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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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offenbar war mitternächtliches Kommen und Gehen in diesem Krankenhaus an der Tagesordnung. Umso besser. Ich hätte nicht gewusst, was ich auf diese Frage hätte antworten sollen. Vermutlich hätte ich die Wahrheit gesagt. Dass ich schleunigst hier fort musste, um das Leben eines Kindes zu retten. Aber der Arzt fragte nicht. Er stand ruhig hinter mir und wartete.
    Ein leises Klingeln kün digte die Ankunft des Fahrstuhl s an. Ich spürte einen Stich im Hals, zeitgleich umfasste mich ein kräftiger Arm und zog mich nach hinten. Ich fiel in den Rollstuhl, wollte mich aufbäumen, aber meine Arme und Beine hingen wie nutzlose Anhängsel an meinem Rumpf, und ich hatte das Gefühl, meine Haut wäre mit Stacheldraht ausgestopft worden .
    Der Stich im Hals begann zu brennen und die Umgebung zu verschwimmen. Ich spürte Lippen an meinem rechten Ohr.
    »Ich habe dir ein Narkotikum gespritzt, Arschloch. Und wenn du aufwachst, bricht deine ganz persönliche Hölle los.«
    Ich wollte antworten, ihn fragen, was das alles soll. Aber meine Lippen weigerten sich standhaft, einen Ton von sich zu geben. Meine letzte Wahrnehmung war ein Satz, den der Arzt zu jemandem sagte. Vermutlich über ein Mobiltelefon oder ein Funkgerät.
    »Ich habe ihn. Plan B.«

14
     
    »H allo?« Meine Stimme hallte lange in dem Gewölbe nach. Die Wände bestanden aus nassglänzenden, schwarzen Steinen, die hoch über mir zusammenstießen. Trotz der dunklen Oberfläche schienen die Felsen Licht auszustrahlen. Fahles, türkises Licht, das die raue Struktur des kreisrunden Steinbodens wie Schuppen eines Krokodils wirken ließ. Ich hockte in der Mitte des Gewölbes und versuchte etwas zu erkennen. Aber da war nichts. Nur diese Steine. Sie pulsierten langsam und regelmäßig, als befände ich mich inmitten eines riesigen, versteinerten Herzens.
    Ein kurzes Zischen. Weit weg. Wie das Geräusch eines vorbeirasenden Eilzuges. Irgendwo platschte etwas auf den Boden. Etwas Großes, Nasses. Gefolgt von einem Geräusch, als würde jemand einen Eimer mit zähflüssigem Inhalt auf den Boden leeren. Ein Schmatzen. Laut und ekelhaft. Dazu kam ein Knurren, das mich an ein Raubtier erinnerte. Ein Raubtier beim Fressen der Beute, die es gegen seine Kontrahenten verteidigt, während es sich am blutigen Fleisch labt.
    Dann war es still.
    Any?
    Die Luft roch nach Fäulnis. Jeder Atemzug bescherte mir Ekel. Ich hielt den Atem an und stand langsam auf.
    Any? Wo bist du?
    Ich bin bei dir.
    Ich habe Angst.
    Das brauchst du nicht, Jacky. Es ist doch nur ein Traum.
    Ist das mein Traum?
    Ja.
    Aber warum träume ich diese Dinge?
    Es ist deine freie Entscheidung. Du willst diese Dinge träumen, weil sie dir den Weg zeigen. Also hab‘ keine Angst, folge dem Weg. Und sieh‘ die Wahrheit.
    Aber da ist kein Weg.
    Doch, er ist da. Du musst ihn nur sehen wollen.
    Aber ich sah ihn nicht. Nur schwarzer, pulsierender Fels umgab mich.
    Der Steinboden gab bei jedem Schritt nach, als würden die Platten auf morastigem Untergrund liegen. Vorsichtig ging ich zur Felswand, suchte nach einem Weg, auch wenn ich nicht wusste, wohin er mich führen würde. Zur Wahrheit, hatte Any gesagt. Welche Wahrheit?
    Ein Geräusch. Hinter mir. Ein Hecheln. Hastig. Und vertraut.
    Tommy?
    Er saß an der gegenüberliegenden Wand und blickt e treuherzig mit heraushängender Zunge in meine Richtung. Ich rannte zu ihm, fiel auf die Knie und schlang meine Arme um seinen Hals. Es war ein wunderbares Gefühl, ihn zu spüren, zu wissen, dass er in meiner Nähe war. Dass er lebte.
    Tommy löste sich aus meiner Umarmung und lief die Wand entlang. Dann blieb er stehen und blickte zu mir. Er wollte, dass ich ihm folge. Natürlich. Ich konnte den Weg nicht finden. Daher hatte Any Tommy geschickt, um ihn mir zu zeigen.
    Ich folgte ihm.
    Obwohl wir im Kreis liefen, schienen die Wände sich zu verändern, als wären sie spiralförmig angelegt worden. Ich hatte Mühe, mit Tommy Schritt zu halten. Der Abstand zwischen uns vergrößerte sich Schritt für Schritt, bis ich nur noch einen Schatten vor mir erkannte. Dann war Tommy verschwunden.
    Ich lief weiter, schrie nach ihm, fühlte die Angst in mir, dass ich ihn wieder verloren hätte. Dann entdeckte ich die Nische. Geschickt in die Felswand geschlagen. Man konnte sie nur sehen, wenn man direkt davor stand. In ihr begann eine Treppe. Stufe um Stufe verschwand sie in der Finsternis, und obwohl ich wusste, dass dies der Weg zur Wahrheit sein musste, scheute ich mich, meinen Fuß auf die

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