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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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Astrophysiker zu werden: umso besser!)
    Da dir Martin Beechs Meteoritenbuch so gut gefallen hat, wirst du vermutlich auch »Das Universum. Eine Einführung « mögen. Ich schicke es dir mit diesem Brief. Es ist ein Geschenk, das dir helfen soll, bald gesund zu werden, und außerdem stehen darin viele Informationen über die Sterne, die Planeten und den Asteroidengürtel. Und es enthält außergewöhnliche Fotos, die mit dem Hubble-Weltraumteleskop gemacht wurden.
    Bitte schreib mir bald wieder. Ich bin sehr interessiert daran, wie du vorankommst – besonders mit dem Lesen.
    Alles Gute!
    (Dr.) Monica Weir
    PS: Bitte grüße auch deine Mutter von mir.
    Innerhalb der nächsten Monate gelang es mir allmählich, meinen Zustand immer besser zu kontrollieren. Dr. Enderby brachte mir einige Übungen bei, mit denen ich meine Anfälle bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt aufhalten konnte – nämlich sobald mir meine »Aura« bewusst wurde. Diese Übungen basierten alle darauf, ruhig, wachsam und konzentriert zu bleiben. Ich musste meine Aufmerksamkeit von unerwünschten Gedanken und Gefühlen fernhalten und sie auf eine Art Anker richten.
    Ich hielt den Atem an. Ich zählte bis fünfzig. Ich benannte alle Planeten und ihre Hauptmonde, angefangen bei der Sonne und dann nach außen weitergehend bis zum Kuipergürtel. Ich listete die Figuren aus Die Simpsons auf. Ich blieb ruhig und wachsam und vertrieb jede unerwünschte Störung in den hintersten Winkel meines Gehirns, konzentrierte meinen Geist wie einen Laser. Es war eine denkwürdige Erfahrung. Ich sagte Dr. Enderby, ich käme mir vor wie ein Jedi-Schüler. Dr. Enderby antwortete, dass ich genau das sei. Was er mir beizubringen versuchte, war eine Art von Meditation – eine Möglichkeit, wie mein Gehirn ausgeglichen und friedlich bleiben konnte.
    Ich versuchte es auch mit Musik als Anker. Dr. Enderby meinte, die Forschung hätte gezeigt, dass die Musik vielen Menschen half, das Fortschreiten eines Anfalls aufzuhalten. Aber man musste wirklich und wahrhaftig hinhören, und einige Arten von Musik wirkten besser als andere. Idealerweise war diese Musik ruhig und hatte eine relativ verschlungene Struktur. Klassische Musik ohne Gesang hatte die besten Ergebnisse geliefert.
    Unglücklicherweise besaß meine Mutter keine klassische Musik, weder mit noch ohne Gesang. Es gab in unserer Wohnung ganze fünf CDs. Vier davon waren mit Entspannungsmusik – Walgesänge und Delfine und Panflöten und so weiter – und die fünfte war ein Sampler mit Liedern aus den 1980er-Jahren. Das erste Stück auf dieser CD war Enola Gay , ein uraltes Lied über den Atombombenabwurf von Hiroshima von einer Band namens Orchestral Manoeuvres in the Dark. Das zweite Lied war Neunundneunzig Luftballons von Nena, in dem es auch um nukleare Zerstörung ging. In den 1980ern war dies ein beliebtes Thema gewesen; Ronald Reagan war Präsident der Vereinigten Staaten geworden, und man fürchtete das Schlimmste. Aber das war ebenfalls etwas, das ich erst viel später verstand, nachdem ich mich ausgiebig mit Mr. Peterson unterhalten hatte.
    Nach einigen Selbstversuchen hatte ich herausgefunden, dass die Delfine keine Wirkung zeigten, die Panflöten zu einer leichten Verbesserung führten und Enola Gay meine Anfälle um ein Vielfaches schlimmer machte.
    Die Privatlehrerin, die uns das Schulamt schickte, hieß Mrs. Sullivan. Sie war ganz nett, aber sie bekam nur drei Stunden wöchentlich bezahlt, und diese Zeit verbrachten wir hauptsächlich damit, die Dinge durchzugehen, die ich bereits wusste. Mrs. Sullivan meinte, im Moment sei es das Wichtigste, sicherzustellen, dass ich den Stoff der Grundstufenprüfungen beherrschte, die ich vor einigen Monaten hätte absolvieren sollen. Sie wollte mir nichts Neues beibringen – nichts von dem, was ich eigentlich jetzt schon hätte lernen sollen.
    »Eins nach dem anderen, Alex«, betonte sie.
    Das machte die Unterrichtseinheiten leider sehr unproduktiv. Ich konnte mich kaum konzentrieren, und ich entschied, dass ich viel besser lernte, wenn ich allein in meinem Schlafanzug in der Schachtel saß.
    Als ich die Grundstufenprüfung endlich ablegen durfte, bestand ich ohne Probleme. Aber zu dem Zeitpunkt hinkte ich meinem Jahrgang bereits ein ganzes Jahr hinterher. Als ich wieder in die Schule zurückkehrte, steckte mich das Schulamt ins erste Jahr der Mittelstufe statt ins zweite, wo ich altersmäßig eigentlich hingehörte. Aber ich wusste nicht genug, um ein Jahr zu

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