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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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geöffnet, und davor war ein Meteor nötig gewesen, der in unser Haus einschlug, damit sie sich einmal freinahm.
    »Sie war nicht einmal in der Lage, die Karten zu befragen«, fuhr Ellie fort. »Sie hat es versucht, aber sie reden nicht mehr mit ihr.«
    Darauf wusste ich nichts zu sagen. Also sagte ich nichts.
    »Woods? Bist du noch da? Du wirst doch nicht schon wieder einfach auflegen, oder?«
    »Ich dachte, du wolltest nicht mit mir reden«, sagte ich.
    »Das habe ich nicht gesagt. Jetzt halt die Klappe, und hör zu. Es gibt etwas, das ich dir sagen muss. Die Polizei war da.«
    »Die Polizei?«
    »Sie waren vor ein paar Stunden da und haben alle möglichen Fragen gestellt. Ich glaube, du steckst richtig tief in der Scheiße.«
    Meine Gedanken drehten sich in einem seltsamen, ungeschickten Tanz. »Sie hat die Polizei gerufen?«
    »Wer hat die Polizei gerufen?«
    »Meine Mutter.«
    »Bist du übergeschnappt?« Ich konnte förmlich hören, wie Ellie die Augen verdrehte. »Deine Mum hat die Polizei nicht gerufen. Natürlich hat sie’s nicht getan. Würdest du ihr das wirklich zutrauen?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Du weißt es nicht? Genau das ist dein Problem. Manchmal hast du überhaupt keine Ahnung – von gar nichts!«
    »Ja, das ist mir klar.«
    »Das Krankenhaus hat die Polizei gerufen.«
    »Was haben die Polizisten gesagt?«
    »Was glaubst du denn, was sie gesagt haben? Sie haben sich nach deinem ›Geisteszustand‹ erkundigt. Sie wollten wissen, wo du hingegangen sein oder was du vorhaben könntest. Sie haben deine Mum gezwungen, ihnen den Brief zu zeigen.«
    »Sie haben den Brief gesehen?«
    »Hör auf, alles zu wiederholen, was ich sage! Ja, sie haben den Brief gesehen, und sie haben ihn als ›Beweisstück‹ mitgenommen. Sie meinten, die Wortwahl würde Anlass zur Besorgnis geben oder irgend so eine Scheiße.«
    »Etwas anderes ist mir nicht eingefallen.«
    »Ja, das ist mir absolut klar. Und ich glaube, irgendwann ist es auch deiner Mum klar geworden. Aber jemand, der dich nicht kennt … Scheiße, Woods, es liest sich, als hätte Hannibal Lecter es geschrieben! Es gibt ein paar Dinge, bei denen tut man einfach nicht cool oder lässig.«
    »Ich bin weder cool noch lässig«, sagte ich. »Das weißt du genau.«
    » Ich weiß das. Die Polizei nicht. Die denken, du bist aus Eis. Sie wollten wissen, ob du ein Mensch bist, mit dem man vernünftig reden kann. Sie wollen einen Aufruf veröffentlichen – du weißt schon, wie man es macht, wenn ein Typ auf der Flucht ist oder irgendein Perverser ein Kind entführt hat. Sie wollen, dass deine Mum im Fernsehen auftritt und dich bittet, nach Hause zu kommen.«
    »Will sie das machen?«
    »Ich weiß nicht. Und ich glaube nicht, dass sie es weiß. Aber wenn sie es nicht tut, dann wird die Polizei die Sache vermutlich trotzdem durchziehen. Du weißt ja, wie die sind. Die Typen sind genauso wie die im Krankenhaus: Sie wollen sich nicht an den Karren fahren lassen. Es soll nicht so aussehen, als seien sie untätig.«
    Ich dachte einen Moment nach. »Wäre es okay, wenn ich dich morgen wieder anrufe?«
    »Das möchte ich dir dringend raten!«, fuhr Ellie mich an. »Wenn du schon nicht mit deiner Mutter redest, musst du mit irgendjemand anderem reden.«
    Dann war die Leitung tot. Ellie beendete ihre Telefongespräche auf die gleiche Art wie die Gespräche, die sie von Angesicht zu Angesicht führte. Abrupt.
    Ich merkte, dass ich völlig erschöpft war. Vierzig Stunden ohne Schlaf hängten sich mit einem Mal an meine Augenlider. Es erschlug mich einfach. Mein ganzer Körper machte schlapp. Mit letzter Kraft legte ich den Hörer auf die Gabel, und dann schlief ich in meinen Kleidern auf dem Bett ein. Ich schlief tief und traumlos.
    Am nächsten Morgen trafen wir uns wie verabredet mit Herrn Schäfer in der Hotelbar. Er erklärte uns später, dass er seine Kunden prinzipiell ein paar Tage vor dem entsprechenden Termin in der Klinik kennenlernen möchte. Seit er in diesem Bereich tätig war, seit etwa zwölf Jahren, hatte er eintausendeinhundertsiebenundvierzig Ausländern geholfen, in der Schweiz zu sterben. (Mr. Peterson würde Nr. 1148 sein.) Und die einzigen Kunden, die er nicht vorher getroffen hatte, waren jene, die dies ausdrücklich nicht gewünscht hatten.
    Mein erster Eindruck von Herrn Schäfer war, dass er viel größer war, als ich erwartet hatte – und zwar in jeder Beziehung. Er war ein groß gewachsener, gut gebauter Mann, etwa Anfang sechzig. Er trug eine

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