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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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letzte Brett entfernt hatte, wurde es mir klar.
    Ich stand in einem Grab.
    Ich griff nach der Taschenlampe und leuchtete in den laienhaft zusammengezimmerten Sarg. Ein schwarzer Plastikbeutel lag darin. Am oberen Ende mit einem Ledergurt verzurrt. Unter dem Beutel war eine Hand erkennbar. Winzige Finger, zu einer Faust geballt.
    Ich fasste nach dem nassen Beutel und hob ihn aus der Grube. Mit einem dumpfen Platschen setzte ich ihn auf dem Dielenboden ab. Langsam senkte er sich zur Seite.
    Im Sarg lag ein Säugling. Die kurzen Arme seitlich von sich gestreckt. Die Augen geschlossen. Das Gesicht wirkte friedlich, auch wenn das rote Wasser ihm einen blutigen Glanz verlieh. Die Haut im Brustbereich war von den Ripp en gelöst. Aufgeschnitten. O bwohl der Brustkorb die Sicht beeinträchtigte, erkannte ich im Strahl der Taschenlampe, dass dieser Säugling kein Herz hatte. In diesem Augenblick wusste ich es:
    Hier lag Any.
    Ich spürte mein Herz in der Brust pochen. Schnell und kräftig. Ich bückte mich und strich über Anys Wange. Ihre Haut fühlte sich warm und weich an. Ihre Lippen formten ein Lächeln. Ich wünschte mir so sehr, mein Herz würde in ihrer Brust schlagen.
    Aber das tut es doch, Jacky.
    Nein. Es schlägt in meiner Brust. Und du musstest sterben.
    Aber ich lebe doch. In dir.
    Ja? Und w ird das immer so sein?
    Any schwieg. Das machte mich traurig. Und ängstlich. Denn ich fühlte, dass sie mir etwas verschwieg. Der Tag würde kommen, an dem sie nicht mehr bei mir sein würde . Sie kannte die Zukunft, konnte sie sehen wie einen F ilm, hatte sie mir gesagt. I n dieser Zukunft würde etwas geschehen, das sie aus meinem Geist verbannen würde.
    Warum, Any? Warum bist du nicht immer bei mir?
    Schweigen.
    Any, du musst es mir sagen! Vielleicht kann ich es verhindern?
    Nein. Du kannst es nicht verhindern.
    Warum nicht?
    Any antwortete nicht. Sie weinte. Aus den Augen des Säuglings flossen schwarze Tränen.
    Warum nicht, Any?
    Mit weinerlicher Stimme antwortet sie schließlich:
    Weil du es bist.
    Ein Platschen lenkte meinen Blick an den Grubenrand. Der Ledergurt um den Plastikbeutel löste sich. Blut floss aus dem Beutel in das Loch. Zähflüssig und heiß. Ich erkannte einen Holzsti e l. Daneben sah ich eine haarige Pfote. Ich zog an dem Griff . Eine Axt . Die Schneide war blutverschmiert. Beim Herausziehen hatte sie den Kunststoff des Beutels aufgeschlitzt. Blutiges Gedärm quoll hervor. Ich schlug das Plastik zurück. Der Säugling begann panisch zu schreien.
    Tommys Augen blickten mich treuherzig an. Den Kopf hatte er auf die Pfoten gelegt. Demütig, als wollte er seine Unterwürfigkeit demonstrieren. Etwa in der Mitte seines Rückens war der Hinterleib durch einen sauberen Schnitt vom Rest des Körpers getrennt.
    Die Schla nge! Ich starrte auf die Axt, auf das Blut, das von der Schneide tropfte.
    Weil du es bist!
    Ein Schatten bewegte sich von der Diele in das Wohnzimmer, geworfen von einer riesenhaften , wolfsähnlichen Gestalt. Hinter ihr leuchtete türkises Licht. Grell und blendend. Es verlieh dem Wolfskopf einen Kranz aus glitzernden , türkisen Strahlen.
    Hast du deine Lektion gelernt, Jack?
    Meine Finger umklammerten den Stiel der Axt. Ich stieg aus der Grube. Der Wolf kam näher. Die Reißzähne schimmerten gefährlich und seine Augen glühten im türkisfarbenen Licht. In der Hand hielt er eine Schnur. Nein. Einen Draht. Blut tropfte von einem Ende. Der Wolf blieb stehen und hielt ihn in meine Richtung.
    Schau mal, was Daddy dir mitgebracht hat. Happy Birthday, kleiner Jack.
    Ich ging auf ihn zu. Die Axt schleifte ich hinter mir her. An einem Ende des Drahtes erkannte ich einen spitzen Haken. Er schien geschärft worden zu sein, wirkte wie ein gebogenes Rasiermesser. Ich hatte ihn bereits gesehen. Auf einem Bild. Any hatte es mir geschickt.
    Meine Finger umklammerten den Holzgriff der Axt. Ich hörte jemanden singen. Mutter. Ihre Stimme kam aus dem Schlafzimmer. »Somewhere over the rainbow, skies are blue, and the dreams Jacky dares to dream, really do come true.«
    Der Wolf blickte auf Tommys Überreste. Dann lachte er. Sein nach Alkohol stinkender Atem hüllte mich ein.
    Hast ihn gefunden, deinen Mistköter, hm? Saubere Arbeit, Jack, nicht wahr?
    Ich hob die Axt hoch. Der Säugling brüllte, als würde ihm in diesem Moment das Herz aus der Brust gerissen.
    Weil du es bist.
    Die Schneide der Axt drang zwischen Schulter und Hals in den Körper des Wolfes. Mit Leichtigkeit durchdrang sie seine Brust,

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