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Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Titel: Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Puljic
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Väter.
     
    Ehe Niove begriff, wie ihr geschah, türmte sich der Hüne vor ihr auf und breitete die Arme aus. Instinktiv versuchte sie, ihre Hände rechtzeitig hochzubekommen, um ihn abzuwehren. Doch er umschloss sie und presste ihr die Unterarme an die Brust, sodass sie mit ihrer oberen Körperhälfte zu keiner Bewegung mehr fähig war. Der Schweißgestank des Mannes stach ihr in die Nase und raubte ihr gemeinsam mit dem Druck seiner Umklammerung die Luft zum Atmen. Dennoch trat und biss sie um sich – allerdings ohne dadurch einen nennenswerten Erfolg zu erzielen.
    Nur ab und an ertönte in tiefem Bass ein Grunzen aus der Kehle des Riesen. Einer ihrer Tritte traf die Tasche, die daraufhin umkippte und die kostbaren Lebensmittel auf den Boden kullern ließ. Obst und Gemüse, frisches Brot, echte geräucherte Wurst – alles landete im Schmutz der Straße. Während sie sich noch im Griff des Mannes wand, war aus dem Nichts plötzlich eine zweite verhüllte Gestalt aufgetaucht und sammelte in aller Eile die Vorräte auf. Irgendwie war dieser Anblick weit schmerzhafter als die demütigende und beängstigende Position, in die der menschliche Berg sie zwang.
    Der Druck, den seine Arme ausübten, nahm beständig zu, bis sie nicht mehr in der Lage war, den Brustkorb weit genug auszuweiten, um Luft in ihre gequälten Lungen zu lassen. Das widerliche Grinsen des Riesen wurde durch undurchdringliche Schwärze ersetzt, als sie das Bewusstsein verlor.
     
    Hemmon warf sich die bewusstlose Frau einfach über die breite Schulter. Maretha dagegen mühte sich mit der wieder befüllten Tasche ab und wunderte sich, dass dieser schmächtige Klon es geschafft hatte, die Last bis hierher scheinbar ohne übermäßige Anstrengung zu tragen. Etwas, worauf sie Haron aufmerksam machen würde – kein Grund, ein Risiko mit diesem Weib einzugehen, sollte sie sich als stärker herausstellen, als sie angenommen hatten.
    Und Xenos musste es natürlich erfahren. Aber hier siegte ihr Hass über ihre Loyalität. Wenn sie Xenos zu früh über die geänderten Pläne und sich daraus ergebende Erkenntnisse informieren würde, wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass er die gesamte Aktion und alle zukünftigen unterbinden würde. Und das konnte sie nicht zulassen.
    Also musste Xenos auf einen Bericht von ihr warten.
    Gierig schielte sie immer wieder in die Tasche, während sie durch die Schatten schlichen und auf den nächstgelegenen Zugang zur Unterstadt zusteuerten. Diese unverhoffte Beute war ein erfreulicher Bonus, aber sie war unentschlossen, wem sie die Lebensmittel anvertrauen sollte. Ganz zu schweigen von dem Reiz, sich selbst einen Anteil davon zu verschaffen.
    Unbemerkt fiel sie hinter Hemmon zurück und nutzte den Weg in den Untergrund, um ungesehen einiges in den Taschen ihrer Vermummung verschwinden zu lassen.
     
    Das Erste, das Niove wahrnahm, waren Stimmen, die irgendwo rechts von ihr murmelten. Zu leise, um die Worte verstehen zu können, selbst das Geschlecht der Sprechenden konnte sie nicht mit Bestimmtheit benennen. Nur die Emotionen, die das Gespräch vermittelten, waren klar – ein Teil der Diskutierenden schien aufgeregt, ängstlich, während eine Gegenstimme beruhigend und bestimmend klang.
    Allmählich schienen auch ihre anderen Sinne wieder ihre Funktionen aufzunehmen. Sie spürte Kälte und einen rauen Untergrund unter ihrem Rücken. Etwas daran schien ihr falsch, doch es dauerte eine Weile, bis ihr Gehirn den richtigen Schluss aus diesen Informationen lieferte: Sie war nackt. Ängstlich versuchte sie die Augen zu öffnen, doch etwas drückte sich von außen an ihre Lider. Sie konzentrierte sich auf ihre übrigen Sinne und erkannte, dass es eine Augenbinde aus grobem Stoff sein musste, die ihr die Sicht nahm.
    Noch eine weitere Erkenntnis drängte sich ihr auf: Sie fühlte ihre Hände und Füße nicht, konnte weder die einen noch die anderen Gliedmaßen bewegen. Nach einer kurzen Sekunde der Panik dämmerte ihr, dass sie wohl gefesselt war und die behinderte Durchblutung ihre Glieder hatte taub werden lassen.
    Ein unwillkürlicher Schauer ließ ihren Körper beben, wodurch sich Niove ihr malträtierter Brustkorb in Erinnerung rief. Ihr gesamter Oberkörper musste mit blauen Flecken übersät sein, und der durch die Bewegung verursachte plötzliche Schmerz zwang ein Stöhnen aus ihrer Kehle. Erschrocken hielt sie inne und lauschte, doch das geflüsterte Gespräch war verstummt.
    Niove zuckte zusammen, als sie eine Berührung

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