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Das Tattoo

Das Tattoo

Titel: Das Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
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Gedanken zu lesen. Sein Gesichtsaus druck war höflich distanziert. Frankie hätte schreien mögen.
    „Ihre Frau friert”, sagte die Krankenschwester über Frankies Kopf hinweg zu Clay.
    Clay schaute auf Frankies gekrümmte Schultern.
    „Entschuldige, Honey, ich war in Gedanken,” sagte er, wäh rend er eilig sein Sakko auszog.
    Als Frankie aus dem Rollstuhl aufstand, um zum Auto zu ge hen, hielt Clay ihr das Jackett so hin, dass sie in die überlangen Ärmel hineinschlüpfen konnte.
    Wieder musste sie sich Mühe geben, nicht zu weinen. Er hatte sie Honey genannt. Bedeutete das, dass er anfing, ihr zu vergeben, oder hatte er es nur aus Gewohnheit gesagt?
    „Fahren Sie vorsichtig”, ermahnte ihn die Krankenschwester, während sie Clay half, Frankie auf den Beifahrersitz zu bugsie ren.
    „Jawohl, Ma’am”, sagte Clay.
    Wenig später waren sie auf der Straße. Clay rang sich ein Lä cheln ab und legte ihr wortlos kurz die Hand aufs Knie. Frankie versuchte gar nicht erst, sich einzureden, dass zwischen ihnen al les gut wäre. Eigentlich hätte sie bei dem Gedanken, endlich wie der nach Hause zu kommen, von Hochstimmung erfüllt sein müssen, doch sie verspürte nur eine fast überwältigende Panik. Und dennoch gab es da ein Gefühl von absoluter Gewissheit. Auch wenn sie sich nicht an die letzten beiden Jahre erinnern konnte, erinnerte sie sich doch der Liebe zu ihrem Mann. Sie war sich hundertprozentig sicher, dass sie Clay nicht freiwillig verlas sen hatte. Das hätte sie nie und nimmer getan. Unter gar keinen Umständen. Auch wenn Clay das glaubte.
    Als  Clay bei einer roten Ampel anhielt, wurde Frankie
    schlagartig noch eine weitere Tatsache bewusst. Vorausgesetzt, sie war nicht freiwillig weggegangen, was für eine Garantie gab es dann, dass es nicht wieder passierte? Gott, was für ein Chaos.
    „Clay?”
    Er schaute gedankenverloren auf die rote Ampel, während er darauf wartete, dass sie auf Grün umsprang.
    „Hm?”
    „Ich habe keinen Job mehr, oder?”
    Clay wirkte überrascht. „Aber nein, Honey.” Gleich darauf fügte er fast entschuldigend hinzu: „Zwei Jahre sind auch für den tolerantesten Arbeitgeber zu viel.”
    Sie dachte an ihre Stelle in der Bibliothek, dann wandte sie den Blick ab. „Ich habe gern dort gearbeitet.” Sie ballte ihre Hän de zu Fäusten, als die Ampel umschaltete und Clay über die Kreuzung fuhr. „Sobald es mir besser geht, werde ich mich nach einem neuen Job umsehen.”
    Er runzelte die Stirn. Wie sollte er sie beschützen, wenn sie je den Tag zur Arbeit ging? „Das hat keine Eile”, wandte er hastig ein.
    „Aber wir werden das Geld brauchen. Immerhin bezahlen wir damit… ich meine, damit haben wir früher sämtliche Neben kosten bezahlt.”
    Um sie nicht zu verletzen, wählte Clay seine Worte sorgfältig. „Jetzt ist alles ein bisschen anders. Wir brauchen das Geld nicht unbedingt, Ich habe vor einer Weile die Firma von Dad über nommen. Sie läuft gut. Mit einer Stelle hat es also keine Eile.”
    Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Dann war also in der Zwischenzeit einer ihrer Träume in Erfüllung gegangen, ohne dass sie etwas dazu beigetragen hatte. Sie fühlte Angst in sich auf steigen. Was hatte sich in ihrer Abwesenheit sonst noch verän dert? Bitte, Gott, mach, dass er mich noch liebt.
    Ein paar Minuten verstrichen, und das Schweigen wurde im mer erdrückender. Einfach nur, um etwas zu sagen, bemerkte Frankie schließlich: „Was hast du eigentlich mit meinen Kleidern gemacht?”
    Clay biss die Zähne zusammen. „Die Sachen sind alle im Gäs tezimmer. Mom hat sie irgendwann aus dem Schlafzimmer schrank ausgeräumt, in die Reinigung gegeben und anschließend weggepackt.”
    „Alle?”
    Er nickte.
    „Das heißt, ich habe nichts mitgenommen?”
    Er stutzte, dann schüttelte er den Kopf.
    „Und das kam dir gar nicht seltsam vor?” fragte Frankie ver wundert.
    Er holte Luft, verärgert über die Anklage, die in ihrer Frage mitschwang. „Hör auf damit, Francesca. Du weißt nicht, was du redest. Ich kam einen Tag nach meinem ersten Hochzeitstag nach Hause und freute mich darauf, meine Frau zu sehen. Doch alles, was ich vorfand, waren eine zerbrochene Kaffeetas se auf dem Küchenfußboden und Blut im Bad. Eine Stunde später verdächtigte man mich, etwas mit deinem Verschwinden zu tun zu haben, also erzähl mir nichts von ,seltsam’. Das war alles mehr als seltsam.”
    Clay hatte noch nicht ausgeredet, da begann Frankie schon zu zittern. Sie konnte

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