Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
auch auf
biologische Landwirtschaft umstellt.“
„Und was ist daran so schlimm?
Ich meine, was hat das mit Lübbo zu tun?“
„Lübbo war immer ein überzeugter
Vertreter der konventionellen Landwirtschaft. Je mehr Pestizide und chemischer
Dünger desto besser. Auf die Biobauern hat er immer nur verächtlich hinabgeschaut,
sie als Ökospinner beschimpft und ihnen ausrichten lassen, sie sollten doch
zurück auf die Bäume ziehen, wenn sie mit dem Segen des Fortschritts nicht zurecht kämen.“
„Das passt zu ihm. Was er sagt
und macht ist Gesetz und alles andere ist Blasphemie.“
„Ja. Und jetzt das. Immo arbeitet
heute nach noch viel strengeren Kriterien als ich. Sein Vater spricht deshalb
kein Wort mehr mit ihm. Und mir gibt er die Schuld an allem. Wissen Sie, ich
war der erste Landwirt, der seinen Hof umgestellt hat. Für meinen Vater war das
o. k. Er sagte, ich solle das machen, was ich für richtig halte, schließlich
habe alles seine Zeit.“
„Gesunde Einstellung.“
„Jo, da hab ich Glück gehabt.
Meine Eltern sind nach Hinte gezogen, schauen aber regelmäßig vorbei. Mein Vater
ist dann immer ganz neugierig, was ich mir wieder Neues hab einfallen lassen.“
„Und Sie meinen, aus Rache dafür,
dass Sie Immo Krayenborg zum Biobauern gemacht haben, will Lübbo Sie jetzt in
den Ruin treiben?“
„So sieht’s aus. Ich weiß nicht,
wer oder was sonst hinter der Sabotage stecken könnte.“
„Klingt einleuchtend. Aber wie
kommt Lübbo an das Zeug ran, an die Hormone?“
„Ach, wissen Sie, Lübbo hat so
seine Kontakte. Und bestimmt ein paar Leute, die ihm noch was schuldig sind.
Oder die er erpressen kann. Der hat soviel Dreck am Stecken, dass es für drei
reicht, da bin ich sicher.“
„Er oder sein Mittäter müssten
sich Zugang zu Ihrem Stall verschafft haben.“
„Das ist kein Problem. Der steht
Tag und Nacht offen. Wir leben hier ja schließlich nicht in Chicago.“
Fast kommt es mir so vor, dachte
Scherrmann, sagte aber nichts.
„Sie sollten ihn anzeigen.“
„Ich habe keine Beweise.“
„Sie haben seine Aussage. Gibt es
dafür Zeugen?“
„Ja. Immo stand daneben, als er
mir gedroht hat.“
„Würde er gegen seinen Vater aussagen?“
„Müsste ihn fragen. Kann sein,
kann auch nicht sein.“
„Nun, dann fragen Sie ihn.“
„Würden Sie mich als Anwalt
vertreten, Herr Scherrmann?“
Ohne zu überlegen schüttelte
Scherrmann den Kopf. „Nein. Ich habe meine Zulassung als Rechtsanwalt
zurückgegeben. Ich möchte jetzt nur noch meinen Ruhestand genießen. Außerdem
wäre so eine Sache auch gar nicht mein Spezialgebiet. Aber ich könnte mich mal
in der Szene umhören, wer für einen solchen Fall infrage käme. Allerdings kenne
ich mich in Ostfriesland nicht so gut aus. Ich kann es aber versuchen.“
„Das ist nett, danke. Ich denke,
dass ich gleich morgen zur Polizei gehe und Anzeige erstatte. Selbst wenn
nichts dabei herauskommt, soll Lübbo doch sehen, dass er nicht einfach machen
kann, was er will.“
„Kann er nicht?“, fragte
Scherrmann sarkastisch. „Ich habe in den Monaten, die ich hier lebe, eigentlich
den Eindruck gewonnen, dass er hier Narrenfreiheit hat.“
„Ja“, sagte Eike Diekhoff leise,
blieb abrupt stehen und richtete seinen Blick starr auf einen imaginären Punkt
am Horizont. „Das hat er. Aber damit ist nun Schluss. Endgültig.“
3
Luise Alberts war eine geduldige
Frau. Und das war auch gut so, denn ansonsten hätte sie das hektische Leben als
Landtierärztin wohl nicht unbeschadet überstanden. Doch seit einigen Tagen ging
ihr etwas gewaltig gegen den Strich. Irgendwas lief schief in ihrem Leben. Sie
hatte nicht mehr alles im Griff, und das war sie nicht gewohnt. Sie war eine
Frau, die anpacken konnte, die sich schon mit so manch wild gewordener Kuh oder
tyrannisch veranlagtem Ziegenbock angelegt hatte und aus den
Auseinandersetzungen mit bissigem Kleinvieh, wie Mäusen, Frettchen oder Ratten,
die zu ihr in die Sprechstunde gebracht wurden, in der Regel als Siegerin
hervorging.
Und auch in der von Männern
dominierten landwirtschaftlichen Szene hatte sie sich nach nicht unerheblichen
Anfeindungen und Beleidigungen in der Anfangszeit als Tierärztin Anerkennung
und Respekt verschafft. Wie hatten diese Machos gegrient, als sie ihre
Antrittsbesuche bei den Bauern in der Krummhörn und in der Gemeinde Hinte
gemacht hatte! Selbst Wetten hatten sie darauf abgeschlossen, ob sie, die 1,65
Meter kleine und zierliche Person mit den
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