Das Ultimatum
keine Miene. In seinem Inneren war er jedoch alles andere als gelassen. Stu Garret ging mit einem zuversichtlichen Lächeln auf den Lippen vor Nances Schreibtisch auf und ab, obwohl ihnen der Präsident soeben eine halbstündige Standpauke gehalten hatte. Stevens war außer sich vor Zorn, dass Nance und Garret ihn derart hintergangen hatten und sich auf Machenschaften eingelassen hatten, die ihm, Stevens, ein Amtsenthebungsverfahren oder noch Schlimmeres einbringen konnten.
Nance machte sich über ganz andere Dinge Sorgen. Er versuchte, nicht auf Garret zu achten, der munter vor sich hin plapperte. »Ich glaube, es hat geklappt. Stansfield hat uns das mit der Erpressung abgekauft … und Jim wird sich in ein, zwei Wochen auch beruhigt haben. Er wird schon einsehen, dass wir ihn nur schützen wollten. Ich weiß schon, Arthur war ein Freund von Ihnen – aber ehrlich gesagt, mir war der Kerl überhaupt nicht geheuer. Ich muss zugeben, ich bin ganz schön erleichtert, dass er seine Geheimnisse mit ins Grab genommen hat.«
Nance blickte aus dem Augenwinkel zu Garret auf. »Halten Sie den Mund, Stu«, knurrte er.
»Hey, ich versuche doch nur, die Situation zu analysieren, damit wir wissen, woran wir sind.«
»Ich weiß, woran ich bin, und ich habe es nicht nötig, dass Sie mir Dinge sagen, die offensichtlich sind. Also seien Sie bitte so gut und halten Sie für ein paar Minuten den Mund. Ich muss nachdenken.«
Garret setzte sich auf die Couch und murmelte etwas vor sich hin. Nance drehte sich mit seinem Stuhl um, damit er ihn nicht ansehen musste. Warum hatte Stansfield die Sitzung so überstürzt verlassen – gerade als es richtig zur Sache ging? Nein, sie waren noch nicht aus dem Schneider. Er überlegte kurz, ob er das auch Garret sagen sollte, beschloss dann aber, es sein zu lassen. Der Stabschef war schon schwer zu ertragen, wenn er, so wie jetzt, eine Nervensäge war; noch schlimmer war er jedoch, wenn er wieder zum Nervenbündel wurde.
Michael saß zusammen mit Stansfield auf dem Rücksitz des gepanzerten Cadillacs. Er war irgendwie erleichtert, dass der CIA-Direktor ein eher schweigsamer Mensch war. O’Rourke ahnte, dass sich Stansfield innerlich auf die Konfrontation mit Nance und Garret vorbereitete. Der CIA-Direktor hatte überlegt, ob er vorher im Weißen Haus anrufen sollte, doch dann sah er ein, dass es besser war, Garret und Nance zu überraschen.
Als sie nur noch etwa einen Kilometer vom Weißen Haus entfernt waren, zog Stansfield sein Handy hervor und wählte die Nummer von Jack Warchs Büro. »Jack, hier ist Direktor Stansfield«, begann er, als Warch sich meldete. »Ich bin gerade unterwegs zum Weißen Haus, weil ich den Präsidenten, Mike Nance und Stu Garret dringend sprechen muss. Ich fahre jetzt ins Parkhaus beim Treasury Building. Bitte sagen Sie Ihren Leuten, dass ich durch den Tunnel komme.« Stansfield wandte sich Michael zu. »Ich bringe einen Gast mit, den Abgeordneten O’Rourke. Jack, es geht um eine sehr ernste Sache. Bitte bringen Sie sie unverzüglich in den Situation Room.« Warch begriff sofort, dass jetzt nicht die Zeit war, viele Fragen zu stellen, und ging sofort daran, dem Wunsch des CIA-Direktors nachzukommen.
Die Limousine fuhr in das Parkhaus des Treasury Building, und Michael und Stansfield wurden von vier Secret-Service-Agenten durch einen engen Tunnel geleitet. Als sie das andere Ende erreichten, blieben sie vor einer massiven Stahltür stehen, die unter den Sicherheitsleuten als »Marilyn-Monroe-Tür« bekannt war. Sie hielten ihre Ausweise in eine Kamera, und Stansfield fragte ihn: »Sind Sie nervös?«
»Nein, dazu bin ich zu wütend.«
»Herr Abgeordneter, würden Sie mir einen Gefallen tun?« Michael nickte, und Stansfield fuhr fort: »Wenn ich ihnen das Band vorspiele, behalten Sie doch bitte den Präsidenten im Auge. Ich selbst muss Mr. Nance und Mr. Garret beobachten. Ich würde gerne Ihre Meinung darüber hören, ob der Präsident wirklich überrascht ist, wenn er das Band hört.«
Michael nickte. »Ist es denn sicher, das Band hier im Weißen Haus abzuspielen?«, wandte er ein. »Ich meine … bekommt der Secret Service denn nicht alles mit, was hier passiert?«
»Nein, der Situation Room ist absolut sicher. Er wird täglich auf Wanzen überprüft und ist hundertprozentig schalldicht. Der Secret Service hat hier keine Kameras und Mikrofone postiert, weil die Dinge, die hier besprochen werden, streng geheim sind.«
Als die fünfzehn Zentimeter dicke
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