Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
»Und eine Prinzessin habe ich noch nie gesehen.«
»Pff!«, entfuhr es Arthur herablassend. Nachdem er mit dem Rupfen der Enten fertig gewesen war, hatte er Catlin deutlich zu verstehen gegeben, wie ungerecht er es fand, dass er Frauenarbeit hatte erledigen müssen, während sie bei den Männern hatte bleiben dürfen, obwohl sie doch nur ein Mädchen war. Catlin bedachte ihn darum nur mit einem kurzen herablassenden Blick und strafte ihn dann erneut mit Nichtachtung.
»Was hältst du davon, wenn wir dich mitnehmen?«, schlug Richard vor. »Ich meine, wenn dein Vater es erlaubt«, fügte er rasch hinzu und blickte fragend zu seinem Onkel hinüber. »Im Anschluss an die Feierlichkeiten in London wird sich der König mit Abt Hugh treffen. Wir werden also ohnehin hierher zurückkehren …« Richard lächelte seinen Onkel unsicher an, als der Schmied keine Miene verzog. »Ich könnte Catlin also gleich nach der Hochzeit wieder nach Hause begleiten.«
»Bitte, Vater! Ach, bitte, bitte!«, bettelte Catlin inbrünstig. »Eine so günstige Gelegenheit kommt vielleicht nie wieder!«
»Wir werden in unserem Haus in London Quartier nehmen. Du müsstest dir wahrlich keine Sorgen machen, Onkel. Ich würde gut auf sie aufpassen«, fügte Richard hinzu, als der Schmied auch weiterhin schwieg.
»Was soll ihr auch schon geschehen?«, kam ihm nun sein Bruder zur Hilfe. »Wir tragen deine Schwerter und wissen uns Achtung zu verschaffen, so es vonnöten wäre. Außerdem reisen wir nicht allein, und der Weg nach London ist alles andere als gefährlich.« Knightly strahlte seinen Onkel mit einem unschuldigem Kinderblick an, der sogar einen Stein zum Erweichen gebracht hätte.
Der Schmied runzelte die Stirn. »Ich war noch niemals in London«, murmelte er nachdenklich. »Meine Mutter war häufig auf Reisen, in der Normandie und in Limoges, auch in London. Ich aber bin nie weiter fort gewesen als bis Orford und Ipswich.«
»Dann komm doch auch mit, Onkel!«, schlug Knightly vor.
Der Schmied schien unentschlossen.
»Bitte, Vater! London!«, rief Catlin sehnsüchtig und rutschte unruhig auf der Bank hin und her.
Der Schmied schüttelte missmutig den Kopf. »Ich kann nicht fort. Zu viel zu tun«, murmelte er und hob seinen Becher. »Aber wenn ihr gut auf Catlin achtgebt, so lasse ich sie in Gottes Namen mit euch reisen«, fügte er ins Leere starrend hinzu, stürzte sein Bier hinunter und nickte bestätigend.
Catlin konnte ihr Glück kaum fassen. Er hatte Ja gesagt! Der für gewöhnlich so gestrenge Vater ließ sie mit Richard und Knightly nach London reisen! Ihr Herz schlug so heftig, dass sie glaubte, jeden Augenblick die Besinnung zu verlieren. »London!«, seufzte sie glückselig und stellte sich vor, wie es wohl wäre, die Stadt zu besuchen und Zaungast bei einer so bedeutenden Hochzeit zu sein. Plötzlich verdunkelte sich ihr Gesicht. »Aber … ich … ich habe kein Kleid.« Sie schluckte mehrfach. Ihr Sonntagskleid hatte seit der letzten Messe einen Riss, den Elfreda zwar notdürftig geflickt hatte, doch die Zeit, ein neues Kleid anzufertigen, hatte sie noch nicht gefunden. Tränen schossen Catlin in die Augen.
»Ach, nun heul doch nicht!«, brummte Knightly und tätschelte ihr die Hand. »Es gibt Gewandschneider genug in London und Kleider im Überfluss zu kaufen. Wir werden schon etwas Passendes für dich finden. Mein Herr hat mich mit einer überaus großzügigen Summe ausgestattet, damit ich mir nicht nur einen neuen Surcot, sondern auch Stiefel und Mantel zu seiner Hochzeit anfertigen lasse. Ich habe nicht alles ausgegeben und noch ein paar Münzen übrig …« Er zwinkerte Catlin verschwörerisch zu.
»Auch mein Beutel ist gut gefüllt«, beeilte sich Richard zu versichern und klopfte aufmunternd auf die Börse an seinem Gürtel. »Daran soll es also nicht scheitern.«
»Nein, das wird nicht nötig sein«, ergriff nun der Schmied das Wort. Er runzelte die Stirn, und Catlin fürchtete schon, er könne sich anders besonnen haben und sie nun doch nicht mit nach London reisen lassen. »Ich gebe euch genügend Geld mit, damit sich Catlin so einkleiden kann, wie es sich für den Gast einer solchen Hochzeit geziemt«, erklärte er mit erhobener Stimme. Catlin atmete erleichtert auf. »Ihr wollt nicht aussehen wie die arme Verwandtschaft, und das soll auch meine Tochter nicht«, fügte der Schmied hinzu. »Ich werde gut bezahlt für meine Arbeit, darum soll ruhig jeder sehen, dass wir keine Hungerleider sind.«
Winnie
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