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Das Teehaus im Grünen

Das Teehaus im Grünen

Titel: Das Teehaus im Grünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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einen Tea-Room betreibt, ist der Kunde König!
     
     
     

12
     
    Nur kurz hatte Lucy Seymours Gesicht gesehen, als er zu seinem Auto ging, und sie vermied es, Vicky anzuschauen, die jetzt in die Küche kam. Drei Minuten später tauchte sie aus dem Badezimmer wieder auf. Alle Tränenspuren waren verschwunden; heiter sagte sie: »Unser lieber James war schlechter Laune. Ich nehme an, er kommt ein andermal, um dir zu helfen.«
    Lucy beschäftigte sich mit ihrem Servierbrett; sie nickte nur und fragte: »Gute Aussichten für Dan?«
    »Er hat so ungefähr angedeutet, daß Nan sich keine Sorgen zu machen brauche. Da wird sie heilfroh sein.«
    »Sag es ihr nur bald!«
    »Mir hängt die Sache zum Hals heraus! Sei du doch bitte so gut und erzähle es ihr heute abend.«
    Der Ton in ihrer Stimme sagte genug. Irgend etwas war schief gegangen. Als später der Tea-Room geschlossen war, nahm Lucy einen neuen Anlauf und fragte: »Erzähl doch, was mit Seymour los war. Du hast ihn doch nicht etwa angeschwindelt?«
    »Nein, aber jetzt tut’s mir fast leid, daß ich’s nicht getan habe. Ich habe nämlich eine schreckliche Wut auf ihn. Er hat die verrückte Idee, daß ich in Dan verliebt sei. Ausgerechnet in Dan! Schon der Gedanke an ihn verursacht mir Magendrücken.«
    Über diesen hitzigen Ausbruch mußte sie selbst lachen. »Ach, Lucy, ich rede daher wie eine dumme Gans! Natürlich ist Dan mir nicht zuwider, aber es ist eben alles ein ziemlicher Mist! Außerdem hat sich Seymour idiotisch benommen.«
    »Was hat er denn getan?«
    »Er hat mich gefragt, ob mir viel an Dan läge. Ich war so überrascht und... na, so enttäuscht, daß ich zuerst keine Antwort fand. Weißt du, ich merkte, daß ich alles falsch gemacht hatte, so daß er wirklich glauben konnte... Na ja, Schwamm drüber! Es ist eben so: wenn er das von mir glaubt, dann kennt er mich nicht, und dann — dann liebt er mich auch nicht. Ich riß mich zusammen und wollte ihm gründlich Bescheid sagen, aber da stakste er schon davon. Er ließ mir einfach keine Zeit, dieser schreckliche Mensch. Jetzt ist er wieder genauso unausstehlich wie am Anfang. Ich wünschte nur, ich hätte nicht...« Sie brach ab, um von Mrs. Kelston und ihren Bienen zu erzählen.
    Doch Lucy fand die Geschichte keineswegs komisch. Ungehalten sagte sie: »Das geht zu weit von der alten Dame. Allmählich wird sie richtig lästig. Sie unterbricht deine Gespräche mit Seymour, und in den Schränken hat sie auch wieder herumgesucht. Sie ist wirklich ein bißchen konfus. Heute hat sie einen jungen Mann angehalten und zu ihm gesagt, er röche nach Schnaps. Das traf zwar zu, aber es ging sie ja nichts an. Dann hielt sie ihm eine lange Predigt über die Gefahren des Alkohols.«
    Vicky lachte. »Wie gut, daß ich das Etikett von der Kognakflasche abgekratzt habe! Sie würde sich sonst einbilden, wir wären heimliche Säufer!«
    »Noch kann man darüber lachen, aber ich hoffe doch, daß ihre Haushälterin bald wieder ihren Dienst antritt. Ich möchte Harry nicht sagen, daß sie uns allmählich auf die Nerven geht. Er ist so dankbar, und er bezahlt auch gut; aber ich will froh sein, wenn seine Mutter abzieht... Doch jetzt muß ich gehen und der dummen kleinen Nan sagen, daß sie nicht mehr zu jammern braucht.«
    Unterwegs fiel ihr ein, daß Vicky den früheren Besitzer ihres Hauses noch immer »Mr. Seymour« nannte. Lucy selbst war nicht darauf erpicht, die Leute beim Vornamen zu nennen, aber es war doch seltsam, daß Vicky jemanden mit »Mister« anredete. Lucy konnte sich nicht erinnern, daß ihre Freundin einen Mann unter fünfzig so bezeichnet hätte, auch wenn sie ihn erst drei Tage kannte. Vickys Empfindungen mußten in diesem Fall ernsthafter sein als je zuvor. Und jetzt war da etwas schiefgegangen! Ein heftiger Zorn über Nan stieg in ihr hoch.
    An Nans Haustür blieb sie stehen und blickte durchs Fenster. Es bot sich ihr ein friedliches, aber kein glückliches Bild. Nan blätterte gleichgültig in einer Zeitung, und Jack war in ein Buch vertieft. Sie hatten keinen Streit, aber innerlich schienen sie meilenweit voneinander entfernt zu sein. Ärgerlich dachte Lucy an Dan, der jetzt vielleicht einen kleinen Einsatz beim Rennen riskierte oder mit einem Mädchen in einer Bar flirtete. Er fragte kaum danach, wieviel Kummer er über drei Menschen gebracht hatte. Er ist es einfach nicht wert, sagte sie sich. Er wird immer wieder in Schwierigkeiten geraten, sich ungestraft davonmachen und die anderen für sich

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