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Das Traumtor (German Edition)

Das Traumtor (German Edition)

Titel: Das Traumtor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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Versprechen halten würde. Trotzdem suchte ich natürlich ständig nach einer Möglichkeit, mich irgendwie nützlich zu machen oder mich zu mindestens sinnvoll zu beschäftigen. Ich erkundete den weitläufigen Palast, geriet unter den entsetzten Blicken der Dienerschaft in die Küche, die Werkstatt, die Ställe, bis ich eines Tages in den unteren Gewölben auf einen seltsamen Kauz stieß. Es war Leston, der Hofarzt, der sich dort unten eine geheimnisvolle Hexenküche eingerichtet hatte. Leston war ein kleiner, zierlicher Mann mit weißem Haarkranz und einer dicken roten Nase, die mir sehr verdächtig nach einer ganz bestimmten Vorliebe aussah. Er hieß mich in seinem brodelnden und dampfen-den Reich herzlich willkommen, denn es kam nicht oft vor, daß jemand es wagte, sein Laboratorium zu betreten. Seine Experimente interessierten mich sehr. Ich wollte wissen, wie weit die valaminische Heilkunst entwickelt war. Begeistert begann Les-ton, mir Vorträge zu halten, bei denen es mir manches Mal kalt über den Rücken lief. Mochten die Götter mich nur vor einer ernsthaften Krankheit bewahren! Denn was ich da zum Teil zu hören bekam, stellte mir die Nackenhaare auf. Andererseits mußte ich aber gestehen, daß seine Kenntnisse in mancher Beziehung überraschend waren. In der Welt der Heilkräuter zum Beispiel war er wirklich gut zu Hause. Er zog nicht nur Extrakte aus ihnen und bereitete Salben, die wirklich gut waren, er setzte sie auch auf Alkohol an. Sehr wahrscheinlich hatte er dabei die anderweitige Verwendungsmöglichkeit des Destillats herausgefunden, das sich nun bereits in seinem voluminösen Riechkolben breit machte. Aber er war ein kluger Kopf, der neuen Erkenntnissen aufgeschlossen und an einer Erweiterung seines Wissens sehr interessiert war. Daher ging ich des Öfteren zu ihm, um mir mit der Beobachtung seiner Experimente die Zeit zu vertreiben. Ab und zu gab ich ihm einige Tipps, die er mit Begeisterung aufgriff und sich sofort mit Eifer in ihrer Verwirklichung stürzte. Aber er hielt mich für eine große Alchimistin, und ich mußte ihn immer wieder bremsen, wenn mir seine wortreichen Ausführungen zu unverständlich wurden. Jedenfalls diskutierten und lachten wir zwei sehr viel, und wenn ich aus seinen Gewölben kam, war ich stets bester Stimmung, was vielleicht auch auf einer anderen „geistigen“ Ursache beruhte. Sein Kräuterlikör schmeckte fabelhaft! Ich war die einzige, die von diesem Abfallprodukt seiner Forschungen wußte, denn es wäre ihm wohl schlecht ergangen, hätte Rowin davon gewusst. Die einzigen alkoholischen Getränke, die ich in Valamin sonst noch gefunden hatte, waren Bier und Wein, und diese wurden auch nur selten im Übermaß konsumiert. Rowin selbst hatte ich nie berauscht gesehen, denn er trank nur wenig, da er es haßte, die Kontrolle über sich zu verlieren.
    Ich hatte einmal erlebt, wie er einen seiner Leibwächter namens Narin bestrafen ließ, der betrunken in einer der Schänken der Stadt randaliert und dabei einen der Bürger verletzt hatte. Rowin hatte den Mann aus der Leibgarde ausgestoßen – was für sich schon eine schwere Strafe bedeutete – und ihn dann noch zu zwanzig Peitschenhieben verurteilt. Wer dieses schwere Züchtigungsinstrument einmal gesehen hat, kann sich vorstellen, welch verheerende Wirkung es auf einem nackten Rücken hinterläßt. Ich kannte Narin gut, denn er war nach meiner Ausrittsgeschichte von Rowin dazu abgestellt worden, mich bei meinen Ausflügen zu begleiten, wenn er selbst oder Targil keine Zeit dazu hatten. Daher war der Mann zu mir gekommen und hatte mich um Fürsprache bei Rowin gebeten.
    „Herrin, ich bitte Euch um Hilfe!“ hatte er gesagt und war vor mir auf die Knie gesunken. „Bittet den Herrscher für mich um die Gnade, weiterhin seiner Leibgarde angehören zu dürfen. Gern will ich die doppelte Anzahl von Schlägen ertragen, wenn er mich nur nicht fortjagt. Der Dienst für König Rowin ist mein Leben, und ich muß von Sinnen gewesen sein, das so leichtsinnig aufs Spiel zu setzen. Ich schwöre, daß ich nie mehr einen Tropfen Wein anrühren werde. Ich flehe Euch an, für mich bei König Rowin Fürsprache einzulegen, denn seit Ihr da seid, ist die strenge Gerechtigkeit unseres Herrn viel milder geworden. Bittet für mich bei ihm, Herrin, denn ich weiß, daß nur Ihr sein Herz rühren könnt.“
    Ich hatte alles versucht, um den Mann von der Strafe zu schützen, die mir viel zu hart erschien, oder ihm zumindest den Ausschluß aus

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