Das Ultimatum
vom Tisch, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und starrte Garret weiter an.
Irene Kennedy war es gewohnt, von Männern nicht so ohne weiteres akzeptiert zu werden, und so fuhr sie damit fort, ihren Standpunkt in ruhigem Ton zu verteidigen. »Es gehört zu meinem Job, zu wissen, wie diese Gruppen töten, Mr. Garret. Wenn eine Terrorgruppe, wie zum Beispiel die Abu-Nidal-Organisation, diese Taten begangen hätte, dann wären diese Leute einfach in ein Restaurant gegangen, in dem gerade einige Senatoren und Abgeordnete beim Mittagessen saßen, und hätten dort eine Bombe hochgehen lassen.«
»Und warum kann es keine rechtsgerichtete paramilitärische Gruppe gewesen sein?«
»Das ist nicht völlig ausgeschlossen, aber wie ich schon sagte, ich glaube nicht, dass eine dieser Gruppen über die Ressourcen verfügt, um eine solche Operation durchzuführen.«
»Wenn Sie sich so sicher sind, dass es keine Terroristen waren«, wandte Garret mit lauter Stimme ein, »wer, zum Teufel, war es dann?«
McMahon beugte sich vor und legte beide Unterarme auf den Tisch. Mit seinen einen Meter neunzig und über hundert Kilo sah er aus wie ein angriffslustiger Bär. Bevor Roach ihn daran hindern konnte, ergriff er das Wort. »Mr. Garret, wir sind alle Profis hier. Es gibt keinen Grund, die Stimme zu erheben und emotional zu werden. Sie haben uns nach unseren Meinungen gefragt, und Dr. Kennedy hat ihre Einschätzung nach bestem Wissen und Gewissen dargelegt. Sie hat einige sehr interessante Gedanken geäußert, die in diesem Fall wirklich hilfreich sein können. Sie will uns ja auch nicht sagen, wer genau der Täter war, sondern uns nur helfen, jene Möglichkeiten auszuschließen, die eher unwahrscheinlich sind.« McMahon blickte Garret weiter in die Augen, während sich das Gesicht des Stabschefs vor Zorn rötete.
Mike Nance konnte nicht glauben, was er da sah. Er hatte in den vergangenen drei Jahren immer wieder erlebt, dass sich Stu Garret in irgendeiner Sitzung so wie heute benahm. Und es kam nicht oft vor, dass ihn jemand derart in die Schranken wies, schon gar nicht ein einfacher Mitarbeiter des FBI. Alle im Raum spürten die knisternde Spannung, die sich zwischen den beiden Kontrahenten aufbaute. Direktor Roach lehnte sich in seinem Stuhl zurück und erwartete mit Schaudern, was noch kommen mochte.
Es war der Präsident, der die Konfrontation beendete. »Beruhigen Sie sich, meine Herren … Wir stehen alle unter großem Druck, und es kommt noch einiges auf uns zu. Also lassen Sie uns wieder zur Sache kommen und die Theorie diskutieren, die Dr. Kennedy uns dargelegt hat.«
Während die Sitzung voranschritt, saß Bridgett Ryan am anderen Ende der Stadt in ihrer Kabine im Washingtoner Büro von NBC und tat so, als wäre sie sehr beschäftigt. Bridgett studierte Journalismus an der Catholic University und absolvierte gerade ein einjähriges Praktikum bei NBC. Ihr Chef war Mark Stein, der Leiter des Washingtoner Büros des Senders.
Bridgetts Arbeitspensum hing von ihrem Stundenplan an der Universität ab. Als sie an diesem Morgen um neun Uhr aufgestanden war und wenig später von den Morden erfahren hatte, ging sie, anstatt ihre Vorlesungen zu besuchen, direkt ins Büro. Dort war sie zunächst einmal eineinhalb Stunden damit beschäftigt, Kaffee einzuschenken und irgendwelche Notizen für Stein niederzuschreiben, als der Bürobote kam und einen Stapel Briefe auf ihren Schreibtisch legte.
Zu ihren täglichen Aufgaben gehörte es unter anderem auch, die Post ihres Chefs zu öffnen und zu sortieren. Sie entfernte das Gummiband von dem Päckchen und zog einen Umschlag von ganz unten hervor. Der Brief war an Stein adressiert – es war jedoch kein Absender angegeben. Sie griff nach dem Brieföffner, riss den Umschlag auf und zog die Unterlagen heraus. Nachdem sie den ersten Absatz gelesen hatte, begann ihr Herz schneller zu schlagen. Sie begann noch einmal ganz oben zu lesen, und diesmal begannen ihre Hände zu zittern. Bridgett holte tief Luft und las weiter. Als sie den Brief zu Ende gelesen hatte, sprang sie auf und riss die Tür zu Steins Büro auf. Sie rief seinen Namen und hielt die Unterlagen hoch. »Mark!«
Stein, der gerade telefonierte, blickte auf und bedeutete ihr mit einer ungeduldigen Geste, dass sie hinausgehen solle. Er drehte sich mit seinem Sessel um und kehrte ihr den Rücken zu. Stein sprach gerade mit seiner Chefin in New York. »Carol, ich brauche mehr Kamerateams, verdammt noch mal! Ich brauche mehr
Weitere Kostenlose Bücher