Das Ungeheuer von Florenz
trugen doch diese hübschen, wertlosen Sachen, die in jedem Warenhaus angeboten wurden. Es konnte gut sein, daß die Mutter eines der Opfer behauptete, eines der Stücke gehöre ihrer Tochter.
»Wir warten.«
»Ich… es sind die Sachen, die Sie von meiner Tochter mitgenommen haben, vermute ich.«
»Sie vermuten es? Wieder diese Masche?«
»Für mich sieht das alles gleich aus, das Zeug ist doch nur aus Plastik. Warum fragen Sie nicht meine Tochter?«
»Das kommt schon noch. Ich will aber jetzt Ihre Antwort hören. Diese Schmuckstücke wurden auf Ihrem Grundstück gefunden. Wie wollen Sie uns erklären, daß sie sich dort befanden?«
Der Anwalt machte nun ebenfalls eine besorgte Miene.
Er bat um Entschuldigung, setzte seinem schniefenden Klienten mit gedämpfter Stimme umständlich etwas auseinander und beschloß zuletzt, für ihn zu sprechen.
»Mein Klient sagte in gutem Glauben, daß die in seinem Haus beschlagnahmten Schmuckstücke seiner Tochter gehörten. Er ist sich nicht sicher, daß er diese Dinge jetzt wiedererkennt, denn sie sind nicht sein persönliches Eigentum, und er hat nie Gelegenheit gehabt, sie gründlich in Augenschein zu nehmen.«
Bei diesen Worten zuckte Simonetti mit den Schultern und reichte Esposito die Seifenschale zurück.
»Erzählen Sie mir von Ihrer Waffe.«
»Ich habe keine Waffe! Das einzige, was ich je hatte, war ein Luftgewehr, die Sorte, die man braucht, um die Hunde von den Hühnern fernzuhalten.«
»Das Projektil, das wir in Ihrem Garten gefunden haben, stammte nicht aus einem Luftgewehr.«
»Nein! Denn das haben Sie dahingelegt. Sie waren das!«
Er war aufgesprungen, außer sich vor Wut, das Gesicht dunkelrot. Wenn die Vernehmung so weiterging, würde er noch einen Herzanfall bekommen, da war sich der Maresciallo sicher. Und wirklich, fast unmittelbar darauf sackte der Mann auf den Stuhl zurück und atmete schwer. Die Farbe wich aus seinem Gesicht, und seine Haut wurde feucht und verfärbte sich gräulich und bekam um seine Lippen herum einen blauen Schimmer.
Der Anwalt stand auf. »Sie müssen aufhören. Er muß seine Arznei einnehmen. Er braucht einen Arzt.«
»Wir unterbrechen für eine Stunde.«
Zum Schluß waren fast zwei Stunden vergangen, ehe der Arzt die Fortführung der Vernehmung gestattete. In der Zwischenzeit gingen die Beamten einen Kaffee trinken, und Simonetti empfing die Journalisten, die auch dann noch an der Treppe herumlungerten, als die Männer zurückkehrten.
»Er verschwendet wirklich keine Zeit«, murmelte Ferrini.
»Übrigens, wo ist denn Ihr Freund Bacci abgeblieben?«
»Dasselbe wollte ich Sie auch gerade fragen.«
Ferrini zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat er heute seinen freien Tag.«
»Nein, nein. Ich habe gestern abend mit ihm gesprochen und ihn gebeten, mir eine Liste mitzubringen, die ich brauche. Irgend etwas hat er gesagt, er sei heute verhindert oder so. Können wir reingehen, wenn Sie zu Ende geraucht haben? Ich wollte ein paar Dinge mit Ihnen besprechen, bevor die anderen alle wiederkommen.«
Sie setzten sich an den Tisch, vor dem der Stuhl des Verdächtigen stand. Der Schweißgeruch seiner Furcht lag noch im Raum, fast wie eine körperliche Präsenz.
»Armer Teufel«, bemerkte Ferrini. »Ich bezweifle zwar, daß er mehr abkriegt, als er verdient, aber trotzdem ist er ein armer Teufel.«
»Ich dachte gerade«, sagte der Maresciallo und bemühte sich, verständliche Worte für die in seinem Kopf herumschwirrenden Bilder zu finden, »das ist doch die zweite Vernehmung nach der Hausdurchsuchung…«
»Und?«
»Wenn ich die Fragen stellen würde, hätte ich gern gewußt, woher all das Geld stammt.«
»Ein interessanter Gesichtspunkt, aber ich habe das Gefühl, daß danach niemand fragen wird.«
»Und aus welchem Grund?«
Ferrini zuckte mit den Schultern. »Aus welchem Grund? Weil das egal ist. Geld verdient man nicht dadurch, daß man irgendwelche Leute umbringt. Man könnte es natürlich stehlen, aber ich glaube nicht, daß es Grund zu der Annahme gibt, einer von diesen jungen Leuten hätte Geld gehabt. Und das wenige, das sie bei sich hatten, wurde ja nie angetastet.«
»Ja, aber… ich will sagen, er ist doch nicht das Ungeheuer, oder? Folglich…«
»Folglich könnte er Bankräuber sein. Ich glaube, ich weiß, worauf Sie hinauswollen, aber einen Bankräuber braucht hier niemand, wenn ich das richtig sehe. Sie brauchen ein Monster, und deshalb wird niemand Zeit auf irgend etwas verschwenden, das nicht bei
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