Das Ungeheuer
normal ist, kann ich garantieren, daß die Implantation zu hundert Prozent erfolgreich ist.«
»Du willst mich auf den Arm nehmen«, sagte Victor.
»Keineswegs«, versetzte VJ ein wenig beleidigt. »Die Antwort stellte sich einerseits als sehr einfach und andererseits als komplizierter heraus, als ich dachte. Sie beinhaltet die Nebeneinanderstellung der Zygote und der Oberflächenzellen des Uterus, wodurch eine Art von chemischer Kommunikation initiiert wird, die die meisten Leute wahrscheinlich eine Antikörper-Antigen-Reaktion nennen würden. Diese Reaktion löst einen Polypeptid-Gefäß-Proliferationsfaktor aus, der die Implantation zur Folge hat. Ich habe diesen Faktor isoliert und ihn in großer Menge mit rekombinanten DNS-Techniken produziert. Eine Injektion damit garantiert
zu hundert Prozent die Implantation eines gesunden befruchteten Eis.«
Um seiner Erklärung Nachdruck zu verleihen, zog VJ eine Phiole aus der Tasche und stellte sie vor seinen Vater auf den Tisch. »Sie ist für dich«, sagte er. »Wer weiß, vielleicht kriegst du dafür den Nobelpreis.« VJ lachte, und Philip fiel mit ein.
Victor nahm die Phiole und starrte auf die klare, seimige Flüssigkeit. »So etwas muß man testen«, sagte er.
»Es ist getestet worden«, erwiderte Victor Frank Jr. »Es funktioniert bei Tieren wie bei Menschen. Hundertprozentig.«
Victor schaute erst seinen Sohn an, dann Philip. Philip lächelte unsicher. Victor wandte den Blick erneut auf die Phiole. Er konnte sofort die akademische und ökonomische Tragweite einer solchen Entdeckung abschätzen. Sie würde monumental sein, sie würde die In-vitro-Befruchtungstechniken geradezu revolutionieren. Mit einem solchen Produkt würde Fertility Inc. das Feld mit einem Schlag beherrschen. Ihr Einfluß würde weltweit sein.
Victor holte tief Luft. »Und du bist sicher, daß das bei Menschen funktioniert?«
»Absolut«, erklärte Victor Frank Jr. »Wie gesagt, ich habe es getestet.«
»An wem?«
»Natürlich an Freiwilligen«, sagte VJ. »Über die näheren Einzelheiten kann ich dir später noch immer berichten.«
Freiwillige? Victor wurde schwindlig. War VJ nicht klar, daß er nicht so einfach fröhlich und munter mit lebenden Menschen herumexperimentieren konnte? Da gab es Gesetze, an die man sich halten mußte, und es gab ethischmoralische Probleme, die es sorgfältig zu erwägen galt. Aber die Möglichkeiten waren unwiderstehlich. Und konnte gerade er, Victor, sich zum Richter aufschwingen - er, der er selbst die Empfängnis dieses außergewöhnlichen Jungen, der da vor ihm stand, bewerkstelligt hatte?
»Ich möchte mir noch mal dein Labor anschauen«, sagte Victor und erhob sich von seinem Stuhl.
VJ lief voraus, um die Tür zu öffnen. Victor ging in den Hauptraum zurück. Die Wachmänner spielten noch immer Karten und unterhielten sich laut auf spanisch.
Victor schritt langsam durch den Raum, eingehend jedes der Instrumente betrachtend. Für das, was sich seinen staunenden Blicken da bot, war die Bezeichnung »beeindruckend« wahrlich weit untertrieben. Er bemerkte, daß seine Kopfschmerzen mit einem Schlag verschwunden waren, weggeblasen von einem wachsenden Hochgefühl. Es war schwer zu glauben, daß sein zehnjähriger Sohn dies alles geschaffen haben sollte.
»Wer weiß sonst noch von diesem Labor?« fragte Victor und blieb stehen, um erneut das Elektronenmikroskop zu bewundern.
»Philip und eine Handvoll Sicherheitsleute«, antwortete VJ. »Und du jetzt.«
Plötzlich mußte Victor laut lachen. »Wenn ich daran denke, daß das alles die ganze Zeit über praktisch vor unserer Nase passiert ist!« Victor schüttelte ungläubig den Kopf und setzte seine Besichtigung fort. Hier und da blieb er vor einem Gerät stehen und begutachtete es mit fachmännischem Blick. »Und du bist absolut sicher, was dieses Implantationsprotein anbelangt?« fragte er, im Geiste bereits nach einem Namen für das Präparat suchend: Conceptol vielleicht. Oder Fertol - klang auch nicht schlecht.
»Absolut«, sagte VJ. »Und das ist bloß eine der Entdeckungen, die ich gemacht habe. Da sind noch eine ganze Anzahl weiterer. Ich habe zum Beispiel beträchtliche Fortschritte gemacht, was das Verständnis des Prozesses der Zellteilung und -entwicklung betrifft; ich glaube, daß die Erkenntnisse, die ich diesbezüglich gewonnen habe, eine neue Ära der Biologie einläuten werden.«
Victor blieb stehen und wandte sich zu VJ um. »Weiß Marsha irgendwas von diesem Labor?«
»Nein -
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