Das System
zu Ihrer Frau. Wäre es möglich, dass er
ihr eine Kopie des Source Code geschickt hat?«
Weisenberg zuckte mit den Schultern. »Meine Frau hat immer eine ganze Menge Post von ihren Patienten bekommen. Nach ihrem
Tod habe ich das alles gesammelt.« Er seufzte. »Ich habe nicht die Kraft gehabt, es zu öffnen und die Briefe zu lesen. Aber
ich habe es auch nicht weggeworfen. Es liegt alles auf ihrem Schreibtisch, in ihrem Zimmer.«
Mark und Lisa sahen sich an. »Professor Weisenberg, es wäre wirklich sehr wichtig für uns …«
Weisenberg nickte. Er stand auf. »Kommen Sie! Wir fahren zu meinem Haus. Vielleicht haben Sie recht: Wir werden zweifelsohne
manipuliert, aber ganz hilflos sind wir nicht. Noch nicht.«
[ Menü ]
|256| 62.
Hamburg-Harburg,
Mittwoch 16:11 Uhr
Gerade als Weisenberg aufgestanden war, öffnete sich die Tür zu seinem Büro. Frau Rosner kam herein. Sie wirkte besorgt. »Herr
Professor, entschuldigen Sie bitte, aber könnten Sie mal kommen? Ich finde, es riecht hier ziemlich verbrannt.«
Sie hatte recht: Der unverkennbare, beißende Gestank von verschmortem Gummi lag in der Luft. Sie liefen in den Vorraum. Hier
war er noch intensiver.
»Wo kommt das her?«, fragte Weisenberg.
Lisa zeigte an die Decke. Aus einem Gitterrost drang schwarzer Rauch.
»Die Klimaanlage!«, sagte der Professor. »Es muss ein Schwelbrand sein. Ich frage mich nur, warum die Rauchmelder keinen Alarm
geben. Rufen Sie bitte die Feuerwehr, Frau Rosner.«
Rosner griff nach dem Hörer. Ihr Gesicht wurde bleich. »Die Leitung ist tot, Herr Professor.«
Mark erschrak. »Herr Professor, wir müssen aus dem Gebäude. Sofort!«
»Schon gut, keine Panik. Wir haben eine Sprinkleranlage, und …«
»Die Sprinkleranlage wird nicht funktionieren«, unterbrach Lisa, die offenbar denselben Gedanken hatte wie Mark. »Professor
Weisenberg, es ist kein Zufall, dass dieser Schwelbrand gerade jetzt ausbricht.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Rainer Erling starb nicht durch einen Unfall. Er wurde getötet, von einem außer Kontrolle geratenen Aufzug.«
»Sie wollen doch nicht etwa behaupten …«
»Doch, genau das will ich. Pandora weiß, dass wir hier sind. Sie will uns töten.«
Weisenberg wurde aschfahl. »Mein Gott …«
|257| Inzwischen waren draußen auf dem Gang Türklappern und schnelle Schritte zu hören. »Feuer!«, rief jemand. »Alle raus hier!«
Mittlerweile quoll der Rauch immer schneller aus den Gitterrosten. Pandora musste die Ventilation auf Maximum gestellt haben.
Mark spürte einen starken Hustenreiz. Sie rannten auf den Flur. Eine Gruppe von wissenschaftlichen Mitarbeitern stand vor
der automatischen Tür, die Weisenbergs Institut vom Treppenhaus trennte. »Herr Professor, sie geht nicht auf!«, rief eine
junge Frau. In ihrer Stimme lag Panik.
»Die Fenster!«, rief Mark.
Weisenberg schüttelte den Kopf. »Sie lassen sich nicht öffnen …« Er würgte.
Frau Rosner bekam einen Hustenanfall. Auch Mark wurde übel von dem stinkenden Qualm, der inzwischen die Sicht vernebelte.
In wenigen Minuten würden sie alle eine Rauchvergiftung haben und bewusstlos auf dem Gang liegen. Es blieb keine Zeit, lange
zu überlegen. Mark rannte zurück in Weisenbergs Büro, das in einer Ecke des Gebäudes lag. Hier war der Qualm noch nicht ganz
so dicht. Er nahm Weisenbergs schweren Schreibtischstuhl aus Chrom und schwarzem Leder und schleuderte ihn gegen das Fenster.
Das Glas zersplitterte. Es regnete Scherben. Durch das zerbrochene Fenster strömte frische Luft, doch aus dem Vorzimmer drang
immer mehr Qualm herein. Der Schreibtischstuhl war im Fensterrahmen hängengeblieben. Mark nahm ihn hoch und schleuderte ihn
mit aller Kraft durch das zweite Fenster. Der Stuhl stürzte hinaus auf den Rasen vor dem Gebäude. Draußen rannten inzwischen
einige Leute herbei und zeigten auf das Dach. Mark spürte, wie Wärme von oben herabdrang. Im Dachstuhl musste offenes Feuer
ausgebrochen sein. Sie mussten aus dem Gebäude!
Zum Glück hatte der Institutsbau nur zwei Stockwerke. Bis auf den Rasen waren es etwa drei Meter. Man konnte sich |258| einen Knöchel verrenken oder vielleicht ein Bein brechen, aber niemand würde zu Tode kommen, wenn er aus dem Fenster sprang.
Mark nahm einen der Konferenzstühle und benutzte ihn, um die Glassplitter herauszuschlagen, die wie Dolche aus dem Rahmen
ragten. Draußen war inzwischen jemand so geistesgegenwärtig gewesen, eine Aluminiumleiter zu holen, und
Weitere Kostenlose Bücher