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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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von affektiver Zuwendung in der Kindheit verursachte Gleichgültigkeit ist sehr gefährlich.
    7. Wurde die Person bereits einmal wegen Brandstiftung verurteilt, oder ist bekannt, daß sie in der Kindheit Vergnügen dabei fand, Gegenstände in Brand zu setzen?
    8. Befinden sich im persönlichen Eigentum der Person auch Waffen? Dies kann eine unbewußte Vorbereitung darauf sein, Phantasien in Wirklichkeit umzusetzen.
    Der Maresciallo seufzte und gab es auf. Bacci hatte recht. Die Informationen waren viel zu allgemein gehalten. Was auf Silvano zutraf, konnte auch eine Beschreibung des Verdächtigen sein. Und was die drei jüngeren Männer anging, die für ihn als Täter in Frage kamen, so half ihm diese Lektüre auch nicht weiter, da er sie allesamt nie gesehen, geschweige denn mit ihnen gesprochen hatte. Die Informationen, die er brauchte, waren einfach nicht zu beschaffen. Was sollte er nur tun? Salvatore Angius aufspüren, ihn anrufen und fragen, was für Filme er sich gern ansah?
    Außerdem war das alles Material aus der klinischen Psychiatrie und nicht das Ergebnis polizeilicher Ermittlungen. Entmutigt beschloß er, für heute Schluß zu machen und Ferrinis Rat zu befolgen. Er war müde, und Hunger hatte er auch. Er faltete die Zeitungen zusammen und dachte, er könne sie, nach einem Teller Pasta aufgemuntert, durchblättern, schaltete das Licht im Büro aus und schloß die Tür ab.
    »Mist!« murmelte er, als er nach dem Schlüssel seiner Wohnungstür angelte. Er hörte, daß der Fernseher lief – das zeigte nur, wie müde er war, wenn er zu Mittag vergessen hatte, ihn auszuschalten. Aber das Licht war an, ein Abendessen stand auf dem Herd, und die Jungen kamen ihm im Korridor schreiend entgegengelaufen: »Papa, Papa! Wir sind wieder da!«
    Sie verbrachten einen Abend, der ebenso turbulent wie fröhlich war. Die Waschmaschine wurde eingeschaltet, danach der Fernseher und zuletzt das Kassettengerät, das Toto zu Weihnachten bekommen hatte. Teresa lief geschäftig von einem Zimmer ins andere, kochte, packte aus und stellte Sachen um, während die Jungs hierhin und dorthin liefen und die Ordnung, die ihre Mutter schuf, sofort wieder in ein Chaos verwandelten. Der Maresciallo spazierte glücklich und ziellos umher, wollte keinen von ihnen auch nur für eine Sekunde aus den Augen lassen. Er hatte vergessen, daß heute der 6. Januar war. Das Datum fiel ihm erst wieder ein, als Giovanni von seiner Mutter gescholten wurde, weil er vor dem Abendessen ein großes Stück Kandiszucker aus seinem Strumpf zu essen begonnen hatte. Dem Maresciallo wurde aufgetragen, es ihm wegzunehmen, und er funkelte seinen pausbäckigen Sohn mit einem Blick aus seinen aufgerissenen Augen an, den er für drohend hielt.
    »Möchtest du ein Stück abhaben?« flüsterte Giovanni, der den Blick mißverstand. Und der Maresciallo nahm ein Stück.
    Es war schon nach elf, als Ruhe einkehrte. In der Wohnung war es warm und sauber, und der noch immer in der Luft liegende Duft des guten Essens wurde allmählich von dem einer offenen Tasche entströmenden Geruch frischer Orangen und Zitronen überlagert, die tags zuvor in Sizilien gepflückt worden waren.
    »Das hab ich ja ganz vergessen«, sagte Teresa, reichte dem Maresciallo eine Tasse Kamillentee und setzte sich mit einem zufriedenen Seufzer neben ihn, »der nette junge Mann, dieser Marco, hat angerufen, kurz bevor du kamst.«
    »Warum hat er mich denn nicht im Büro angerufen?«
    »Das hat er, aber er wurde gleich zum Notruf durchgestellt.«
    »Ach so. Na, macht nichts, ich wollte ihn morgen sowieso anrufen.«
    Er legte den Arm um seine Frau. »Wollen wir ins Bett gehen?«
    »Er sagte, du sollst dir die Zeitungen ansehen, möglich, daß da etwas über deinen Fall drin ist.«
    Doch der Maresciallo antwortete nicht.
    »Signora?«
    Er hatte sie in dem Augenblick erkannt, als sie aus der Tür trat, noch bevor sie stehengeblieben war und sich nach ihm umgeschaut hatte. Sie sah älter aus, als sie seiner Berechnung nach sein mußte. Ein Tweedmantel und ein brauner Wollschal hüllten die zierliche Frau ein.
    »Maresciallo?«
    Sie gaben sich die Hand, und der Maresciallo öffnete ihr die Autotür.
    »Je weniger lange Sie in diesem kalten Wind herumstehen, desto besser.«
    »Ach, das macht mir nichts aus. Die Kälte oben im Norden ist feucht.«
    Im Auto, vor dem Wind geschützt, war es wirklich sehr warm, zumal die Sonnenstrahlen, die durch die Scheiben fielen, schon kräftig waren. Trotz seiner dunklen Brille

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