Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
bisschen bedrückend für einen Sonntagmorgen, aber das versuchst du mir gerade zu sagen, richtig?«
»Richtig. Wenn man tot ist, ist man tot. Das ist es, woran ich glaube, und Mr. Peterson glaubt es ebenfalls. Aber der Punkt ist doch: Wenn das stimmt, dann sollte es nicht bedrückend sein. Und niemand sollte Angst davor haben. Okay, ich kann einsehen, warum es vom Standpunkt der menschlichen Evolution betrachtet beängstigend ist, aber nicht aus einer logischen Perspektive.«
»Scheiße, Woods! Man muss Angst haben, man muss keine Angst haben … Hätte ich bloß gewusst, worauf ich mich da einlasse, als ich die Tür aufgemacht habe. Tu mir einen Gefallen: Erspare mir diese Gedankenspielchen, und sag, was du sagen willst, aber einfach und in klaren Worten.«
»Ich will damit sagen, dass der Tod die einfachste Sache der Welt ist. Nur das Sterben ist schrecklich.«
Ellie verzog das Gesicht zu einer Grimasse und rieb sich den Kopf.
»Okay. Andersherum: Lange Zeit kam ich nicht über die Tatsache hinweg, dass Mr. Peterson sterben wird, aber jetzt … Etwas hat sich verändert. Es ist nicht mehr das Wichtigste für mich. Man kann gut sterben oder man kann schlecht sterben. Aber tot ist tot.«
Ellie blinzelte mich an.
»Ich will nicht, dass Mr. Peterson schlecht stirbt«, beendete ich meinen Vortrag.
»Du meinst, du willst nicht, dass er in der Psychiatrie stirbt?«
»Ja, das gehört dazu. Ich meine, wir wissen nicht, wie viel Zeit er noch hat. Vielleicht sogar ein paar Jahre. Aber ich glaube nicht, dass er mehr Zeit im Krankenhaus verbringen sollte als unbedingt nötig.«
Ellie sagte nichts. Ich starrte auf die ungeöffneten Vorhänge, bis mir aufging, dass es so aussehen könnte, als würde ich ihre Unterwäsche anstarren, die auf dem Heizkörper unter dem Fenster lag. Schnell lenkte ich meinen Blick wieder auf ihr Gesicht.
»Er hat mir gesagt, dass du noch mal zu ihm zurückgegangen bist«, sagte ich. »Du weißt schon, vor ein paar Tagen, als ich im Auto gewartet habe. Er meinte, du hättest ihn ganz schön angebrüllt.«
»Ja, deswegen wollte ich auch mit dir reden. Ich weiß, er ist dein Freund und überhaupt, und wahrscheinlich denkst du, dass ich mich einem Sterbenden gegenüber nicht so hätte verhalten sollen, aber ich konnte einfach nicht anders. Scheiße, er hat so dermaßen genervt!«
»Ja, ich weiß. Und ich weiß auch, warum du es getan hast. Danke. Ich glaube, es hat geholfen.«
Ellie wurde nicht gerade rot – Ellie wurde niemals rot –, aber mir fiel auf, dass sie wegschaute und anfing, mit ihrem Feuerzeug herumzuspielen. Wenn ich in Reichweite gesessen hätte, hätte sie mich vermutlich auf den Arm geboxt.
»Weißt du, Woods«, sagte sie nach einer Weile, »irgendwie, auf eine sehr merkwürdige, verquere Art … wegen Rowena, wie sie mich aufgenommen hat und so … na ja, da bist du so eine Art Bruder für mich. Ein sehr komischer, sozial völlig minderbemittelter Bruder natürlich, aber nichtsdestotrotz ein Bruder. So sehe ich dich jedenfalls.«
Ich sagte nichts.
»Ich will damit sagen, dass du mich in der Regel zur Weißglut treibst und ich meistens keine Ahnung habe, was an diesem bizarren Ort, den du Gehirn nennst, vor sich geht, aber trotzdem, trotz allem ist es nicht so, dass ich mich nicht für dich verantwortlich fühle und denke, ich müsste nicht auf dich aufpassen, wenn so was passiert.«
Es dauerte eine Weile, bis ich den letzten Satz so weit durchgesiebt hatte, dass er einen Sinn ergab. Ich war fast davon überzeugt, dass sie versuchte, etwas Nettes zu sagen, und dass sie von mir erwartete, mit etwas Nettem darauf zu reagieren, aber noch ehe ich darüber nachdenken konnte, was ich sagen sollte, wurde ihr langweilig, und sie wandte sich wieder dem Fernseher zu.
»Ellie?«, sagte ich schließlich.
»Ja?«
»Ich mag deinen Pony.«
Etwas Besseres fiel mir in dem Moment nicht ein.
An diesem Abend listete ich alle Fakten auf einem Zettel auf:
1.Mr. Peterson will nicht jetzt sterben.
2.Aber er glaubt, dass eine Zeit kommen wird, in der er nicht mehr länger leben will.
3.Das Problem ist, zu diesem Zeitpunkt wird er möglicherweise körperlich nicht mehr in der Lage sein, seinen Wünschen entsprechend zu handeln.
4.Das ist der Grund, warum er versucht hat, sich umzubringen, und warum er weiterhin eine Gefahr für sich selbst darstellt, wenn er aus dem Krankenhaus entlassen wird.
5.Er ist nicht depressiv. Er kann klar denken.
6.Er hat in seinem Abschiedsbrief
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