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Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Titel: Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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Flügel baumeln und schaute kopfüber zu Plim herunter.
    »Dem Geschrei nach zu urteilen hast du einen neuen Freund gefunden?!«, scherzte sie.
    »Und einen sehr geselligen obendrein«, fügte Primus hinzu. »Der wollte mich gar nicht mehr gehen lassen. Kannst du dir das vorstellen?«
    »Erzähl mal«, fragte sie, »wie sieht er denn aus?«
    »Tja, genau, wie du gesagt hast. Wie ein Steinbock, nur wesentlich größer. Mit gewaltigen Hörnern und stechend grünen Augen.« Primus pendelte nachdenklich vor und zurück. »Aber er hat eine sehr gewählte Ausdrucksweise, das muss ich ihm lassen. Der redet fast wie der alte Spiegel oben im Turm und scheint mir auch genauso durchtrieben zu sein.«
    Plim gähnte. Sie lehnte sich gegen den Baum und wickelte sich in ihre Jacke. »Durchtrieben hin oder her«, sagte sie, »hier oben findet er uns garantiert nicht. Wir bleiben am besten hier und warten, bis es hell ist. Tagsüber kommt er ohnehin nicht heraus.«
    »Fällst du auch nicht vom Baum?«, fragte Primus.
    Sie wackelte mit dem Po. »Denke nicht«, gab sie zur Antwort. »Hier drin liegt man wie in einer Wiege.« Sie stellte den Pelzkragen auf und schloss ihre Augen.
    Primus blickte noch einmal zur Hütte hinüber. Verlassen stand sie da, genauso, wie sie sie vorgefunden hatten.
    Dann wandte er sich an Bucklewhee. »Wenn du heute Nacht krähst«, sagte er, »dann gibt es ein Unglück. Also setze bitte für ein paar Stunden aus, einverstanden?«
    Der Gockel schaute unglücklich drein. »Ich bin ohnehin schon gänzlich aus dem Rhythmus«, jammerte er. »Jegliche Ansage wäre fortan völlig vage und unpräzise.«
    Damit vergrub er seinen Schnabel in Plims Schal und schlief ein.

Ein seltsamer Traum
    N ur zögerlich drangen die ersten Sonnenstrahlen durch den morgendlichen Dunst, der das Unkrautland weithin bedeckte. Auch heute war es während der Nacht deutlich kühler geworden. Der eisige Nordwind, der noch in den frühen Morgenstunden über die Felder gefegt war, war abgeklungen und zu den Bergen nach Süden gezogen. Heimlich hatte er sich an Gräsern und Zweigen zu schaffen gemacht und ein schillerndes Kleid aus schneeweißem Raureif hinterlassen. Von einem Moment zum anderen wirkte das Land wie verwandelt. Bedeckt mit zahllosen Kristallen glitzerten Büsche und Bäume, als die Nebel sich lichteten und der tiefblaue Himmel zum Vorschein kam. Es war atemberaubend.
    Doch tragischerweise kam nicht jeder Bewohner in diesen wundersamen Genuss. Denn im Gegensatz zu allen übrigen Landstrichen war den Westlichen Sümpfen der weiße Zauber versagt geblieben. Noch immer strömte die warme Luft aus den Tümpeln, stieg zum Himmel empor und umgab das ganze Gebiet wie eine schützende Glocke. Von den kalten Nächten oder gar dem sich anbahnenden Winter fehlte jegliche Spur. Die Gesetze der Natur schienen wie aufgehoben und gänzlich ohne Bedeutung.
    Stattdessen bestätigte sich immer mehr die Vermutung, die Primus schon vor geraumer Zeit beschlichen hatte. Die Sümpfe verfügten offenbar über ihre eigene Form der Magie – und diese hatte überhaupt nichts mit glitzernden Sträuchern oder gar schimmernden Zweigen gemein. Aber ganz egal, welcher Zauber auch immer in dieser Gegend hier herrschte, Primus und Plim sollten ihn schon sehr bald kennenlernen.
    Ausgestreckt, fast wie in einer Hängematte, lag Plim in den Ästen und schlief. Sie hatte den Pelzkragen bis über beide Ohren gezogen, während sie leise im Schlaf vor sich hin murmelte. Nur wenige Ellen über ihr baumelte Primus von den Zweigen. Mit dem Kopf nach unten, die Flügel fest um seinen Körper gewickelt, schlummerte er in der warmen Morgensonne und pendelte seelenruhig vor und zurück. Die Tautropfen glitzerten.
    Plim gab ein Seufzen von sich. Sie schnaufte tief durch und legte den Kopf auf die Seite. Nach und nach fingen ihre Augen an, sich unter den Lidern zu bewegen. Hin und her und hin und her. Plim versank in einen tiefen, fremdartigen Traum.
    Vor ihrem geistigen Auge sah sie den Himmel. Dieser strahlte so blau wie an einem Morgen im Sommer. Libellen umschwirrten sie, das Summen von Bienen drang an ihre Ohren und in der Ferne hörte sie Frösche quaken. Berauscht schloss Plim im Traum ihre Augen. Die Luft roch nach Honig, Blumen und wilden Gräsern. Sie fühlte die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut und spürte, wie ihr der Wind durch die Haare strich. Dann blickte sie erneut zum Himmel empor.
    Was war denn das? – ging es ihr durch den Kopf. Dort oben, zwischen

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