Das Ungeheuer von Florenz
ist. Sie war erst zwölf, als Margherita ermordet wurde, und wenn Sie nach dem Gespräch mit ihr immer noch nicht überzeugt sind, daß Silvano das Ungeheuer ist…«
Di Maira stand auf, und der Maresciallo erhob sich ebenfalls und ging ihm nach.
»Da ist noch etwas.«
Di Maira blieb auf der Schwelle stehen und drehte sich um.
»Es ging einmal das Gerücht und die Zeitungen haben es natürlich weidlich ausgeschlachtet –, daß das Ungeheuer nie entdeckt werden würde, weil es zu den Honoratioren von Florenz gehört. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch daran erinnern?«
Der Maresciallo dachte einen Augenblick nach. »War das zu der Zeit, als es hieß, er könnte ein angesehener Chirurg sein?«
»Genau. Damals waren sogar zwei verschiedene Gerüchte im Umlauf, die zu einem wurden. Sie stammten aus zwei verschiedenen Quellen, von denen eine hochbrisant und die andere nebensächlich ist. Das mit dem Chirurgen kam nach einem Obduktionsbericht auf, in dem von der Präzision der Schnitte die Rede war und so weiter, aber ein Metzger ist auch präzis, wenn er Hühner zerteilt – meiner Meinung nach ist das alles Unsinn. Ich hab die Toten gesehen, und ich kann Ihnen sagen, jeder Sarde, der je ein totes Lamm enthäutet hat… Wissen Sie, worauf ich hinauswill?«
»Ja, ja, natürlich…«
»Mag das sein, wie es will, das andere Gerücht um die VIP aus Florenz ist brisant, also verbrennen Sie sich nicht die Finger.«
»Aber wenn Sie doch glauben, daß es Silvano war?«
»Es ist Silvano. Dieses Gerücht – wie es in Umlauf kam, kann ich Ihnen nicht sagen – zerstreute sich wieder. Wir haben zu der Zeit die ganze Truppe der Voyeure überprüft, und ich kann Ihnen sagen, das, was wir gefunden haben, hat uns alle verblüfft. Zum einen, weil wir es ja nicht mit einem Hobby zu tun hatten, sondern mit einem regelrechten Geschäft. Die ländlichen Gebiete im Umkreis von Florenz waren zwischen den verschiedenen Banden aufgeteilt. Wer bei einem Paar zusehen wollte, mußte vorher um Erlaubnis fragen und dafür zahlen. Außerdem wurden von den arglosen jungen Leuten Ton- und Filmaufnahmen gemacht. Ein Angebot beruht ja auf Nachfrage. Können Sie mir folgen? Und an diesem Punkt kommt die berühmte Person aus Florenz ins Spiel, aber diese Information wurde als Geheimsache eingestuft, wie Sie sich denken können. Wie immer ist aber trotzdem etwas durchgesickert, und da kam plötzlich das Gerücht auf, das Ungeheuer sei ein hohes Tier in Florenz, dessen Name niemals preisgegeben werden würde, vor allem, als Sassetti verhaftet wurde und nicht reden wollte. Er fuhr das Auto von Scandicci, und offenbar hatte er in jener Nacht einen Klienten dorthin begleitet. Das ist alles Unsinn, aber trotzdem, rühren Sie bloß nicht an diesem Teil der Ermittlungen, sonst kommen Sie unweigerlich mit einigen mächtigen Leuten in Konflikt, und das sind alles Freimaurer, wenn Sie wissen, was ich meine. Außerdem ist es die Sache nicht wert. Silvano war ein Einzelgänger und hatte mit diesen Banden nichts zu tun.«
»Ja, wenn sie sich nicht gegenseitig in die Quere kamen.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Sie sagten doch, die Banden seien straff organisiert und hätten das ganze Gebiet um Florenz unter sich aufgeteilt.«
Di Mairas Miene veränderte sich. »Was soll das? Wir haben alle überprüft. Wenn er jemandem von denen in die Quere gekommen wäre, hätten wir Wind davon bekommen.«
»Es sei denn, diese Leute hatten einen guten Grund, das für sich zu behalten.«
»Welchen zum Beispiel?«
»Gewinn. Es war doch, wie Sie selbst sagten, ein Geschäft.«
»Ach so, Sie wollen auf Erpressung hinaus. Die gab es zwar auch zur Genüge, spielt hier aber keine Rolle. Silvano hatte kein Geld, jedenfalls nicht solches Geld.«
»Nein. Aber die Kundschaft aus den hohen Kreisen hatte welches. Haben die denn keine Filme, Bänder und so weiter gekauft?«
»Herrgott, meinen Sie das ernst? Doch, ich seh schon… Damit könnten Sie sogar recht haben! Sie waren hinter ihm her, um ihn zu filmen. Wissen Sie, was für einen solchen Film in gewissen Kreisen bezahlt wird?«
»Ich mag es mir gar nicht vorstellen.«
»Jedenfalls ist der Preis für die Pornofilme, in denen tatsächlich gestorben wird, nichts dagegen.«
»Schön, schön, dann vergessen wir das eben. Nach allem, was Sie mir erzählt haben, ist das vielleicht sogar besser. Aber es wäre möglich, daß Nenci davon zwanzig Prozent wollte. Hat man ihn bei irgendeinem Geschäft übergangen?«
»Gute
Weitere Kostenlose Bücher