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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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Das ist der einzige Grund, warum ich ihm mein Haus zur Verfügung stellte.«
    Vereinzeltes Gelächter ertönte. Mr. Peterson erwärmte sich zusehends für seine Rolle als Redner.
    »Ganz ernsthaft«, fuhr er fort, »danke, Alex. Das hat mir sehr viel bedeutet, und ich bin mir sicher, dass ich damit nicht alleine stehe.«
    Vielleicht sagte er noch mehr, aber selbst wenn, konnte ich es nicht mehr hören. Mein Gesicht hatte die Farbe des Inneren einer Wassermelone angenommen, und dann fingen meine Augen an zu brennen.
    »Bitte entschuldigt mich einen Moment«, sagte ich.
    Im Badezimmer fing ich an zu weinen. Nach einer Weile wusch ich mir das Gesicht und ging wieder zurück zur Gruppe.
    Etwa eine Stunde später, nachdem alle gegangen waren, wiederholte Mr. Peterson noch einmal, was er gesagt hatte, als ob einmal nicht genug gewesen wäre. »Ich meine es ernst«, sagte er und schaute mir fest in die Augen. »Ich bin dir für die vergangenen vierzehn Monate sehr dankbar. Ich will, dass du dich daran erinnerst.«
    Dies war eine jener Bemerkungen, die eine ernsthafte, bedeutungsschwere Erwiderung erforderten, aber wenn ich ausführlich antworten würde, müsste ich nur wieder anfangen zu heulen.
    »Okay«, sagte ich.
    Das war eine sehr unzulängliche Antwort.
    Deswegen, und nur deswegen, kehrte ich noch einmal um. Wie ich schon sagte, hatte ich insgesamt das Gefühl, dass an diesem Tag irgendetwas seltsam war, aber es gab meiner Ansicht nach keinen Grund, mir um Mr. Peterson Sorgen zu machen oder nach ihm zu sehen. Wenn überhaupt, dann hatte mich die Rede über Kurt Vonnegut beruhigt. Ich interpretierte in seine Worte hinein, dass er endlich bereit war, der Zukunft ins Gesicht zu sehen. Er betete um Gelassenheit, die Dinge zu akzeptieren, die er nicht ändern konnte. Ich hatte ihn gründlich missverstanden. Ich konzentrierte mich auf den falschen Teil seiner Rede. Es war purer Zufall, dass ich an diesem Abend noch einmal zurückging.
    Ich wollte nur ein paar Minuten bleiben. Aber ich musste einfach zu ihm gehen und ihm sagen, was ich vorhin schon hätte sagen sollen: dass auch mir die vergangenen vierzehn Monate viel bedeuteten, und dass er – egal, was geschehen würde – die Zukunft nicht alleine würde bewältigen müssen. Diese Worte konnten nicht bis zum nächsten Tag warten.
    Aber als ich an die Haustür klopfte, erhielt ich keine Antwort. Ich war nicht sonderlich überrascht oder etwa besorgt. Mr. Peterson kam oft nicht gleich an die Tür, besonders, wenn er gerade etwas geraucht hatte (was er um diese Uhrzeit regelmäßig tat) und eingedöst war.
    Ich klopfte wieder. Dann drückte ich die Türklinke nach unten. Die Tür war nicht verschlossen. In der Diele roch es nach Marihuana. Das war ungewöhnlich. Meines Wissens rauchte Mr. Peterson immer draußen im Garten, vielleicht noch auf der Veranda, wenn es regnete. Mrs. Peterson hatte den Geruch von Gras nicht leiden können, weil er in den Polstern hängen blieb, und Mr. Peterson meinte, alte Gewohnheiten würde man schwerlich ablegen. Aber ich denke eher, es war eine Gewohnheit, an der er absichtlich festhielt.
    Ich rief ihn, bekam aber keine Antwort. Ich nahm an, dass er in seinem Sessel eingeschlafen war, und als ich ins Wohnzimmer kam, sah ich, dass ich recht hatte. Er hatte die Decke über seine Beine gelegt und war mit dem Oberkörper leicht zur Seite gerutscht. Neben dem Aschenbecher stand ein fast leeres Glas Wasser, und daneben lag ein Notizblock. Und auf dem Notizblock stand in großen schwarzen Buchstaben: Bitte nicht wiederbeleben.
    Ich schlug ihm ins Gesicht. Keine Reaktion, aber seine Wange war warm, und ich hatte das Gefühl, dass er noch atmete. Ich brauchte nur drei Sekunden, um die leeren Schachteln der Tabletten zu finden, die er eingenommen hatte: Diazepam, Paracetamol und Codein. Mir war klar, dass diese Informationen wichtig sein würden.
    Ich riss den Zettel vom Notizblock, stopfte ihn in meine Hosentasche und rief den Notarzt an.

17 Eingewiesen
    Sein Abschiedsbrief lag zwei Tage später in der Post. Darin stand:
    Du hättest nichts tun können. Es war meine Entscheidung, ganz allein meine. Ich wollte friedlich und würdevoll sterben. Wenn du das jetzt noch nicht verstehst, so hoffe ich, dass du es eines Tages begreifst. Bitte verzeih mir.
    Ich hatte zwar keine Vergleichsmöglichkeiten, aber ich fand, dass es ein ziemlich jämmerlicher Abschiedsbrief war. Trotzdem legte ich ihn ordentlich ab.
    Er war mit der normalen Post geschickt worden,

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