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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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mehr verdünnt als das.
    Das war vermutlich auch der Grund, warum Dr. Enderby der Meinung war, homöopathische Medikamente würden keinen Schaden anrichten. In dieser Konzentration ist die tödliche Tollkirsche nicht mehr tödlich. Aber mir wurde das erst viel später klar. Im Alter von elfeinhalb waren die homöopathischen Pillen lediglich zwei Pillen mehr, die ich schlucken musste. Ich nahm mindestens sechs pro Tag und stellte keine Fragen.
    Weil ich das Haus nicht mehr verlassen konnte, konnte ich auch nicht mehr zur Schule gehen, und weil ich nicht mehr zur Schule gehen konnte, hatte meine Mutter ein Problem. Sie konnte es sich nicht leisten, ihre Arbeit aufzugeben, aber ich war viel zu jung und viel zu krank, um allein bleiben zu können. Ein Vollzeit-Babysitter kam nicht in Frage. Meine Mutter wollte mich in ihrer Nähe haben, sodass sie sofort für mich da sein konnte, wenn ich einen Anfall bekam, und unser Zuhause und der Laden lagen zehn Autominuten voneinander entfernt.
    Unser Haus lag (und liegt noch) in Lower Godley, etwa neun Kilometer nordöstlich von Glastonbury. Möglicherweise haben Sie nie von dem Ort gehört, aber das macht nichts. Lower Godley ist ein sehr kleines Dorf. Es besteht eigentlich nur aus einer langen, geraden, von Häusern gesäumten Straße. Hinter den Häusern liegen Felder, und in der Mitte des Dorfes wird die Straße etwas breiter. Dort gibt es einen Laden, eine Kirche und ein Postamt. Der Ort hat etwa vierhundertzwölf Einwohner und eine sehr unregelmäßig fahrende Buslinie. Das einzig Interessante, was ich Ihnen über Lower Godley erzählen kann, ist Folgendes: Der Name Lower Godley impliziert die Existenz eines Upper Godley, aber (aus Gründen, die niemand im Dorf kennt) gibt es kein Upper Godley. Falls es jemals existiert hatte, so war es vom Erdboden verschwunden. Es ist auch möglich, dass derjenige, der unserem Dorf seinen Namen gab, der Meinung war, Godley allein wäre ein blöder Name für einen Ort, und so wurde das »Lower« lediglich aus einer Laune heraus ergänzt. Ich weiß es nicht. Aber warum auch immer, das Dorf bekam einen irreführenden Namen, und das ist bei Weitem das Spannendste, was man über den Ort sagen kann.
    Doch um zu der Geschichte zurückzukehren: Unser Haus in Lower Godley war zu weit vom Laden meiner Mutter entfernt. Ich konnte tagsüber nicht dortbleiben; sie hätte sich sonst zu Tode geängstigt. Und deshalb tauschten wir mit Justine und Sam die Wohnungen. Meiner Mutter gehörte sowohl die Wohnung über dem Laden als auch der Laden selbst. Sie hatte beides mit dem Geld gekauft, das mein Großvater (ihr Vater) ihr hinterlassen hatte, nachdem er an einem Herzinfarkt gestorben war. Das war kurz nachdem er erfahren hatte, dass sie mit mir schwanger war.
    Sam und Justine hatten nichts dagegen zu tauschen: Erstens war unser Haus in Lower Godley viel größer und schöner als die Wohnung über dem Laden. Zweitens lag hinter dem Haus ein hübscher, verwilderter Garten. Drittens halfen sie uns gerne. Es machte ihnen auch nichts aus, sich um Lucy zu kümmern. Lucy konnte uns nicht begleiten, weil die Wohnung zu klein und ihr die Gegend nicht vertraut war. Überall waren Straßen, und deshalb hätten wir sie nicht ins Freie lassen können. Aber Lucy war schon immer eine Freigängerin gewesen, und meine Mutter glaubte nicht, dass es ihr gefallen würde, eingesperrt zu sein.
    »Wenigstens würde sie das davon abhalten, sich fortzupflanzen«, sagte ich missmutig.
    Ich war beleidigt, denn mir gefiel es schließlich auch nicht, eingesperrt zu sein. Aber nachdem wir umgezogen waren, wurde mir klar, dass die Wohnung wirklich nicht groß genug für die Katze war. Sie war ja kaum groß genug für meine Mutter und mich. Wir hatten hier gelebt, bis ich drei Jahre alt war, aber daran erinnere ich mich nicht. Und damals war ich viel kleiner gewesen, deshalb vermute ich, dass es sich nicht so beengt angefühlt hatte.
    Die fünf Zimmer der Wohnung variierten in der Größe von klein bis extrem klein, so ähnlich wie diese russischen Puppen, die man ineinanderstecken kann. Das Schlafzimmer meiner Mutter war der einzige Raum, der tatsächlich Zimmergröße besaß. Die Küche war ein wenig kleiner, und das Wohnzimmer war wiederum kleiner als die Küche. Das Badezimmer war so eng, dass man das Waschbecken, die Dusche und die Toilette gleichzeitig benutzen konnte, allerdings nicht ohne gewisse Konsequenzen. Und schließlich – am Ende der Hierarchie, die kleinste Puppe –

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