Das Ungeheuer
seine neuesten Proben aus der Kinderklinik in sein Labor. Unterwegs ging er in der Computerzentrale vorbei. Er suchte die defekte Hardware und Louis Kaspwicz, aber das Problem war anscheinend beseitigt. Die Maschine war wieder online; Lichter blinkten und Magnetbänder surrten. Einer der vielen weißbekittelten Techniker sagte, Louis sei in seinem Büro und versuche, einen Hacker zu finden, der sich in einem der Buchhaltungsprogramme bemerkbar gemacht hatte.
Als Louis ihn hereinkommen sah, schob er das dicke Programmlisting beiseite, an dem er arbeitete, und nahm die Logblätter heraus, die er zurückgelegt hatte, um sie Victor zu zeigen.
»Ich habe die letzten sechs Monate überprüft«, sagte er und legte die Bögen so hin, daß Victor sie lesen konnte. »Die Zeiten, an denen der Hacker sich eingeloggt hat, habe ich unterstrichen. Anscheinend meldet der Kleine sich jeden Freitag abend gegen acht. In ungefähr fünfzig Prozent der Fälle bleibt er so lange drin, daß man ihn zurückverfolgen könnte.«
»Warum sagen Sie >der Kleine « Victor richtete sich auf.
»Nur so 'ne Redensart«, meinte Kaspwicz. »Einer, der in ein privates Computersystem eindringt, kann in jedem Alter sein.«
»Einer unserer Konkurrenten zum Beispiel?«
»Richtig! Aber historisch gesehen sind es meistens Teenager, die es um der Herausforderung willen tun. Für die ist das 'ne Art Computerspiel.«
»Wann können wir anfangen, ihn zurückzuverfolgen?« wollte Victor wissen.
»So bald wie möglich. Mir graut bei dem Gedanken, daß das schon so lange geht. Ich habe keine Ahnung, was für Dummheiten der Kerl getrieben hat. Ich habe jedenfalls mit der Telefongesellschaft gesprochen; sie schicken morgen abend ein paar Techniker rüber, die aufpassen sollen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Ist mir recht«, sagte Victor.
Als das erledigt war, ging Victor weiter in sein Labor. Robert Grimes war noch in die Sequenzanalyse der DNS in den eingepflanzten Genen vertieft.
»Ich habe schon wieder einen Eilauftrag«, sagte Victor hastig. »Wenn nötig, ziehen Sie einen anderen Techniker von irgendeinem Projekt ab, damit er Ihnen hilft; aber ich möchte, daß Sie persönlich verantwortlich sind.«
»Notfalls hole ich mir Harry. Was haben Sie denn?«
Victor öffnete die braune Tüte, nahm das kleine Glas heraus und reichte es Robert. Seine Hand zitterte.
»Ein Stück von der Leber meines Sohnes.«
»VJ?« Roberts hageres Gesicht nahm einen schockierten Ausdruck an.
»Nein, nein, von David«, sagte Victor. »Erinnern Sie sich, daß wir von jedem in meiner Familie den genetischen Fingerabdruck von der DNS genommen haben?«
Robert nickte.
»Tun Sie das mit dem Tumor bitte auch! Außerdem die üblichen Untersuchungen des Gewebes und eine Chromosomenstudie.«
»Darf ich Sie fragen, wozu Sie das alles brauchen?«
»Tun Sie's einfach!« befahl Victor scharf.
»Schon gut«, sagte Robert und schlug die Augen nieder. »Ich wollte nicht Ihre Motive in Frage stellen. Ich dachte nur, wenn Sie etwas Bestimmtes suchen, kann ich vielleicht ein besonderes Auge darauf haben.«
Victor fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Tut mir leid, daß ich Sie so angefahren habe«, sagte er. »Ich stehe unter starkem Druck.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, erwiderte Robert. »Ich fange gleich an.«
»Warten Sie, da ist noch mehr!« Victor förderte die vier Reagenzgläser zutage. »Ich habe ein paar Blut- und Urinproben, die ich auf ein Cephalosporin-Antibiotikum namens Cephaloclor untersucht haben möchte.«
Robert nahm die Proben, hielt die Röhrchen schräg, um die Konsistenz des Inhalts festzustellen, und las die Aufschriften. »Das kann Harry machen. Wird kein Problem sein.«
»Wie läuft die Sequenzanalyse?«
»Mühselig, wie immer.«
»Irgendwelche Mutationen?«
»Keine einzige«, sagte Robert. »Und danach zu urteilen, wie die Sonden die Fragmente aufnehmen, würde ich vorläufig meinen, daß die Gene völlig stabil gewesen sind.«
»Das ist Pech.«
»Ich dachte, Sie würden sich über diese Information freuen.«
»Normalerweise ja«, sagte Victor, ohne es weiter auszuführen. Es wäre zu schwierig gewesen zu erklären, daß er auf konkrete Hinweise darauf gehofft hatte, daß das NGF-Gen der toten Kinder sich von jenem VJs unterschieden hatte.
»Hier sind Sie also!« Victor und Robert schraken beide zusammen und drehten sich um. Colleen stand in der Tür, die Beine gespreizt, die Arme in die Hüften gestemmt. »Eine der
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