Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
fiel Randal ein Becher aus Ton auf den Fuß, und sein Zeh tobte wie wild. »Sackerment!«, fluchte er. Wenn ein Becher schon so schmerzte, was würde dann erst ein größeres Gefäß anrichten? Er rieb sich den Zeh, zog den Schuh an und schob sich noch ein Stück Käse in den Mund.
»Ich muss los«, brummte er.
»Du arbeitest zu viel«, murrte Merilda ganz entgegen ihrer sonst so fröhlichen Art.
»Bald gehört uns die Werkstatt, mein Liebling«, tröstete er sie. »Dann bin ich der Meister, und du bist die Meisterin.« Er lachte und schickte ihr einen Handkuss durch die Luft. »Bald, hörst du?«
Randal hatte vor, noch einmal beim Kämmerer des Königs vorzusprechen und sich zu erkundigen, ob man ihm nicht die Werkstatt verkaufen wolle. Die Münze, die er für den Verrat erhalten hatte, war sicher verwahrt. Nun brauchte er nur noch ein wenig Glück, und schon konnte er Flint und die Meisterin vor die Tür setzen. Randal kratzte sich den Bart. So es ihm tatsächlich gelang, die Werkstatt zu kaufen, wollte er sich überlegen, ob er der Meisterin nicht Arbeit in seiner Gießerei anbieten sollte. Nein, sie war zu ehrgeizig und würde sich nur wichtig machen. Es musste ein klarer Schnitt erfolgen, sobald die Werkstatt ihm gehörte. Zufrieden schritt er durch die Straßen Londons. Der Morgen war noch jung, die Gassen rochen nach der Feuchtigkeit der vergangenen Nacht, und so mancher Trunkenbold machte sich gerade erst auf den Heimweg. Einigen mochte die Ehefrau zu Hause bittere Vorwürfe machen, weil das Geld versoffen war und die Kinder hungrig blieben, andere hatten vermutlich weder Weib noch Familie und ein paar von ihnen vielleicht nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Randal schüttelte das Haupt. Auch er trank nach der Arbeit hin und wieder gern ein Ale in einer Schenke, am liebsten dunkles, starkes, richtig bitteres Bier. Doch sobald sich alles drehte, hörte er auf und ging. Erst seit er Merilda kannte, hatte das Wort Heim eine Bedeutung für ihn. Daheim war dort, wo Merilda und die Kinder auf ihn warteten. Beschwingten Schrittes ging er weiter.
Flint war nicht glücklich mit ihrer Wahl gewesen und hatte sich zunächst gegen Randal ausgesprochen, dann aber hatte er gemerkt, dass der Geselle willig war und gute Arbeit leistete. Also übertrug er ihm immer mehr Aufgaben, nutzte aber die verbleibende Zeit nicht wie John, um an der Verbesserung der Glocken zu arbeiten, sondern verschwand immer häufiger zum Saufen und Spielen in der Schenke. Dass er sich kaum noch um die Belange der Gießerei kümmerte, machte Catlin wütend, und mehr als einmal stellte sie ihn zur Rede.
»So schnell, wie du das Geld verspielst, können wir es gar nicht verdienen«, warf sie ihm vor.
»Halt’s Maul, Weib!« Flint war in letzter Zeit mehr trunken als nüchtern. Er richtete sich drohend vor ihr auf. »Ich bin der Meister der Gießerei und bestimme, was zu geschehen hat.«
»Ein schöner Meister, dass ich nicht lache, ein Trunkenbold bist du geworden!«
Den Schlag ins Gesicht hatte Catlin nicht erwartet. Er raubte ihr den Atem, ihr Herzschlag setzte aus, und das unschuldige Vertrauen Flint gegenüber wich blankem Entsetzen.
»Geh mir aus den Augen, Weib, und wisch dir das Blut aus dem Gesicht! Oder glaubst du etwa, so könntest du mich verführen?« Flint machte ein angewidertes Gesicht. »Und sorg dafür, dass die Bälger aufhören zu schreien, sonst setzt es noch mehr!« Aedwyna war erschrocken zusammengezuckt, als Flint die Stimme erhoben hatte, und hatte laut zu weinen begonnen, was der kleine John sogleich zum Anlass genommen hatte, es ihr gleichzutun. Flint wankte hinaus und schlug die Tür hinter sich zu. Catlin hielt ihre Tränen zurück, beugte sich zu ihren Kindern hinunter, die auf dem Boden mit Tonfiguren gespielt hatten, die Corvinus für sie gefertigt hatte. »Es ist alles gut«, versuchte sie die Kleinen zu trösten, küsste sie auf die Nasenspitzen und stimmte ein Liedchen an, bei dem sie mit den Fingern wackelte, bis die beiden das Weinen vergaßen und wieder fröhlich waren. Ihre Wange glühte noch, und die aufgeplatzte Lippe pochte. Vorsichtig fuhr sie mit der Zunge darüber. Es schmeckte nach Eisen und Traurigkeit.
Flint verbrachte kaum noch Zeit zu Hause. Er kam im Morgengrauen und legte sich nach Bier und fremden Weibern stinkend zu Catlin ins Ehebett. Lange hielt sie es neben ihm nie aus. Sobald er schnarchte, stand sie auf und floh in die Werkstatt. Enttäuschung und Wut saßen ihr wie ein Kloß im
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