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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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Volk waren. Sie blickten auf eine lange, stolze Tradition der Neutralität zurück – was bedeutete, dass sie sich aus Kriegen heraushielten und sich auf konstruktive Unternehmungen konzentrierten, wie die Wissenschaft, das Bankensystem und den Uhrenbau, in dem sie sich besonders hervortaten.
    Durch mein intensives Studium des Michelin-Straßenatlasses fühlte ich mich auf den Straßen der Stadt sofort zu Hause. Dennoch mögen meine Bemühungen rückblickend betrachtet ein wenig übertrieben erscheinen. Für den Fall, dass Sie es nicht wissen: Zürich ist eine Stadt mit einem ganz unverwechselbaren Charakter. Sie liegt in einer natürlichen Senke, die durch das Flussbecken der Limmat geformt wurde, und hat wie gesagt die Form einer großen Brücke oder eines gigantischen Hufeisens, wobei die nördliche Spitze des Sees den Raum zwischen den beiden Bögen ausfüllt. Die Limmat zerschneidet das Zentrum der Altstadt in einer geraden Nord-Süd-Linie und teilt die gesamte Stadt in zwei beinahe gleich große Hälften. Dreißig Kilometer südlich der Mündung des Flusses erheben sich die Alpen. Dank dieser deutlichen Landmarken ist es relativ einfach, sich in Zürich zurechtzufinden. Jedenfalls meiner Erfahrung nach.
    Es war natürlich auch hilfreich, dass das Hotel im Kreis 8, das uns Herr Schäfer empfohlen hatte, mit dem Auto sehr leicht zu erreichen war. Die meisten Hotels in Zürich drängen sich um die Limmat in der Stadtmitte, aber unseres befand sich ganz in der Nähe des Utoquais, der Flaniermeile von Zürich, die sich an der nordöstlichen Seite des Sees entlangzieht. Herr Schäfer verfügte über eine Liste von etwa einem Dutzend Hotels, die er seinen Patienten empfiehlt, je nach Bedürfnissen und Geldbeutel. Er hat eine Menge Erfahrung in der Betreuung von Ausländern, die zum Sterben in die Schweiz kommen.
    Mr. Petersons Bedürfnisse waren recht einfach zu befriedigen. Ich hatte Herrn Schäfer vor etwa einem Monat diesbezüglich eine E-Mail geschickt, gleich nachdem wir eine Bestätigung des Termins bekommen hatten. Mr. Peterson suchte ein Hotel in einer ruhigen Gegend mit einer guten Verkehrsanbindung, einem Parkplatz oder Parkhaus und einer behindertengerechten Ausstattung. Sein Zimmer musste geräumig sein und barrierefrei, mit Haltegriffen im Badezimmer und mindestens einem bequemen, hochlehnigen Stuhl. Sein Zimmer sollte einen Balkon haben, und nach Möglichkeit nicht die Atmosphäre eines Wartesaals, »wo man hingeht, um auf den Tod zu warten«.
    Wenn dir eine bessere Formulierung einfällt, wie man das beschreiben kann , schrieb er für mich auf, dann nur zu!
    Unglücklicherweise war dies nicht der Fall, und ich zog es vor, Mr. Petersons Wünsche so klar und präzise wie möglich zu formulieren, damit keine Missverständnisse entstanden. Darum schrieb ich es in der E-Mail an Herrn Schäfer genau so, wie Mr. Peterson es ausgedrückt hatte. Als wir im Hotel ankamen, hatte ich den Eindruck, dass es dieses Kriterium sehr gut erfüllte, obwohl dies wieder ein Gebiet war, auf dem ich wenig Erfahrung hatte. Ich hatte noch nie zuvor in einem Hotel gewohnt. Ich kannte Hotels nur aus Filmen, also wusste ich nicht genau, wie ein Hotel, in dem man auf den Tod wartet, aussehen oder sich anfühlen würde. Ich kann nur sagen, dass ich unser Hotel für ein schönes Hotel hielt. Es hatte einen großen Empfangsbereich mit einer hohen Decke und mächtigen Steinsäulen, die entweder aus Marmor oder einem sehr guten Marmorimitat gemacht waren. Die Rezeption hatte einen Tresen aus dunklem, poliertem Holz, und direkt darüber hing ein goldfarbenes Schild, auf dem in Deutsch, Englisch und Französisch etwas eingraviert war, nämlich Folgendes:
    Empfang / Reception / Réception
    Eigentlich war mindestens eine dieser Übersetzungen völlig überflüssig.
    » Guten Tag, mein Herr «, sagte ich in meinem forschen, sicheren Deutsch zu dem Mann an der Rezeption. » Wir haben zwei Zimmer reserviert. Der Name ist Peterson. «
    Der Rezeptionist war ein kleiner, akkurater Mann mit einem faltenlosen Anzug und einem dünnen, professionellen Lächeln. »Ah, yes. Mr. Peterson. Welcome to the Hotel Seeufer. I trust that your stay with us will be a pleasant one.«
    » Ich bin nicht Herr Peterson «, erklärte ich ihm. » Herr Peterson ist der Mann im Stuhl. «
    Der Rezeptionist nickte. »Yes, I see. My apologies for the confusion.«
    » Das macht nichts. Können Sie uns mit unserem Gepäck helfen? «
    Der Mann zuckte nervös. »Yes, of course.

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