Das Tor zur Ewigkeit: Historischer Roman (German Edition)
insgeheim. Gönn ihm sein Glück – schließlich strebst auch du nach nichts anderem. Sie nickte unwillkürlich. Vielleicht, so versuchte sie sich einzureden, gab er ja das Stehlen auf, wenn er erst einmal verheiratet wäre.
Obwohl Randal dem Töpfer gegenüber noch immer tiefen Groll hegte, konnte er nicht anders, als Merilda mit einem liebevollen Blick zu bedenken. Der Tag ihrer Hochzeit, den sie noch wenige Monate zuvor so heftig herbeigesehnt hatte, lag schon eine ganze Weile hinter ihnen. Anfang des Jahres war sie tränenüberströmt zu ihm gekommen, hatte ihm gebeichtet, dass sie ein Kind von ihm erwartete, und ihn angefleht, zu ihrem Vater zu gehen. Der Gedanke an Nachwuchs, ganz gleich, ob Sohn oder Tochter, hatte Randal vom ersten Augenblick an mit einem Gefühl von Wärme und Zuversicht erfüllt und die vielleicht irrwitzige Hoffnung auf eine bessere Zukunft in ihm geweckt. Zärtlich hatte er Merilda beruhigt und ihr die Ehe versprochen. Doch erst kurz vor dem Osterfest, als sich der Bauch der zierlichen jungen Frau allmählich gerundet hatte, war er zu ihrem Vater gegangen und hatte um dessen Einverständnis ersucht. Wie erwartet hatte der Töpfer wenig Federlesens gemacht und freudig eingeschlagen. Ein wenig zu schnell, dachte Randal im Nachhinein und schnaubte. Ob er schon geahnt hatte, dass er die Werkstatt und damit sein Auskommen verlieren würde?
Nach der Geburt seines letzten Kindes hatte sich der Töpfer Würfel- und anderen Glücksspielen hingegeben und so in kürzester Zeit nicht nur sein Geld verprasst, sondern dazu noch hohe Schulden gemacht. So war es nicht weiter verwunderlich, dass er die Gelegenheit, seine Älteste unter die Haube zu bringen, so rasch wahrgenommen hatte. Wie sehr sich Randal erhoffte, später die Töpferei übernehmen zu können, musste er gewusst haben. Genau darum hatte er wohl kein Wort über den anstehenden Verlust seiner Werkstatt verlauten lassen und sich bei der Hochzeit seiner Tochter ein Lächeln abgerungen.
Von dem Verkauf der Töpferei hatte Randal erst im letzten Augenblick erfahren. Die Gläubiger seines Schwiegervaters hatten auf der Veräußerung bestanden, um an ihr Geld zu kommen.
Randal rang nach Atem und warf trotz der Wut, die in seinem Innern tobte, einen liebevollen Blick auf sein junges Weib. Ihr Bauch stand unübersehbar aus dem zierlichen Leib hervor. Als hätte sie einen riesigen Kohlkopf verschluckt, schoss es Randal durch den Kopf. Bei dem Gedanken, dass dieses zarte Geschöpf in gut zwei Monaten ein Kind gebären würde, schauderte ihn. Wie sollte er nur schon bald für Weib und Kind sorgen? Mussten sie doch schon bald ihre Bündel packen und Werkstatt und Haus verlassen. Kummer grub ihm tiefe Falten in die Stirn. Wenngleich er schon bald durch die Schuld des Töpfers ohne Arbeit und Bleibe war, so stellte die Heirat mit Merilda doch einen Glücksfall für ihn dar. Seit sie an seiner Seite schlief, schien ihm die Dunkelheit der Nacht weniger bedrohlich und sein Dasein nicht mehr so erbärmlich einsam. Er hatte ein Weib und bald ein Kind, also zählte er und konnte kein Niemand mehr sein.
Ein wohlhabender Kaufmann hatte Haus und Werkstatt erworben. Randal hatte seinen ganzen Mut zusammengenommen und war zu seinem Haus gegangen, um mit ihm zu sprechen. Doch der Kaufmann war auf Reisen gewesen, und nur sein Sohn, ein hochgewachsener junger Mann mit wachem Blick, hatte Randal empfangen. Ein wenig verwirrt und mit trockenem Hals hatte Randal sein Anliegen vorgetragen und gebeten, ihm die Werkstatt zu verpachten. Seine sämtlichen Ersparnisse hätte ihn der Mietzins für die ersten drei Monate gekostet, doch das wäre es ihm wert gewesen. Der junge Mann aber hatte freundlich, wenn auch bestimmt abgelehnt. Aus der Töpferei, so hatte er Randal erklärt, werde schon bald eine Glockengießerwerkstatt. Auf Randals verzweifelten Blick hin hatte er ihm versichert, dass dieser Plan unumstößlich sei und er sich bereits mit einem Meister dieses Handwerkes geeinigt habe. Einen Monat gewähre er ihm noch, dann müsse er mit seiner Familie gehen. Eine Mischung aus Panik und Fassungslosigkeit hatte Randal erfüllt, ihm Atem, Kraft und Hoffnung geraubt. Die Erkenntnis, dass die Werkstatt endgültig verloren war, hatte ihn so heftig gewürgt, dass er mit der Hand zum Hals gefahren war und um Luft und Haltung gerungen hatte. Wie? Wie konnte der Herr zulassen, dass ein anderer als er eine Glockengießerei in jener Werkstatt einrichtete? Wut auf Merildas
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