Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Tartarus-Orakel

Titel: Das Tartarus-Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
Vom Netzwerk:
meinen Beitrag zum Familienleben. Ich gehöre doch zur Familie. Also muss ich auch helfen.«
    »Aber du bist besser als sie. Wieso solltest du derart gewöhnlichen Menschen helfen?«
    »Ich helfe ihnen gern. Ich … ich liebe sie.«
    »Meine Schwester, meine Schwester. Wir wurden geboren, um über diese Menschen zu herrschen, nicht um ihnen zu helfen. Sie stehen unter uns. Sie sind unsere Untergebenen.«
    »Sie sind meine Familienangehörigen«, erwiderte Lily entschieden.
    »Herrscher sind einsam«, sagte Alexander, als handelte es sich um einen Spruch, den man ihm immer wieder eingetrichtert hatte, bis er ihn auswendig kannte. »Ich dachte, du wärst stärker, meine Schwester.«
    Danach sagte Lily nichts mehr, und wenige Minuten später trafen sie an der großen Pyramide ein.

    Und so begann am Tag von Tartarus um Punkt 11.30 Uhr, eine halbe Stunde, bevor der Sonnenfleck über Giseh auftauchte, an der Spitze der großen Pyramide eine Zeremonie, eine uralte Zeremonie, die seit über 4500 Jahren nicht mehr durchgeführt worden war.
    Judah, der auf der Plattform stand, hakte sich an einem langen Sicherungsseil fest, das ihm dabei helfen sollte, seine Höhenangst zu überwinden.
    Er blickte auf die Spitze der Pyramide und sah den dort eingemeißelten alten Vers:

Duckt euch vor Angst, schreit vor Verzweiflung,
    Ihr elenden Sterblichen,
    Denn was große Macht verleiht,
    nimmt sie auch wieder.
    Wenn nicht der Benben an heiliger Stätte,
    Auf heiligem Grund, in heiliger Höhe,
    Binnen sieben Sonnenaufgängen nach dem Erscheinen
    Des Propheten von Ra angebracht wird,
    Werden am Höhepunkt des siebenten Tages
    Die Feuer von Ras unerbittlichem Zerstörer
    Uns alle verschlingen.

    Neben der Inschrift, genau in der Mitte der steinernen Spitze, befand sich eine flache Vertiefung, eine in den Stein gehauene Gestalt. Der Kopf der etwa mannsgroßen Figur war verwittert und bröcklig, aber man konnte eindeutig erkennen, dass es sich um eine Darstellung von Anubis handelte, dem gefürchteten schakalköpfigen Gott der Unterwelt.
    Und im Herzen dieser Anubisfigur – genau in der Mitte der Spitze, im Mittelpunkt der Pyramide, war ein rundes, etwa tennisballgroßes Loch. Es sah aus wie ein steinerner Schmelztiegel.
    Judah kannte den Zweck dieses Tiegels. Hessler, der Nazi-Archäologe hatte ihn ebenfalls gekannt.

    DAS RITUAL DER MACHT

    AUF DEM HOHEN ALTAR DES RA,
    UNTER DEM HERZ DES GEOPFERTEN,
    WELCHER IN DEN ARMEN VON ANUBIS DEM
    RÄCHER LIEGT,
    GEBT IN DAS HERZ DES TOTENGOTTES
    EIN DEBEN VON EURER HEIMATERDE,
    SPRECHT DIE ALTEN WORTE DES BÖSEN,
    UND ALLE MACHT AUF ERDEN WIRD EUER SEIN
    AUF TAUSEND JAHRE.

    Gebt in das Herz des Totengottes
    Ein Deben von eurer Heimaterde …

    Ein »Deben« war ein altägyptisches Gewicht. Es entsprach 93 Gramm.
    Judah holte eine Glasphiole aus der Innentasche seiner Jacke. Sie enthielt bernsteinfarbene Erde, die aus der Wüste von Utah stammte, tief im amerikanischen Binnenland gelegen – Erdreich, das es in dieser Beschaffenheit nur in den Vereinigten Staaten von Amerika gab.
    Judah kippte genau 93 Gramm in den Tiegel. Ein Deben.
    Während er es mit stolzem Blick betrachtete, rief er seinen Männern zu: »Gentlemen! Bauen Sie den Schlussstein auf!«

    Stück um Stück setzten Judahs Männer den goldenen Schlussstein zusammen.
    Das größte Stück – das vom Pharos – kam zuunterst, und die Vertiefung in Form einer menschlichen Gestalt, die sich an der Unterseite befand, fügte sich genau auf die Anubisdarstellung auf der Pyramide.
    Außerdem führte von der einen Seite eine schmale Rinne in die Pyramidenspitze – da der Schlussstein flach auf der Spitze lag, entstand so ein niedriger Gang, durch den der »Geopferte« – eins der Kinder – in die Ausbuchtung in der Mitte kriechen konnte, wenn der Zeitpunkt gekommen war.
    Als ein Stück nach dem anderen aufgesetzt wurde, nahm der Schlussstein allmählich Gestalt an.
    Er war wahrhaft prachtvoll, gleißend und mächtig – eine goldene Krone auf einem ohnehin schon gewaltigen Bauwerk.
    Und natürlich waren die Kristalle, die mitten in den Schlussstein eingelassen waren, genau auf das Herz des Anubis gerichtet.
    Judah, dessen Augen vor Begeisterung funkelten, beaufsichtigte die Arbeiten.
    Und dann wurde das letzte Stück angebracht, das pyramidenförmige oberste Stück, das Stück, das er erst an diesem Morgen dem Grab von Alexander dem Großen entnommen hatte …
    … und zum ersten Mal seit fast fünf Jahrtausenden war der Schlussstein wieder

Weitere Kostenlose Bücher