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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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Gedanken zu fassen. Ihr Gesicht spiegelte Angst und Schmerz. Unsagbaren Schmerz. Unstillbare Mordlust wuchs mit jedem Herzschlag in mir – auf denjenigen, der ihr das angetan hatte.
    Insgesamt waren fünf Fotografien von Patricia in der Mappe. Von allen Perspektiven. Ihr Körper lag inmitten der verbrannten Reste des Zimmers. Das Bett war erkennbar. Daneben lag der Rollstuhl. Als wäre er umgekippt und Patricia vom Sitz auf den Boden gefallen. Es schien, als hätte sie versucht , vom Rollstuhl fortzu robben. Der linke Arm war nach vorne ausgestreckt, der rechte angewinkelt neben ihrem Brustkorb. Die Beine hatte sie scheinbar nachgezogen. Das rechte war – wie der Arm – angewinkelt.
    Ich tippte darauf. Hearing blickte kurz zu meiner Hand. Nickte. Ich hatte den Anhaltspunkt gefunden, der mir vermutlich den nötigen Hinweis in die Hand gespielt hatte, Hearing davon zu überzeugen, dass Patricia nach dem Brand in das Haus gebracht worden war. Sie wäre nicht in der Lage gewesen, das Bein anzuwinkeln. Jemand musste es in diese Stellung gebogen haben, um den Anschein zu erwecken, das Mädchen hätte versucht, sich aus der Flammenhölle zur retten.
    Patricias Mörder.
    Ich betrachtete das Bild, auf dem ihre Arme in Großaufnahme abgebildet waren. Ich versuchte zu erkennen, ob auf den Unterarmen Einschnitte erkennbar waren. Von dem Draht, mit dem sie – in meiner Vision – an den Lehnen des Rollstuhls festgebunden war. Doch die Flammen hatten gründliche Arbeit geleistet. Nur mehr wenige Fleischklumpen hingen an den Knochen. Zu wenig, um daraus Schlüsse ziehen zu können.
    »Hat man die Brandursache herausgefunden?«, fragte ich Hearing, der es nach wie vor vermied, zu den Bildern zu schauen.
    »Ja und nein«, sagte er. »Laut Untersuchungsergebnis hat ein Kurzschluss in der Stromleitung im Erdgeschoss den Brand verursacht, aber … « Er machte eine Pause und blick te mich durchdringend an. »N achdem sich jetzt herausgestellt hat, dass das Mädchen nicht in den Flammen umgekommen ist, müssen wir noch mal von vorne beginnen.«
    Ich stimmte Hearing zu. Es konnte sich nicht um einen Zufall handeln, dass der Mörder einen Hausbrand zum Anlass genommen hatte, den Mord auf diese Art zu verschleiern. Nein. Er musste den Brand geplant haben, bevor er die Kleine ermordet hatte.
    »Es wird sich um Brandstiftung handeln«, sagte ich. Hearing nickte. »Wobei ich das nicht verstehe … «
    »Psychopathen versteht man nie«, antwortete Hearing und versuchte sich an einem Grinsen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Aber … « Ich deutete auf das Bild mit dem angewinkelten Bein. »Es sieht aus, als wäre dem Mörder ein Fehler passiert. Das Bein … «
    »Vielleicht Panik? Kurz nicht nachgedacht … Es gibt eben kein perfektes Verbrechen.«
    Wiederum schüttelte ich den Kopf. »Nein. Das glaube ich nicht. Der Mörder wollte , dass man diesen Fehler entdeckt.«
    »Wozu?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er ganz speziell mich im Visier hatte. Er wollte, dass man mich für den Tod der Kleinen verantwortlich macht.«
    »Was ihm nicht gelungen ist.«
    »Ja, genau das macht mich stutzig. Er muss mich gekannt haben. Muss gewusst haben, dass ich in diesem Haus nach dem Mädchen suchen würde. Dass man dann die Leiche finden und mich vom Dienst suspendieren würde. Und dann dieser offensichtliche Hinweis, dass ich unschuldig bin.«
    »Vielleicht hat er ein schlechtes Gewissen bekommen?« Hearing lachte kurz auf.
    »Ich weiß es nicht. Und ich habe keine Ahnung, was ich mit der ganzen Sache zu tun haben könnte. Wieso dieses Spiel? Wieso ich?«
    »Nun, Jack, Sie haben ihre Unschuld bewiesen. Sie sind jetzt raus aus dem Spiel. Das NYPD wird dieses Arschloch kriegen. Früher oder später.«
    »Das reicht mir nicht.«
    Hearing konnte sich offenbar nicht entscheiden, ob er nicken oder die Schultern heben sollte. Also tat er beides.
    Ich blickte abermals auf die Bilder. Irgendetwas musste darauf abgebildet sein. Was hatte mich dazu bewogen , Dave anzurufen und ihm mitzuteilen, dass ich etwas herausgefunden hatt e und es noch überprüfen müsste? Das angewinkelte Bei n war es nicht. Es musste auf diesen Bildern sein. In der Mappe gab es sonst nichts, das einen Anhaltspunkt lieferte. Bild um Bild studierte ich. Blickte auf jedes Detail.
    Erst, als ich die Bilder in die Mappe zurücklegte , zu Hearings Freude , sah ich es. Es war derart unscheinbar, dass es wohl niemandem aufgefallen wäre. Selbst ich fragte mich, ob ich

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