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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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der Hand seines Bruders vor, auf dem stand: »Beschuldige weiter Vargius. Du mußt die Familie schützen.«
    In der Akte sollte nun die Zusammenfassung der Ermittlungen folgen, die zu Fabios Verhaftung geführt hatten, doch der Maresciallo konnte sie nicht finden. Wenn sein Gedächtnis ihn nicht trog, hatte Fabio nicht nur ziemlich absonderliche sexuelle Neigungen, sondern besaß auch eine beunruhigende Sammlung von Messern, die er nach eigenem Bekunden für sein Hobby, die Korkschnitzerei, benötigte. Aber auch Fabio hatte man nichts nachweisen können, und nach dem Mord in Viccio hatte man ihn freilassen müssen. Wo war bloß dieser Teil der Akte? Das mußte die fehlende Seite sein, von der der Maresciallo geträumt hatte, vielleicht im Bewußtsein, daß sie ihm aus der Hand gefallen war, als er einschlief. Er fand sie schließlich unter dem Fernsehapparat und ordnete sie wieder in den Blätterstapel ein.
    »Aber trotzdem«, murmelte der Maresciallo, während er zur Dusche ging, »hat er bei der Sache 1968 mit Sergio bis zum Hals mit dringesteckt, auch wenn das heute niemand mehr beweisen kann.«
    Er fühlte sich gar nicht so müde, wie er es eigentlich hätte sein können. Das munterte ihn auf. Noch mehr aber munterte ihn auf, daß heute, falls alles gutging, der letzte Tag ihrer weidlich in den Zeitungen ausgeschlachteten Hausdurchsuchung bei dem Verdächtigen war. Er hatte genug davon.
    »Ich habe genug«, sagte der Maresciallo.
    »Wie steht's mit Ihnen, Bacci?«
    »Nein, danke.«
    »Dann nehme ich mir den Rest.«
    Ferrini angelte sich mit der Gabel die letzte Scheibe Salami auf seinen Teller.
    Sie saßen im hinteren Teil der kleinen Bar, in der sie regelmäßig frühstückten. Dort wurden jeden Tag vier kleine Tische zu einem preiswerten Mittagessen gedeckt, das von der Frau des Barbesitzers und ihrer Mutter zubereitet wurde. Ein Tisch wurde immer für die Beamten freigehalten, und sie gingen in kleinen Grüppchen hin. Die anderen drei Tische waren von Arbeitern aus der Wurstfabrik belegt. Die Salami stammte wahrscheinlich aus der dortigen Produktion. Eine Speisekarte gab es nicht. Wenn man das Fleischgericht, das die Frauen zubereitet hatten, nicht wollte, konnte man sich statt dessen eine Omelette machen lassen. Pasta mit Fleisch- oder Tomatensauce gab es abwechselnd. Heute war der Tag der Fleischsauce. Die Frau des Lokalbesitzers servierte den drei Männern ihre Teller.
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Prima… Den hier können Sie mitnehmen.«
    Ferrini legte die letzte Salamischeibe auf ein Stück Brot und ließ die Frau seinen Teller abräumen.
    »In einer vollkommenen Welt«, führte er den Gedanken weiter, den die letzte Salamischeibe unterbrochen hatte, »trüge jeder Uniform, na ja, vielleicht nicht gerade das, aber wäre zumindest identifizierbar. Die Monster dieser Welt müßten mit Messern an ihren Gürteln herumlaufen und grüne Gesichter und kleine Hörner haben. Dann könnte man, wenn man einen sähe, gleich sagen: ›Ah! Ein Monster!‹ Ich erinnere mich an einen Kerl, den ich einmal verhaftet habe, einen Einbrecher. In Florenz spazierte der mit einem gestreiften T-Shirt umher, und er fuhr einen kleinen Lastwagen mit Seilen und Leitern auf der Ladefläche und einer Blondine vom Typ Gangsterbraut auf dem Beifahrersitz. Der trug bei seiner Arbeit eine schwarze Maske.«
    »Aber er wurde doch sicher geschnappt«, fragte Bacci eifrig dazwischen und schaute den Maresciallo an, um zu sehen, ob Ferrini ihnen nicht einen Bären aufband.
    »Ja, sicher.«
    Ferrini wickelte sich einen dicken Strang Spaghetti auf die Gabel. »Jedesmal. Der Kerl verbrachte mehr Zeit im Gefängnis als in Freiheit, aber das schien ihn nicht zu stören. War Teil seiner Arbeit. Er wollte eben Einbrecher sein. Das Problem bei diesem Fall ist, daß wir ohne die verdammte Waffe kaum beweisen können, den Richtigen geschnappt zu haben.«
    »Die Schuldigen gestehen doch immer«, warf Bacci ein.
    »Jedenfalls habe ich das gelesen. Erst versuchen sie alle möglichen Tricks und spielen Katz und Maus mit den Ermittlungsbeamten, aber irgendwann ist das Spiel aus und die Wirklichkeit fängt an, und dann legen sie ein Geständnis ab.«
    »Na, mag sein, wie es will, aber ich glaube nicht, daß wir hier Gefahr laufen, Einblick in die Wirklichkeit zu bekommen, was, Guarnaccia? Haben Sie das Zeug gelesen?«
    »Einen großen Teil davon. Einiges muß ich aber noch. Haben Sie es gelesen, als es seinerzeit zusammengestellt wurde?«
    »Nein, zumindest

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