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Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Titel: Das Testament der Jessie Lamb: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Rogers , Norbert Stöbe
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Korn nimmt?«
    »Am Krankenhaus, in dem mein Vater arbeitet, sind Blockierer aufgetaucht. Aber es kommen trotzdem noch Leute rein und raus.«
    »Einstweilen noch. Aber die Taktik wird sich bald ändern. Sie wollen mehr Gewalt anwenden.«
    »Hör mal, Sal, ich bin mir sicher, dass ich in die Klinik reinkommen werde, und wenn ich erst mal drin bin, kann mir FLAME nichts mehr anhaben.«
    »Sie wissen noch nichts von dem Implantationsprogramm.«
    »Und?«
    »Stell dir vor, was für ein Coup es wäre, wenn sie das stoppen könnten.«
    »Wenn sie nichts davon wissen, können sie es nicht stoppen.«
    »Ich könnte ihnen davon berichten.«
    Ich stellte mir das friedliche Gesicht der Schlafenden Schönen vor, an deren Bett ich zuerst gesessen hatte. Sal war meine Freundin. »Ich vertraue dir«, sagte ich. »Sal, ich vertraue darauf, dass du mein Geheimnis wahrst.« Ich legte auf. Dann wählte ich Dads Labornummer, doch er ging nicht ran.
    Eine Weile tigerte ich auf und ab, machte mir ein Käsesandwich und sah Nachrichten. Das Gelände des Wettenhall-Labors war noch immer abgeriegelt, aber die Schnellstraße war endlich geräumt. Ein Kommentator sagte, die Tierexperimente würden beendet, ein anderer meinte, es sei noch keine Entscheidung gefallen und die Regierung werde in Kürze eine Erklärung abgeben. Die Polizei hatte 87 Personen festgenommen und in ein Gefängnislager für Terroristen im Lake District gebracht. Es wurde über die rechtlichen Grundlagen der in Wettenhall betriebenen Forschung gestritten, und man fragte sich, ob die Spenderinnen gegen die Firma klagen würden. Nachdem im Londoner Büro ein Brandsatz hochgegangen war, stand zu vermuten, dass dies eine ihrer kleineren Sorgen war.
    Ich beschloss, Baz zu besuchen.
    Dieser Zeitpunkt war so gut und so schlecht wie jeder andere; er hatte allen Grund, mir böse zu sein. Doch ich stellte mir vor, wie er mich in die Arme schließen würde, und sei es auch nur für einen Moment. Ich wollte, dass er mich an sich drückte. Ich redete mir ein, wenn er eine gute Erinnerung an unsere letzte Begegnung hätte, wäre es leichter für ihn, wenn ich nicht mehr da wäre.
    Als ich bei ihm schellte, machte seine Mum auf. Ich musste lächeln, denn ich hörte ihn Klavier spielen. Sie sagte, sie wolle ihn rufen, doch ich meinte, es sei schon in Ordnung, ich wolle zu ihm gehen. Als ich schon auf der Treppe war, sagte sie: »Ich glaube, er hat Besuch.« Ich klopfte, doch da ich wusste, dass er mich beim Spielen nicht hören würde, öffnete ich die Tür. Baz hatte sich ganz versunken über die Klaviertasten gebeugt. Die Person im Bett schaute hoch und erwiderte meinen Blick. Rosa.
    Ich war wie erstarrt. Dann lief ich die Treppe hoch und stürmte ins Freie. Ich rannte bis nach Hause. Ich setzte mich auf mein Bett und schnappte nach Luft. Mein Herz trommelte gegen den Brustkasten, als wollte es herausspringen.
    Den ganzen Nachmittag lang saß ich einfach nur da. Mir fiel nichts ein, was ich hätte tun können. Jeder Gedanke verdorrte schon im Entstehen und erstarb, bevor ich ihn zu Ende gedacht hatte. Wie lange ging das mit Baz und Rosa schon? Weshalb hatte sie mich gefragt, ob ich noch immer mit ihm befreundet sei? Hatten die beiden über mich geredet? Ich konnte mich nicht rühren, konnte mich nicht mal in das Federbett hüllen, obwohl mir kalt war. Es dämmerte und wurde dunkel. Mein Handy klingelte. Erst wollte ich nicht rangehen, dann tat ich es doch.
    »Du wolltest mit mir sprechen«, sagte er.
    »Ja.«
    » Sie wollte das auch.«
    »Warum?«
    »Sie war aufgeregt.«
    »Aber warum du ?«
    »Weshalb sollte dir das was ausmachen?«
    »Tut es halt.«
    »Es gibt keinen Grund, weshalb ich mich nicht mit ihr treffen sollte.«
    »Weshalb bist du ihr nicht böse?«
    Baz seufzte.
    »Ihre Gründe für die Teilnahme am Programm sind verrückt. Sie ist verrückt. Glaubst du wirklich …« Ich brach in Tränen aus. Ich wollte nicht weinen, konnte aber nichts dagegen tun. »Magst du sie wirklich?«
    »Ihre Gründe sind nicht verrückter als deine.«
    »Baz? Baz?« Ich konnte es nicht glauben. Ich wollte, dass er begriff, dass ich , Jessie, mit ihm sprach.
    »Ihr Freund hat sie geschlagen. Sie hat sonst niemanden.«
    »Hast du mich jemals geliebt?«
    »Was hat das damit zu tun?«, erwiderte er gereizt. »Welchen Sinn hat es, überhaupt jemanden zu lieben?«

27
    Ich konnte Mum nicht dazu bewegen, mich zu den Müttern für das Leben zu begleiten. Sie meinte, das sei ihr unerträglich, und ich

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