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Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Titel: Das Testament der Jessie Lamb: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Rogers , Norbert Stöbe
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sich im Koma. MTS zerfrisst ihr Gehirn.«
    »Sie tun das, wofür sie sich entschieden haben.«
    Er setzte sich auf einen Hocker und stützte die Ellbogen auf den Arbeitstisch. Er legte den Kopf auf die Hände und blickte auf das dunkle Holz nieder.
    »Dad?«
    »Mir wird schlecht davon.«
    »Warum?«
    »Das sind lebende Tote. Zombies. Maschinen beatmen ihre Lunge. Und dann kommen ihre Mütter sie besuchen und sitzen bei ihnen, halten Händchen und kämmen ihnen das Haar …«
    »Das macht es den Müttern leichter, damit fertigzuwerden.«
    »Du findest das wirklich nicht abstoßend?«
    »Du hast selbst gesagt, wenn neues Leben entstehen soll …«
    »Weißt du, was anschließend mit ihnen passiert? Nachdem man ihnen das Kind herausgenommen hat?«
    »Sie werden abgeschaltet.«
    »Manche Familien wollen glauben, da wäre noch eine Persönlichkeit vorhanden. Sie erhalten dieses … dieses Stück Fleisch am Leben und wiegen sich in der trügerischen Hoffnung, eines Tages könnte es auf wundersame Weise zu neuem Leben erwachen.« Sorgfältig stellte er den Hocker unter den Tisch. Er hob den nächsten an und stellte auch ihn unter den Tisch, ohne dass die Füße am Boden schleiften. In dem Freiraum, den er geschaffen hatte, ging er auf und ab. »Ich weiß nicht, wie ich mich dir verständlich machen soll.«
    »Ich verstehe dich, Dad. Ich bin bloß anderer Meinung.«
    »Du glaubst, du hättest so was wie eine Bestimmung.«
    »Ich weiß, was ich will.«
    »Nein, tust du nicht. Du lebst in einer Fantasiewelt und spielst die Rolle der Heldin.«
    »Ich tue das, wofür ich mich entschieden habe.«
    »Du willst die Welt retten.«
    »Was ist falsch daran?«
    Er seufzte genervt. »Du bist zu jung, um das zu verstehen. Die Menschen werden schon irgendwie zurechtkommen.«
    »Ich will nicht zurechtkommen. Ich möchte einen nützlichen Beitrag leisten.«
    »Du wirst ein Fleischklumpen sein, den andere Leute waschen und umdrehen müssen!«
    Wir starrten einander hoffnungslos an, dann ging ich zu ihm und schloss ihn in die Arme. Nach einer Weile erwiderte er die Umarmung. »Das ist so dumm«, sagte er leise. »Dieses ganze Gerede über den Tod. Bitte, Jess, das muss aufhören.«
    »Ich kann jetzt nicht aufhören. Du hast es selbst gesagt – es ist ein Beitrag zum Überleben der Menschheit.«
    »Ich werde dich einsperren müssen, bis du zur Vernunft gekommen bist.«
    Das sagte er ganz ruhig und voller Bedauern, als dächte er das nicht zum ersten Mal. Und wenn ich einen Funken Verstand gehabt hätte, dann hätte ich ihm geglaubt. »Das wäre Freiheitsberaubung.«
    »Nicht unbedingt. Wenn junge Leute von gefährlichen Sekten indoktriniert werden, engagieren ihre Eltern Experten, die sie umprogrammieren.«
    »Du weißt, dass ich nicht indoktriniert wurde. Gegen meinen Willen könntest du mich nicht gefangen halten.«
    »Wenn ich dich nicht mit Argumenten überzeugen kann, welche Wahl bleibt mir dann?« Eine Zeitschaltuhr klingelte, und er sah zu den Heizöfen hinüber. »Wir müssen die Unterhaltung heute Abend fortführen.« Er begann herumzukramen.
    »Es gibt nichts mehr zu sagen«, erwiderte ich und zog meine Jacke an. Er begleitete mich zum Ausgang und ließ mich auf den Parkplatz hinaus. Es nieselte, und ich hatte keinen Regenschirm dabei. Ich ging zur Bushaltestelle. Das nasse Haar klebte mir am Kopf, und kleine Rinnsale liefen mir am Hals hinunter. Ich spürte das unebene Pflaster unter den Schuhsohlen und die Wassertropfen, die auf meinem Gesicht landeten. Dabei stellte ich mir vor, im Dunkeln dazuliegen, während die große Zischmaschine mir Luft in die Lunge pumpte. Ich wäre nicht tot, denn irgendetwas in mir, ein kleiner grüner Schatten, würde leben und wachsen. Ich würde daliegen und mein Kind ins Leben träumen.
    Ich war erst eine halbe Stunde zu Hause, da klingelte das Telefon. Sal. Sie plapperte gleich los, ohne mich überhaupt zu Wort kommen zu lassen. »Jess, tu’s nicht. Baz hat’s mir erzählt. Du darfst das nicht machen.«
    Baz – also, wundern tat es mich nicht.
    »Jess, hör mir mal zu. Es geht nicht nur darum, dass ich dagegen bin. Glaub mir, du würdest dich in Gefahr begeben …«
    Ich konnte mir kaum vorstellen, dass es für mich noch gefährlicher werden könnte, als es bereits war. Seit ihrer Vergewaltigung war Sal gegen alles, da war nichts zu machen. Ich konnte ihr nicht helfen. Ich sagte ihr, ich würde einen Anruf meines Dads erwarten.
    »Wusstest du, dass FLAME Kliniken mit Schlafenden Schönen aufs

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