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Das Tor ins Nichts

Titel: Das Tor ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Hatte es mit der Vision zu tun, die ich gehabt hatte? Und wenn ja, welche Rolle spielte Priscilla dabei? Und wozu brauchte DeVries all dieses Gold? Fragen über Fragen, aber keine Antworten.

    Als ich dabei war, mich abzutrocknen, schrillte das Telefon.
    Ich ließ das Handtuch fallen, fuhr herum, stürmte aus dem Bad und stolperte über den Kater, der mit einem erschrockenen Kreischen davonschoß. Hastig rappelte ich mich wieder hoch und riß den Hörer von der Gabel. »Frans?« rief ich. »Du mußt …«
    »Ich bin es«, unterbrach mich eine weibliche Stimme. »Priscilla.«
    Eine Sekunde lang starrte ich den Telefonhörer in meiner Hand verblüfft an »Pri …?«
    »Hast du jemand anderes erwartet?« fragte Pri. Ihre Stimme klang sonderbar. Eine schwer zu beschreibende Erregung ließ sie zittern.
    »Nein, nein«, stammelte ich. »Oder doch, aber das macht nichts. Was gibt es?«
    Pri zögerte einen Moment. »Ich wollte dich … einfach nur sprechen«, sagte sie. Sie war keine sehr gute Lügnerin. Selbst ohne meine magische Fähigkeit, Lüge von Wahrheit zu unterscheiden, hätte ich gemerkt, daß dies nicht der einzige Grund für ihren Anruf war. Aber ich schwieg, und nach einigen Sekunden fuhr sie von selbst fort: »Nein, das stimmt nicht, Robert. Ich … o verdammt, ich weiß einfach nicht, wie ich anfangen soll.«
    »Was ist passiert?« fragte ich. »Du klingst verängstigt. Hattest du Streit mit deinem Vater?«
    »Nein«, antwortete sie eine Spur zu hastig. »Oder doch, ja, aber deshalb rufe ich nicht an. Ich … ich habe schon geschlafen, und ich hatte einen Traum. Ich weiß, es klingt albern, aber …«
    Für mich hörte es sich ganz und gar nicht albern an, sondern eher erschreckend. Hinter meiner Stirn begann eine ganze Batterie von Alarmsirenen zu heulen. »Was für ein Traum?«
    fragte ich.

    »Es war … schrecklich«, sagte Pri stockend. »Ich … ich hatte solche Angst. Angst um dich, Robert. Du bist in Gefahr.«
    »Gefahr?« Ich versuchte aufmunternd zu klingen, scherzhaft, aber es mißlang mir kläglich. Mein Gaumen war plötzlich so trocken, daß ich kaum reden konnte. »Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll«, fuhr Pri fort. »Es war … alles war schwarz, und da war … ein Ungeheuer. Und ich spürte, daß du in entsetzlicher Gefahr bist, Robert. Und … und es hörte nicht auf. Ich meine, ich … ich bin aufgewacht, aber ich habe immer noch Angst um dich.«
    Das Herz klopfte mir bis zum Hals. Meine Vision und Pris Traum … Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
    Nein, Priscilla war kein gewöhnliches Mädchen, und gerade ich hätte das schon längst erkennen müssen.
    »Ich muß mit dir sprechen, Pri«, sagte ich. »Am besten gleich morgen in der Früh. Kannst du herkommen? Um ein Uhr im Restaurant des Hauptbahnhofes. Schaffst du das?«
    »Natürlich«, antwortete Pri verwirrt. »Aber warum …«
    »Bitte, Pri, frag jetzt nichts«, unterbrach ich sie. »Ich kann es dir nicht am Telefon erklären, aber was du erlebt hast, das war mehr als ein Alptraum.«
    »Dann bist du wirklich in Gefahr?« keuchte sie.
    »Ich fürchte, nicht nur ich, sondern wir beide«, antwortete ich, so ernst ich nur konnte. »Komm morgen zu mir, und bitte sag niemandem etwas davon. Auch nicht deinem Vater.
    Versprochen?«
    »Versprochen«, antwortete Pri, und ich hängte ein, ehe sie auch nur ein weiteres Wort sagen konnte. Allmählich begann alles einen Sinn zu ergeben. Die einzelnen Teile des Puzzles fügten sich zu einem Bild zusammen, das ich zwar erst in Umrissen erkennen konnte, das aber immer deutlicher wurde.
    Hastig zog ich mich an und wählte noch einmal Frans’
    Nummer, und diesmal meldete er sich gleich nach dem ersten Klingeln. Ich erzählte ihm in Stichworten, was geschehen war, und bat ihn, in seiner Pension auf mich zu warten. Dann rief ich den Portier an und trug ihm auf, mir ein Taxi zu bestellen.

    Aus der Gracht schlug mir ein eisiger Hauch entgegen, als ich auf die Brücke hinaustrat, und die Dunkelheit schien intensiver zu werden, als sauge das schwarze Wasser im Kanal auch noch das letzte bißchen Licht auf, das der Mond und die Sterne spendeten. Ich schauderte und sah mich nach beiden Seiten hin um.
    Aber die Straße war leer. Für einen ganz kurzen Moment glaubte ich, eine schattenhafte Gestalt zu erkennen, ein Klirren zu hören, ein Geräusch wie Stahl, der über harten Stein scharrt.
    Aber als ich genauer hinsah, war der Schatten verschwunden, und das metallische Klirren wurde zum

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