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Das Totenschiff

Das Totenschiff

Titel: Das Totenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Traven
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gingen mit hoch, und die Unterarme hingen nun rechtwinklig und wackelnd im Ellbogengelenk. Das sah aus, als ob man ihm die Flügel gerupft und gestutzt hätte.
    »Verfluchter Schietkram, verfluchter«, schrie der Skipper, warf seine Zigarre wütend auf den Fußboden, trampelte wie wild darauf ’rum, ging zur Tür und warf die Tür krachend zu.
    Draußen auf dem Korridor stand Stanislaw.
    »Was mache ich denn bloß mit dir, Junge«, sagte der alte Skipper. »Ich möchte dich ja so gerne mitnehmen.
    Aber nun kannst du nicht mal mehr Notmusterung machen, der Konsul kennt deinen Namen. Da hast du zwei Gulden, mach dir einen vergnügten Abend. Muß mich nach einem andern A. B. umsehen.«
    Skipper und schöner Holländer waren weg.
     

39.
     
    Aber ein Schiff mußte Stanislaw unbedingt haben. »Ehrliches Handwerk ist ganz gut, für eine Weile. Aber nicht zu lange. So eine Kiste oder so ein Sack, das tut ja niemand weh. Das sind Geschäftsunkosten in einem großen Hause. Die Kiste kann ja auch bei Verladung in die Brüche gehen. Aber man wird das ehrliche Handwerk leid.«
    Ich sagte nichts darauf und ließ ihn ruhig reden.
    »Ja, man wird es wahrhaftig leid«, setzte Stanislaw fort, »man kriegt das Gefühl, als ob man jemand auf der Tasche liegt. Eine Zeit, ja, aber dann wird es einem so widerlich, immer auf der Tasche zu liegen. Man will doch auch was tun, was schaffen. Sehen will man, wie das rennt, was man arbeitet. Siehst du, Pippip, so am Ruder stehen, in schwerem Wetter, und den Kurs halten… Das ist eine Sache, da kann das ganze ehrliche Handwerk nicht mit. Verflucht und zugenäht, nein, da kann es nicht mit. Da stehst du und stehst, und der Kasten will herumhauen und ’rauswichsen aus dem Kurs. Aber da hältst du ihn an der Kandare. Sieh mal so.«
    Stanislaw packte mich beim Gürtel und versuchte mich herumzuwitschen, als ob er das Ruderrad in der Hand hätte.
    »Du, ich bin kein Ruder, laß los!«
    »Und dann, wenn du es durchhältst im schweren Wetter, und es rutscht dir noch nicht einmal einen viertel Strich ab, Pippip, ich kann dir sagen, da könnte man schreien und brüllen vor lauter Vergnügen, daß man diesen Riesenkasten so an der Schlippe halten kann, daß er tun muß, wie du willst, wie ein junges Lämmchen, weiß wie Schnee. Und wenn dann der Erste oder gar der Skipper auf die Rose guckt und sagt: ›Kos’ki, Junge, Sie können aber mal Kurs halten, verflucht feine Arbeit, könnte ich selber nicht besser machen. Weiter so, dann halten wir die Karline gut in der Zeit!‹, ja, Mensch, Pippip, da lacht dir das Herz, da könnte man gleich so wegheulen und natschen, daß dir der Rotz die Backen ’runtertrippt, vor lauter Vergnügen. Siehst du, das kann das ehrliche Handwerk nicht und nie. Lachst ja auch, wenn dir ein Schnapp glückt, aber lachst doch nicht so, lachst mehr scheinheilig und drehst dich immer um dabei, ob nicht schon einer hinter dir her ist.«
    »Ich habe ja an dicken Eimern noch nicht gerudert, aber doch schon an kleinen, und ich denke, du hast recht«, sagte ich. »Aber beim Anpinseln geht es einem auch so. Wenn dir eine grüne oder braune Kante so recht fein glückt, ohne zu klecksen und ohne auszurutschen, da hat man auch seinen Spaß.«
    Stanislaw schwieg eine Weile, spuckte über die Reling, schob sich ein neues Dickerchen zwischen die Zähne, den er vor einer halben Stunde von einem Händler, der mit einem Boot herangepullt war, gekauft hatte, und sagte: »Wirst vielleicht lachen. Kohlenschleppen, wenn man eigentlich A. B. ist, und ein besserer A. B. als diese Räuber hier, ist ja vielleicht eine Schmach. Aber doch nicht. Hat auch seine Freuden. Auf so einem Kasten ist alles wichtig. Wenn nicht geschleppt wird, kann der Heizer keinen Dampf halten, und wenn der keinen Dampf hält, steht die Karre wie eine Ramme im Lehm. Und mal so fünfhundert Schaufeln in einem Zug auf zehn Schritt Entfernung durch die Schachtluke pfeffern und einen Vorrat hinhauen, daß der Heizer kaum noch treten kann, bloß um mal zu sehen, was du schaffen kannst, wenn du mal ’rangehst an die Ella, und du siehst dir den Berg an, den du so auf einen Sitz hingehauen hast, da lacht dir auch das Herz im Leibe. Du könntest den Berg wahrhaftig abknutschen vor Vergnügen, wenn er da so dick aufgeschichtet daliegt und dich so verwundert anglubscht, weil er doch eben noch oben in einem Bunker war und nun mit einemmal hier vor den Kesseln liegt. Nein, an Arbeit, an gesunde Arbeit, kann das schönste ehrliche Handwerk

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