Das Treffen
Durchgang Ähnlichkeit mit einem Grabstein hatte.
Ein Grabstein für den kopflosen Körper, der dort vor zwölf Jahren gefunden worden war.
Sie stellte sich vor, wie die Leiche durchs Wasser trieb. Vielleicht war es das, was sie gehört hatten. Kein Eindringling, sondern der kopflose Rumpf eines …
Bullshit.
Es gab keine Leiche im Wasser.
Wahrscheinlich ist überhaupt niemand hier, dachte sie. Falscher Alarm. Die Strömung hatte die Wasseroberfläche bewegt und dabei dieses gurgelnde Geräusch erzeugt.
Abilenes Herz wäre fast stehen geblieben, als sie ein leises Knarren hörte.
Jemand stand auf dem Holzboden!
Das ergab keinen Sinn. Der Rand des Beckens war aus Granit, nicht aus … die Treppe!
Ein Lichtstrahl durchschnitt die Dunkelheit zu ihrer Rechten und warf einen leuchtenden Kreis auf den Boden. Tanzte umher. Kam schließlich auf der erloschenen Laterne zum Stehen.
Ein zweiter Strahl erschien.
Zwei Taschenlampen?
Abilene hätte fast laut aufgelacht. Finley und Vivian.
Und wenn sie es nicht sind?
»Wieso habt ihr das Licht ausgemacht?«
Sie waren es. Gott sei Dank.
»Kommt runter. Schnell!«, rief Cora.
Abilene wandte sich um. Im fahlen Schein der Lampen konnte sie die Umrisse von Cora und Helen erkennen. Sie befanden sich direkt neben ihr an der Wand. Helen hatte Coras Arm umklammert.
»Falscher Alarm, glaubst du nicht?«, flüsterte Abilene.
»Keine Ahnung.« Cora ließ die Wasseroberfläche nicht aus den Augen, während sie zu Abilene eilte. Helen folgte ihr, die Hand auf ihre Schulter gelegt.
»Was ist los?«, fragte Finley. Sie war noch immer kaum zu erkennen. Die Lichtstrahlen tanzten wie verrückt, und Schritte hallten auf den Treppenstufen.
»Ist alles in Ordnung bei euch?«, fragte Vivian.
Als Abilene die Ecke umrundete, waren Finley und Vivian am Fuß der Treppe angekommen.
Cora ließ Helen stehen und rannte auf sie zu. »Wo wart ihr denn so lange?«
»Wir sind so schnell wie möglich hergekommen. Warum ist die Laterne aus?«
»Irgendjemand ist hier.«
»Heilige Scheiße. Jetzt im Moment?«
»Denke schon.«
»Oh Gott«, sagte Vivian.
Cora riss Finley die Taschenlampe aus der Hand und sah sich um. Sie eilte auf das Becken zu und vergewisserte sich, dass niemand ihnen gefolgt war.
Abilene und die anderen gingen zu ihr. Cora ließ das Licht über die Wasseroberfläche wandern.
Es fiel auf eine abgeschnittene Jeans.
Keuchend sprang sie einen Schritt zurück und stieß gegen irgendjemanden. Trockene Hände ergriffen sie. Sie spürte einen Körper in ihrem Rücken. Nackte Brüste. Finley.
Dann bemerkte sie, dass niemand in der Jeans steckte.
Ein weiterer Lichtstrahl strich über das Wasser.
Während Finley an ihre Seite trat, bemerkte Abilene, dass alle möglichen Kleidungsstücke im Wasser schwammen oder langsam auf den Grund sanken. Die Jeans, die sie so erschreckt hatte, war ihre eigene. Finleys Safarihemd trieb vorbei und am Boden des Beckens konnte sie Vivians Sommerkleid, Coras Shorts und Helens Bluse erkennen. Coras T-Shirt war aufgebläht und ähnelte einer riesigen Qualle. Höschen trieben wie schlaffe Lappen umher. Finleys braune Shorts lagen neben Schuhen, Socken, Handtüchern und den drei Taschenlampen auf dem Grund.
Außer der Laterne schien alles, was sie mit heruntergebracht hatten, im Wasser zu liegen.
Der Schein der Taschenlampen reichte nicht bis zur gegenüberliegenden Seite des Beckens. Mehr als die Wasseroberfläche und einige dunkle Ecken in ihrer Nähe konnten sie damit nicht beleuchten.
»Wenn er noch hier ist«, flüsterte Cora. »Hält er bestimmt die Luft an.«
»Er könnte überall sein«, sagte Abilene.
Vivian richtete ihre Taschenlampe auf den Bartresen.
»Soll ich mal nachsehen?«, fragte Finley.
»Nein«, sagte Vivian.
»Wir bleiben zusammen«, sagte Cora.
Vivian drehte sich um, als befürchtete sie, jemand könnte sich von hinten an sie heranschleichen.
»Die Treppe ist er nicht raufgekommen«, sagte Finley. »Sonst wäre er uns ja direkt in die Arme gelaufen. Vielleicht hat er sich in einem der Umkleideräume versteckt.«
»Ich glaube nicht, dass er das Becken verlassen hat. Nicht auf dieser Seite zumindest.«
»Stimmt«, sagte Cora. »Sonst hätten wir ihn gehört.«
Wieder leuchteten sie mit ihren Taschenlampen in das Wasser.
»Er muss durch den Durchgang getaucht sein.«
»Sehen wir besser mal hinter dem Tresen nach«, sagte Abilene.
Cora und Vivian gingen hinüber, wobei sie das Wasser ständig im Auge behielten. Die
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