Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
traten, griente Knightly. Das arme Tier sei ein wenig klapprig, behauptete er frotzelnd, und es habe ein knochiges Hinterteil, sodass es mehr einer Kuh als einem Pferd ähnele. Obwohl Richard seinen Bruder mit einem gestrengen Blick bedachte, drohte Catlin einen Moment lang die Haltung zu verlieren. Sie musste tüchtig gegen die Enge im Hals ankämpfen und straffte sich, damit Knightly ihre Unsicherheit nicht bemerkte und nicht länger über sie lachte.
»Wenn du nicht trödelst, schaffen wir es in zwei Tagen.« Mit diesen Worten trieb er sie grinsend zur Eile an.
»Catlin ist keine so erfahrene Reiterin wie du«, gab Richard mit gerunzelter Stirn zu bedenken und forderte seinen jüngeren Bruder zur Mäßigung auf. Knightlys spöttischer Blick aber hatte bereits Catlins Widerspruchsgeist geweckt.
»Auf mich müsst ihr keine Rücksicht nehmen«, behauptete sie kühl und reckte ihr hübsches Näschen spitz in die Luft. Am Abend jedoch, als sie vom Pferd stieg, bereute sie ihre forschen Worte und glaubte, keinen einzigen Schritt mehr gehen zu können. Ihr Rücken schmerzte ebenso höllisch wie die Oberschenkel und das Hinterteil. Ohne jedoch auch nur ein einziges Wort der Klage über die Lippen zu bringen, breitbeinig, mit noch immer leicht angewinkelten Knien schritt sie, so gut es ging, zu dem Gasthaus, in dem Richard eine Kammer zur Nacht für sie gemietet hatte. Arthurs bissige Bemerkungen, ihren merkwürdigen Gang betreffend, überhörte sie geflissentlich.
»Sie sieht aus, als hätte sie den ganzen Tag Fässer gezählt!«, prustete er, und Catlin fragte sich, wie er wissen konnte, dass ihre Beine unter dem Kleid noch immer den Leib ihres Pferdes nachformten. Einzig der Gedanke, dass der Junge vermutlich vor gar nicht allzu langer Zeit selbst solcherlei Schmerzen und Schmach hatte ertragen müssen, half ihr, die Tränen zurückzudrängen, die ihr die Kehle heraufstiegen.
Während die Falkner im Schankraum auf dem Boden nächtigen würden, war für Catlin, Richard und Knightly sowie seinen Pagen ein Bett in einer Kammer vorgesehen. Ein mürrischer junger Knecht half Milo mit dem Gepäck und führte sie auf Geheiß des Wirtes in das obere Stockwerk, wo er mit dem Fuß eine Tür aufstieß. In der Mitte des ungelüfteten, sicher seit Ewigkeiten nicht mehr gefegten Raumes stand eine breite Bettstatt aus Holz, in der sie alle gemeinsam schlafen würden. Die zerwühlten Leinenlaken und fleckigen Wolldecken verbreiteten den Geruch von ranzigem Fett. Trotzdem war es ein Glück, hier übernachten zu können, denn Laken und Raum waren immerhin trocken, was man von einer Nacht im Freien nicht hätte sagen können, denn kurz bevor sie den Gasthof erreicht hatten, hatte es zu nieseln begonnen. Aus den wenigen feinen Tropfen waren inzwischen stete Schnüre geworden. Darum war Catlin dankbar, nach dem anstrengenden Ritt nicht auch noch auf dem durchweichten Waldboden schlafen zu müssen, wo ihr Kälte und Feuchtigkeit, spitze Steine und Wurzeln ohne Zweifel den Schlaf geraubt hätten, nach dem sie sich so sehr sehnte.
Ehe sie sich jedoch zur Ruhe legten, suchten die vier Reisenden den Schankraum auf, um noch ein wenig mit den anderen zu schwatzen, etwas zu essen und zu trinken.
»Du bleibst hier und gibst auf unser Gepäck acht!«, befahl Richard seinem Hund. Snoop war innerhalb seines Wurfes der Kleinste gewesen und von Richard mit verdünnter Ziegenmilch mühsam mit der Hand aufgepäppelt worden. Lange hatte niemand sagen können, ob das schmächtige Tier überleben würde, doch Richard hatte nicht aufgegeben und war dem Welpen nicht von der Seite gewichen, bis ein kräftiges, gesundes Kerlchen aus ihm geworden war, das alles und jeden neugierig beschnüffelte. Snoop war nicht nur ein zuverlässiger Jagdhund, sondern auch seit Jahren Richards treuester Begleiter.
Der Hund sprang auf das Bett, drehte sich einmal um sich selbst, legte sich hin und senkte den Kopf auf die Vorderpfoten. Er schnaufte zufrieden und hob nur die Brauen abwechselnd an, als Richard den anderen voran die Kammer verließ.
In der Wirtsstube war es warm und stickig. Es roch nach Schweiß und feuchtem Mensch, bis man sich dem offenen Feuer näherte, über dem ein ganzes Wildschwein briet. Hier überwog der Duft von gegrilltem Fleisch und Fett, das zischend in der Glut verdampfte. Catlins Magen knurrte so laut, dass sie beschämt den Blick senkte, doch niemand hatte es gehört. Nach einem ausgiebigen Frühstück – Elfreda hatte Getreidebrei mit
Weitere Kostenlose Bücher