Das Turnier
Planeten.
Das achtzehnte Kapitel, in dem der Mond nur eine schmale Sichel ist
(Genau richtig für Gespenster!)
Das Abendessen war schnell vorbei, jedenfalls kam es mir so vor. Irmtraud lächelte mich die ganze Zeit an, das war lieb, aber richtig genießen konnte ich es nicht. Dazu musste ich viel zu sehr an Robert denken, der mittags noch neben mir gesessen hatte. Jetzt stand da nur ein leerer Stuhl. Natürlich ließ ich mir nichts anmerken. Oder erst als Kunos Vater nach Robert fragte. Der Burgherr kam diesmal nämlich auch zum Essen, er war nur ein bisschen spät dran. Aber dann freute er sich riesig, dass Wuschel und ich da waren, und wir freuten uns natürlich auch. Wuschel erhob sich sogar von seinem Lieblingsplatz bei den Mädchen unterm Tisch und ging zu ihm hin. Als Kunos Vater ihm den Kopf kraulte, sah er (Kunos Vater jetzt) den leeren Stuhl.
»Und wo ist Robert?«, fragte er.
»Der … äh … dem war nicht gut. Ich geh gleich mal nach ihm sehen«, sagte ich und stand auf, bevor er mir noch mehr heikle Fragen stellen konnte. Ich hoffte, dass er nicht schon was gemerkthatte, aber als ich an ihm vorbeiging und Wuschel ein Zeichen machte, dass er mitkommen sollte, sah mich der Burgherr ganz schön misstrauisch an. Misstrauisch, aber gleichzeitig mit so einem ganz versteckten Lächeln wie mein Vater manchmal, wenn er mehr weiß, als er eigentlich wissen sollte, und wenn man ihn dann fragt, verrät er nichts. Ob Kunos Vater was verraten hätte, weiß ich nicht, aber ich hab auch nicht gefragt. Ich ging einfach aus der Tür, und Wuschel kam hinter mir her.
Kaum war die Tür zu, kamen auch die anderen.
»Schade«, sagte Kuno.
»Was ist schade?«, fragte ich.
»Die fangen gerade an, über den Weißen und den Schwarzen Ritter zu reden«, sagte Kuno.
»Und warum seid ihr dann nicht noch ein bisschen geblieben?«, fragte ich.
»Weil sie uns weggeschickt haben«, sagte Kuno. »Angeblich sind solche Geschichten nichts für uns.«
So was soll in unserer Zeit ja auch noch vorkommen, aber bei Robert und mir eigentlich nicht. Oder höchstens, wenn meine Mutter ein ernstes Wort mit meiner großen Schwester redenwill, und was dann kommt über große Jungs mit Mofas oder Lippen-Piercings, interessiert mich sowieso nicht.
»Kommt das öfter vor?«, fragte ich.
»Dass sie über den Weißen und den Schwarzen Ritter reden?«
»Nein, dass sie euch wegschicken.«
»Nur wenn’s ganz, ganz gruselig wird«, sagte Kuno.
Zack! Schon war allen wieder klar, worauf wir uns einließen.
Die Mädchen gingen dann die Tücher holen. Wir Jungen und Wuschel warteten so lange unter der Treppe. Es war ein kleiner Vorgeschmack auf die Nacht: Man musste sich ganz still verhalten, damit einen keiner bemerkte, beim kleinsten Geräusch zuckte man zusammen, und trotzdem durfte man sich nichts anmerken lassen, damit die anderen nicht dachten, man macht sich ins Hemd.
Zum Glück mussten wir nicht lange warten, dann kamen die Mädchen zurück. Wir stopften uns die zusammengefalteten weißen Tücher vorne in die Hosen und schoben sie unter den Pulli, das heißt, die Wackerburger natürlich unters Wams. Die Mädchen wünschten uns Glück, und Irmtraud warf mir eine Kusshand zu, aber so, dasses die anderen nicht sahen. Dann gingen die Mädchen auf Zehenspitzen die Treppe hoch, und wir anderen warteten. Wir warteten, bis wir sicher sein konnten, dass es draußen dunkel war, dann schlichen wir uns ins Freie.
Der Mond war nur eine schmale Sichel, das war gut, denn sonst wäre die sternenklare Nacht für unseren Plan viel zu hell gewesen. Es waren noch Leute auf dem Burghof, aber nicht mehr viele, und sie beachteten uns nicht. An so einem Tag fiel es nicht auf, wenn noch nicht ganz erwachsene Leute ein bisschen länger unterwegs waren, das war in der Ritterzeit genauso wie heute. Wir schlenderten wie zu einem kleinen Abendspaziergang aus dem Burgtor, dann ein Stück an den Zelten entlang, als wollten wir sehen, ob irgendwo noch was los war, und im richtigen Moment schlüpften wir ins Geheimversteck der Wackerburger Freunde: die große Hecke außen am Rand der Wiese. Die Hecke ist innen hohl, aber das wissen nur wir. Dort wollten wir warten, bis zwischen den Zelten alles ruhig war.
Kuno hielt Ausschau, aber wir anderen schoben natürlich auch die Zweige beiseite und behielten alles im Auge. Nur Wuschel kringelte sichein, als ginge ihn das alles gar nichts an, aber ich wusste, dass das täuschte. Wuschel spitzte die Ohren und hörte damit mehr,
Weitere Kostenlose Bücher