinung nach sind Computerviren nicht
     mehr und nicht weniger lebendig als biologische Viren. Bei denen sind sich die Wissenschaftler auch nicht sicher, ob sie als
     Lebewesen einzuordnen sind. Immerhin haben sie weder einen Stoffwechsel, noch können sie sich selbst vermehren. Und trotzdem
     mutieren sie, entwickeln sich, verbreiten sich.«
    Wie erwartet war nun der Punkt erreicht, an dem Mike glaubte, Ron sei völlig durchgeknallt. »Vielleicht solltest du mal eine
     Pause einlegen, ein verlängertes Wochenende. Im Ernst, Ron, du hast in den letzten Monaten verdammt hart …«
    »Mike, ich bin nicht blöd, und ich bin auch nicht paranoid. Ich weiß, und du weißt auch, dass ich einer der besten Virenspezialisten
     der Welt bin. Ich sage dir, so etwas wie den Megawurm habe ich noch nie erlebt. Er ist so viel mächtiger als alles, was ich
     bisher erwischt habe, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie er entstehen konnte. Und das Schlimmste ist, ich habe immer
     noch nicht den geringsten Schimmer, was er eigentlich macht.«
    »Meinst du, das ist der Grund, weshalb wir bisher nichts davon gehört haben?«
    Ron nickte. »Das, und die Tatsache, dass er nur ein einziges Mal aufgetaucht ist. Als ob er erkannt hat, dass unsere Server
     Fallen sind, und sie seitdem meidet.«
    »Nun mach aber mal ’nen Punkt!«
    |211| »Die meisten Leute werden gar nicht merken, dass ihr Computer infiziert ist. Vielleicht gibt es hier oder da eine unerklärliche
     Fehlermeldung oder eine seltsame Zunahme der Systemauslastung, aber normale Anwender haben sowieso keine Ahnung, was ihr Rechner
     gerade tut, und wundern sich kaum darüber, wenn wieder mal etwas ohne besonderen Grund schiefgeht. Selbst die ausgeschlafenen
     Sysops werden sich keinen Reim darauf machen können und das Problem erst mal ignorieren. Genau da sehe ich die Gefahr.«
    »Was schlägst du vor?«
    »Wir könnten die einschlägigen Newsgroups …«
    »Kommt nicht in Frage! Damit rufen wir nur die Konkurrenz auf den Plan!«
    »Es würde mich sehr wundern, wenn die anderen das Ding noch nicht entdeckt haben.«
    »Warum haben sie es dann nicht gemeldet?«
    »Weil sie genauso wenig wie wir wissen, was der Wurm macht und wie man sich dagegen schützen kann. Weil sie genau wie wir
     versuchen, die Ersten zu sein, um das große Geld zu machen. Dabei hätten wir vielleicht eine Chance, wenn wir zusammenarbeiten
     und unsere Ideen austauschen würden. Ich könnte Will Copeland von McAfee anrufen …«
    »Untersteh dich!«
    »Mike, wir wissen nichts über dieses Ding. Wir wissen nicht, wo es herkommt und warum es existiert. Während wir hier sitzen
     und quatschen, breitet sich das Ding weiter rund um den Globus aus. Ich wette, es gibt kaum noch ein System, das nicht befallen
     ist.«
    »Nun komm schon. Es gibt doch alle paar Monate einen neuen Virus, der sich in kurzer Zeit über die ganze Welt verbreitet.
     Einige tausend Computer stürzen ab, ein paar Firmen, die gepennt haben, gehen pleite, ein paar Sysops werden gefeuert. Na
     und? Wenn es nicht so wäre, gäbe es diese Firma doch gar nicht. Und du machst jetzt plötzlich Panik, nur weil du nicht verstehst,
     wie dieser Wurm arbeitet. Außerdem, |212| wenn das Ding wirklich so clever ist und wir die Ersten sind, die einen Besen dafür liefern – wäre das vielleicht endlich
     der Durchbruch für uns!«
    Ron sah das Leuchten in den Augen seines Chefs und wusste, dass es keinen Sinn hatte. Trotzdem unternahm er einen letzten
     Versuch.
    »Mike, wir müssen jemanden informieren. Wenn nicht die Newsgroups, dann das FBI. Wenn das Ding eine Waffe von Terroristen
     ist …«
    »Die Bundespolizei? Hast du eine Ahnung, was hier los ist, wenn wir die einschalten? Die werden hier erst mal alles auf den
     Kopf stellen, und dann kannst du jede vernünftige Arbeit vergessen. Wahrscheinlich glauben sie am Ende, wir haben das Ding
     selbst in die Welt gesetzt. Nein, im Ernst, wir müssen das Problem schon allein knacken. Du hast doch gesagt, der Wurm richtet
     keinen Schaden an. Wo also ist das Problem, wenn wir noch ein bisschen weitersuchen?«
    »Das Problem ist«, sagte

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