Das Unsterblichkeitsprogramm
wollten.«
»Stimmt das?«
»Das mit dem Haftbefehl? Ja. Ryker hatte dort überhaupt keine Kompetenzen. Und alles andere… wer weiß?«
»Was hat Ryker gesagt?«
»Dass er es nicht getan hat.«
»Das war alles?«
»Nein, es war eine lange Geschichte. Er war einem Hinweis nachgegangen und hatte geblufft, um ins Gebäude zu gelangen, weil er sehen wollte, wie weit er kam. Dann haben sie plötzlich auf ihn geschossen. Er behauptet, die Klinik hätte zwei Angestellte geopfert und sie eingeäschert, bevor er eingetroffen war. Und dass er nichts von gedippten Stacks wüsste.« Bautista zuckte matt die Achseln. »Man hat den Dipper gefunden, der sagte, dass Ryker ihn für diesen Auftrag bezahlt hätte. Er wurde polygrafisch getestet. Aber er sagte auch, dass Ryker ihn angerufen hätte, dass sie sich nie persönlich begegnet waren. Über eine virtuelle Verbindung.«
»Die sich ohne große Schwierigkeiten fälschen lässt.«
»Ja.« Bautista wirkte zufrieden. »Aber dieser Typ hat außerdem gesagt, dass er schon einmal für Ryker gearbeitet habe, und dabei gab es einen persönlichen Kontakt. Und auch das wurde polygrafisch bestätigt. Ryker kannte ihn, daran gibt es nichts zu rütteln. Dann wollte die IA natürlich wissen, warum Ryker keine Verstärkung mitgenommen hatte. Vor Ort gab es Zeugen, die behaupteten, Ryker hätte wie ein Wahnsinniger getobt und blind um sich geschossen, um den Kreuzer aus der Luft zu holen. Darauf reagierte die Polizei von Seattle nicht sehr freundlich, wie ich bereits erwähnte.«
»Einhundertvierundzwanzig Löcher«, murmelte ich.
»Ja. Das sind verdammt viele Löcher. Ryker schien wirklich sehr interessiert gewesen zu sein, die beiden zu erwischen.«
»Trotzdem hätte es ein abgekartetes Spiel sein können.«
»Ja, das wäre möglich.« Bautista wurde wieder etwas nüchterner, und seine Stimme klang zorniger. »Es könnte alles Mögliche gewesen sein. Trotzdem ist es so, dass Sie, Scheiße, Entschuldigung, dass Ryker sich zu weit vorgewagt hat, und als der Ast abbrach, war niemand da, der ihn auffangen konnte.«
»Deshalb glaubt Ortega, dass alles nur inszeniert war, stellt sich auf Rykers Seite und nimmt den Kampf gegen die IA auf. Und als er verloren ist…« Ich nickte. »Als der Kampf verloren ist, nimmt sie die Hypothek für den Sleeve auf, damit Rykers Körper nicht im städtischen Auktionshaus versteigert wird. Und zieht los, um neue Beweise zu suchen.«
»Sie haben es auf den Punkt gebracht. Sie hat bereits ein Gnadengesuch eingereicht, aber die Maschinerie lässt sich erst in Gang setzen, nachdem mindestens zwei Jahre seit Vollstreckung des Urteils vergangen sind.« Bautista stieß einen tiefen Seufzer aus. »Wie ich schon sagte, es geht ihr ganz schön an die Nieren.«
Wir saßen eine Weile schweigend da.
»Wissen Sie«, sagte Bautista schließlich, »ich denke, ich werde jetzt gehen. Es ist mir etwas unheimlich, mit jemandem, der Rykers Gesicht trägt, über Ryker zu reden. Ich habe keine Ahnung, wie Ortega damit klarkommt.«
»Daran sollte man sich gewöhnen, wenn man in unserem Zeitalter lebt«, erwiderte ich und kippte den Rest meines Drinks hinunter.
»Scheint so. Man sollte meinen, dass ich inzwischen keine Probleme mehr damit habe. Ich habe mein halbes Leben damit verbracht, Opfer zu interviewen, die mit den Gesichtern anderer Leute herumlaufen. Ganz zu schweigen von den Kriminellen.«
»In welche Kategorie würden Sie Ryker stecken? Opfer oder Krimineller?«
Bautista runzelte die Stirn. »Das ist aber keine nette Frage. Ryker war ein guter Polizist, der einen Fehler gemacht hat. Damit wird er nicht automatisch zum Kriminellen. Aber auch nicht unbedingt zum Opfer. Er ist einfach nur jemand, der etwas vermasselt hat. Ich selbst wohne auch nur einen Block davon entfernt.«
»Klar. Tut mir Leid.« Ich rieb mir das Gesicht. Envoys sollten sich eigentlich keine solchen Ausrutscher während eines Gesprächs erlauben. »Ich bin etwas müde. Dieser Block, in dem Sie leben, kommt mir ziemlich vertraut vor. Ich glaube, ich gehe jetzt ins Bett. Wenn Sie noch etwas trinken wollen, bedienen Sie sich. Es geht auf meine Rechnung.«
»Nein danke.« Bautista trank den Rest aus, der sich noch in seinem Glas befand. »Alte Polizistenregel. Trink niemals allein.«
»Klingt gut.« Ich stand auf, wobei ich leicht schwankte. Ryker mochte ein rücksichtsloser Kettenraucher gewesen sein, aber er vertrug nicht allzu viel Alkohol. »Sie finden vermutlich selbst hinaus.«
»Klar.«
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