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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Kahn
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Ausbildungslager für tibetische Freiheitskämpfer in Colorado
     und Okinawa. Außerdem wurden Waffen für die Kampas abgeworfen. Mehr kann ich leider dazu nicht sagen, aber die CIA wird Ihnen
     das heute sicher bestätigen.«
    Decker schüttelte den Kopf.
Ein Guerillakrieg in Tibet.
»Eine Sekunde, Exzellenz, was sagt denn der Dalai Lama zu der Sache mit der CIA?«
    »Oh, er behauptet, er hätte es nicht gewusst und sein Bruder hätte es hinter seinem Rücken durchgezogen.«
    »Und wie ist es ausgegangen?«
    »Nun, die Kampas hatten es beinahe geschafft. Sie hatten die übermächtigen Truppen der Volksrepublik China in die Knie gezwungen.
     Eine Schande für Mao und das Land der Mitte. Die Chinesen waren dabei, ihr Gesicht zu verlieren. Das müssen Sie sich mal vorstellen.
     Ein wilder Haufen mittelalterlicher Reiter schlägt die größte Armee der Welt. Deswegen war der General wohl auch ein bisschen
     gereizt an der Stelle.«
    »Und warum ist es dann anders gekommen?«, fragte Decker.
    »Die hohen Lamas in Lhasa haben die Kampas gestoppt. Alles, woran sie dachten, war die Rettung ihrer Vermögen und ihrer Privilegien,
     deren Erhalt ihnen die Chinesen in Aussicht gestellt hatten.«
    |206| Decker war tief betroffen.»War das wirklich so?«
    »Ja. So wie ich die tibetische Regierung kennengelernt habe, bestand sie aus habgierigen, eifersüchtigen Memmen. Sie fürchteten,
     dass eine Kooperation mit den Kampas zu ihrem Sturz führen würde. Sie wussten ja um den alten Hass.«
    »Aber von den geflohenen Lamas haben doch viele ihren Willen zum gemeinsamen Widerstand geäußert.« Der ehemalige Botschafter
     lachte bitter. »Lippenbekenntnisse im sicheren Exil. Aber als es an der Zeit war zu handeln, haben sie die Rebellion der Kampas
     gebremst.«
    »Und der Dalai Lama?«
    »Sehen Sie, genau an der Stelle hätte er Geschichte schreiben können. Ein einziges Wort vom Dalai Lama in dieser Situation,
     eine einzige verdammte Proklamation, und ganz Tibet hätte sich gegen die Chinesen erhoben. Das Versagen des Dalai Lama, das
     zu erkennen, sein Versagen zu handeln und seine Leute in den Krieg zu führen, das ist die größte aller Tragödien Tibets.«
     Sir Reginald atmete schwer. »Es ist eine gewaltige Schuld, die der Dalai Lama auf sich geladen hat. Ich möchte nicht in seiner
     Haut stecken.«
    Decker machte seine Notizen. »Man könnte einwenden, dass er Gewalt nicht mit Gewalt beantworten wollte.«
    Sir Reginald sah Decker über die Kamera an. »Nun ja«, sagte er schließlich. »Man muss ihm vielleich zugutehalten, dass er
     damals noch sehr jung war. Vielleicht hat er den ganzen Unsinn über den friedfertigen Buddhismus tatsächlich geglaubt, obwohl
     er die brutale Vergangenheit seines Ordens gekannt haben muss. Und es hat ihm wohl auch geschmeichelt, dass Mao ihn mit Nehru
     und anderen Größen der Weltpolitik bekannt gemacht hat.«
    |207| »Und der Westen?«, fragte Decker. »Sie waren doch damals gewissermaßen die Schutzmacht von Tibet.«
    Der Botschafter wirkte plötzlich verlegen. »Niemand im Westen wusste, was wirklich in Tibet los war.«
    Decker beschloss, es dabei zu belassen. Nachdem er schon den chinesischen General verärgert hatte, wollte er es sich nicht
     auch mit diesem Zeugen verderben. »Das heißt zusammenfassend«, sagte er vorsichtig, »Lhasa hatte zweimal die Möglichkeit,
     den Krieg und die Besetzung zu verhindern. Es gab eine diplomatische und eine militärische Lösung. Der Dalai Lama hat beide
     Chancen verspielt. Am Ende ihrer Geschichte waren es die alten Machtkreise, die ihr eigenes Land an die Chinesen verkauft
     haben. Vielleicht hätten sie den 14.   Dalai Lama auch beseitigt, wenn er ihnen in die Quere gekommen wäre, so wie seine Vorgänger.«
    Woodham blickte traurig in die Kamera. »Genauso ist es. Ich halte das für eine der größten Katastrophen, die Asien je erlebt
     hat.«
    »Wie haben denn die Kampas darauf reagiert? Haben sie aufgegeben?«, fragte Decker.
    »Ganz im Gegenteil. Die Kampas sind Kämpfer, und sie trafen die einzig richtige Entscheidung. Sie erkannten, wo ihre Feinde
     saßen. Lhasa musste erobert und der Unterwürfigkeit des Puppenkabinetts gegenüber China ein Ende gesetzt werden. Was folgte,
     ist eine der am wenigsten bekannten Revolutionen des letzten Jahrhunderts. Die Guerillas organisierten sich neu, vernichteten
     den größten Teil der in Lhasa stationierten chinesischen Regimenter, stellten den Dalai Lama unter Hausarrest und setzten
     ihm ein

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