Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
Haus und an mein Bett gebunden. Ich sagte mir, dass ich letzten Endes nur an mein Gehirn gebunden war, und das war eigentlich kein bedauernswerter Zustand. Mein Gehirn konnte mich – mit ein bisschen Hilfe von den Gehirnen anderer Leute – an einige ziemlich interessante Orte führen und allerlei wunderbare Dinge erschaffen. Trotz seiner Schwächen war mein Gehirn, so fand ich, gar kein so übler Aufenthaltsort.
Meine Korrespondenz mit Dr. Weir begann, nachdem man mich aus dem Krankenhaus entlassen hatte, und setzt sich bis zum heutigen Tage fort. Hier ein Brief, den ich in der Schachtel schrieb (2005), sowie die Antwort, die ich von Dr. Weir erhielt.
Liebe Frau Dr. Weir,
vielen Dank für die Weihnachtskarte. Jupiter ist ein sehr hübscher Planet, aber bei Weitem nicht so hübsch wie die Erde. Ich fand es sehr verblüffend, dass der Große Rote Fleck dreimal größer ist als die Erde. Das muss ein sehr mächtiger Sturm sein. Jupiter ist noch massereicher, als ich dachte. Wenn Sie noch mehr Fotos der Planeten haben, würde ich die wirklich sehr gerne sehen. Normalerweise würde ich sie googeln, aber im Augenblick habe ich leider keinen Internetzugang.
Tut mir leid, dass ich nicht eher geschrieben habe, um mich zu bedanken, aber ich habe im Moment ziemlich viele epileptische Anfälle. Falls Sie es nicht wissen: Bei einem epileptischen Anfall läuft die Elektrizität im Gehirn Amok und verursacht Krämpfe, Halluzinationen und so weiter. Bei mir wurde kurz nach Weihnachten Temporallappenepilepsie (TLE) festgestellt, als ich bewusstlos in der Küche zusammenbrach. Mir geht es aber schon ein bisschen besser. Dr. Enderby, mein Neurologe, ist sehr nett. Er hat mir Carbamazepin verschrieben, ein Antiepileptikum. Anfangs wurde mir davon schwindelig und schlecht, aber jetzt, wo ich mich daran gewöhnt habe, ist es nicht mehr so schlimm.
Leider kann ich schon seit Monaten nicht mehr in die Schule gehen, weil meine Anfälle zu häufig und zu schlimm sind. Dr. Enderby sagt, dass Stress im Moment einer der häufigsten Auslöser bei mir ist, aber es gibt Dinge, die ich lernen kann und die mir helfen, die Sache in den Griff zu bekommen. Das Gute daran, dass ich nicht in die Schule gehe, ist die viele Zeit, die ich jetzt zum Lesen habe. Ich habe Martin Beechs Meteoritenbuch mindestens fünfmal gelesen und auch einige Bücher über das Gehirn. Dr. Enderby meint, es sei gut, wenn ich über meinen Zustand Bescheid wüsste, und es macht Spaß, mehr über meinen Schädellappen, über Neuronen und Synapsen und das alles zu lernen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass das Gehirn so kompliziert ist. Dr. Enderby sagt, es sei die komplizierteste Ansammlung von Atomen im bekannten Universum. Das hat mich echt umgehauen! Ich glaube, wenn ich erwachsen bin, würde ich gerne Neurologe werden, es sei denn, ich beschließe, stattdessen Astrophysiker zu werden. J
Aber obwohl ich so viel für mich selbst lerne, hat das Schulamt meiner Mutter geschrieben, dass sie mir einen Privatlehrer schicken, der mich unterrichtet, solange ich nicht zur Schule gehen kann. Glücklicherweise müssen wir nichts dafür bezahlen. Das ist alles in den Steuern drin, die meine Mutter bezahlt.
Nochmals vielen Dank für die Karte und für Martin Beechs Buch. Ich hoffe, es geht Ihnen gut und Ihre Forschungsarbeiten kommen gut voran. Und ich hoffe, dass die anderen Astrophysiker Ihnen verziehen haben, weil Sie die Erste waren, die meinen Eisen-Nickel-Meteoriten untersucht hat. Ich will ihn immer noch irgendwann einem Museum spenden, aber im Moment möchte ich ihn noch in meiner Nähe haben, um ihn anschauen zu können, wann immer ich will. Er liegt auf dem Regal neben meinem Bett und ist gewöhnlich das Erste, was ich sehe, wenn ich aufwache. Das ist irgendwie schön.
Mit freundlichen Grüßen
Alex Woods
Dr. Weirs Antwort.
Lieber Alex,
es ist schön, von dir zu hören, obwohl es mir sehr leid für dich tut, dass du so krank warst. Ich weiß, dass Epilepsie sehr schlimm sein kann und man lange braucht, um damit zurechtzukommen. Ich habe Dr. Enderby gegoogelt, und es scheint mir, als ob du dich in den besten Händen befindest. Lass den Kopf nicht hängen; ich bin mir sicher, dass es dir bald besser geht.
Ich finde es fantastisch, dass du dich so sehr für die Wissenschaft interessierst! Es klingt, als ob du bereits jetzt eine ganze Menge über das Gehirn wüsstest, und deshalb wirst du vermutlich einen ganz wunderbaren Neurologen abgeben (und falls du beschließt,
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